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Meine Erfahrung in der Beratungsstelle
#1
Wie manche hier ja wissen, arbeite ich an ein paar Tagen in der Woche und das nun auch schon seit einiger Zeit in einer Beratungsstelle. Dazu will ich einfach einmal ein paar Erfahrungen und Erlebnisse mitteilen.

Ich muss vorausschicken, dass diese Tätigkeit so seine Schwierigkeiten mitbringt, wenn man, so wie ich, aus der "Frauenhasserecke" kommt, denn die meisten Klienten sind natürlich weiblich. Und viele männliche Klienten haben irgendwie auch eine abgelegte "Alleinerziehende" im Schlepptau.

Neulich rief eine mit freuderfüllter Stimme an und stellte sich als irgendjemand vom Kinderschutzbund vor. Da wollte ich reflexhaft auflegen, was ich natürlich nicht tat. Ihre Schützlingin war natürlich entsprechend: ein Sack voll Kinder, geschieden, Vater zahlt natürlich keinen UnterhaltBig Grin, spricht kaum ein Wort deutsch...na, wie das eben so ist.
Dann sind da natürlich die Teenies, die sich schwängern lassen, damit sie auf Staatskosten aus dem Hartz-Elternhaus ausziehen dürfen.
Wenn man all diese Damen, die um Hilfe nachsuchen, dann fragt wo die Väter der Kinder abgeblieben sind, folgt meistens das Schweigen im Walde.
Letztens, das war lustig, war eine Frau mit ihrem Mann da, die sich gerade in Trennung befinden. Sie vereinbarten sich darauf, dass der gemeinsame Sohn bei ihm bleibt und sie fiel dann aus allen Wolken, als das Jobcenter ihr erzählte, dass sie ihrem Mann gegenüber zu Trennungsunterhalt verpflichtet ist. "Das kann doch gar nicht sein...ich zahl doch schon fürs Kind...dann hab ich ja nichts mehr."

Doch doch, das ist schon so. Sie hat das dann wohl so geregelt, dass sie ihm Hoffnung macht die Beziehung wieder aufleben zu lassen und er aus Angst sie zu verprellen seine Ansprüche nicht geltend macht, während ihm gleichzeitig finanziell der [Unterschreitung des Mindestniveaus] auf Grundeis geht. Das ist natürlich weniger lustig.

Aber da Frauen natürlich nicht in toto berechnend und verdorben sind, gibt es natürlich auch andere Fälle. Es gibt tatsächlich auch Frauen, die von Männern sitzengelassen und ruiniert wurden. Oder wo es diese Bezüge überhaupt nicht gibt.

Ansonsten ist es irgendwie der alltägliche Wahnsinn. Drogensüchtige, die sich nicht für zehn Pfennig konzentrieren können, psychisch angeschlagene, Kranke, Behinderte, Tränen usw. und natürlich immer der fast identische Gesichtsausdruck, wenn man den Leuten offenbart, dass das was ihnen das Jobcenter auftischt, Quatsch, Blödsinn, Unfug und schlichte Rechtsbrüche sind.

Manche Dinge machen aber auch einen Heidenspass. Die Beratungsstelle ist nur einen Steinwurf vom Jobcenter entfernt und wir treffen uns häufig vorm Jobcenter und lästern dann demonstrativ über das vor der Tür rauchende oder sich sonst tagediebisch verhaltende Personal.
Mittlerweile bin ich bei den Figuren ja bekannt und ich genieße es, wie es sie durchzuckt und sie Schweißausbrüche bekommen, wenn ich als Beistand die Kabine betreten. Sie fragen natürlich trotzdem immer demonstrativ nach meinem Namen.Wink Sobald ich die Kabine wieder verlasse und mit dem Klienten auf den Vorgesetzen warte, was eigentlich standardmäßig der Fall ist, sehe ich sie dann ersteinmal in die Teeküche rennen und zehn Minuten Pause machen. Herrlich! Ja, da waren schon einige Auftritte dabei.

Lustiger weise entblöden sich diese Figuren nicht immer wieder den Versuch zu unternehmen mir ihren Bullshit unterzujubeln. "Wir haben hier unsere Abläufe. So machen wir das hier nich. (gemeint ist dabei natürlich sich an Recht und Gesetz zu halten)" bla, bla, bla. Und natürlich machen sie es dann doch. Ich persönlich würde mir diese Demütigung ersparen.

Wenn man es mit Menschen zu tun hat ist der größte Fehlerfaktor natürlich der Mensch. Sie plappern zur Unzeit irgendetwas zu ihren Ungunsten aus oder kompromittieren einen damit, dass ihre Aussagen nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen und man das dann um die Ohren gehauen bekommt. Oder einfach mal wieder irgendetwas unterschrieben.

Ich habe natürlich auch viel gelernt. Ich könnte in jedes Jobcenter dieses Landes gehen, blind drei Akten aus dem Regal nehmen und würde auf dutzende, wenn nicht gar hunderte Rechtsbrüche treffen. Im Prinzip hat jeder "Kunde" des Jobcenters mindestens einmal im Monat Anlass zur Beschwerde oder gerichtlichen Klage.
Die Behauptungen, die hier von einigen so eifrig kolportiert werden, dass einige nach Geschlecht oder sonstiges bevorzugt wird ist schlicht falsch. Freilich variieren die Methoden. Was vorne nicht verweigert werden kann, wird eben hinten ergaunert.
Die meisten Mitarbeiter im Jobcenter hätten auch hervorragende KZ-Wachen werden können. Wie man sich derart ob der Hilflosigkeit und Hilfebedürftigkeit anderer in machtbesoffene Rauschzustände hineinsteigert, wie das Personal dort, habe ich noch nicht erlebt.

Unterm Strich lässt es einen aber gut schlafen, wenn man weiß, dass man heute jemanden aus tiefster Verzweiflung und Ohnmacht gerettet hat und seine konkreten Lebensbedingungen signifikant verbessern konnte.

Was hat es gekostet? Nunja, eigentlich nicht viel. Meine Anträge und Eingaben werden nicht mehr bearbeitet und beantwortet. Ich kann meine Anträge eigentlich gleich bei Gericht stellen.
Die Eingaben und Beschwerden unseres Vereins werden auch nicht mehr beantwortet, jedenfalls nicht, wenn sie von mir unterschrieben sind.Wink

Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich so eine Tätigkeit weiterempfehlen.
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Meine Erfahrung in der Beratungsstelle - von iglu - 14-09-2013, 18:30
RE: Meine Erfahrung in der Beratungsstelle - von iglu - 15-09-2013, 17:34
RE: Meine Erfahrung in der Beratungsstelle - von the notorious iglu - 08-05-2014, 20:11
RE: Meine Erfahrung in der Beratungsstelle - von the notorious iglu - 08-05-2014, 21:07
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RE: Meine Erfahrung in der Beratungsstelle - von the notorious iglu - 08-05-2014, 23:13
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RE: Meine Erfahrung in der Beratungsstelle - von the notorious iglu - 12-09-2014, 22:41
RE: Meine Erfahrung in der Beratungsstelle - von the notorious iglu - 12-09-2014, 23:26

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