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Alltag einer Familienrichterin
#18
Eine Antwort bezüglich des Artikels, die man nicht vorenthalten sollte. "united" hat es grob umrissen angedeutet. Aber hier hat wohl ein Insider mal Dampf abgelassen:

... im Jahr die Richterin 109 Akten täglich vorgelegt bekommt, dann stimmt etwas mit der Organisation nicht. Und weshalb sie in den Akten nachsieht, ob es noch andere die Familie betreffende Verfahren gibt ... da hat die Kollegin aber was nicht verstanden. 1. zeigen das in der Regel die Eheleute im Verfahren an, 2. ergäbe sich das viel einfacher aus der Datenbank des Computers und 3. wäre es die Aufgabe der Geschäftsstelle. Richtig ist, dass man nicht ausreichende Zeit hat, sich psychologisch in Vollendung in die Lage der Beteiligten versetzen kann. Das gilt aber z. B. noch viel ausgeprägter auch für den Strafrechtsbereich, auch und gerade für den Strafrechtsbereich mit Jugendlichen. Richtig auch ist, dass die Justiz grottenschlecht organisiert ist, was daran liegt, dass in der gesamten Verwaltung Richter das Sagen haben und es keine Fachleute gibt. Alles in der Verwaltung ist "learning-by-doing", und die meisten lernen es leider nie! Richtig ist, dass Pebbsy zur statistischen Erfassung der falsche Ansatz war, weil es genau genommen statistisch nur die Mängel erfasste, deswegen ist man ja schon seit längerem dabei, die Pebbsy-Zahlen zu prüfen. Richtig ist auch, dass die Juristenausbildung von vorn bis hinten nichts taugt. Sowenig, wie man als Richter etwas zu einer objektivierten Strafzumessung, zur Zeugenvernehmung, zum Umgang mit Parteien, zum Umgang mit Kindern in Scheidungs- und Sorgerechtsverfahren lernt, darf man sich über die Qualität der Arbeit nicht wundern. Andererseits muss man dann auch sagen, dass es genügend Richter gibt, die, würde man ihnen nur noch 1/4 der Akten zumuten, kein bisschen mehr in die Tiefe der Fälle einsteigen würde, kein bisschen aufmerksamer mit den Beteiligten umgehen, sondern bereits nach 1/4 der bisherigen Arbeitszeit nach Hause gehen würde. Man darf nicht vergessen, dass Richter keine feste Arbeitszeit haben. Ob die einmal die Woche oder jeden Tag 10 Stunden erscheinen, entscheidet allein der Richter, er muss nur im Wesentlichen mit seiner Arbeit fertig werden. Und die Qualität lässt sich schlecht messen, da sei schon die richterliche Unabhängigkeit davor. Wirklich unzumutbar waren die Verhältnisse für die Justiz, vor allem die Richter in den 70er und 80er Jahren, wo nach den damaligen Pensenberechnungen die Leute fortlaufend 1,5 Pensen (also jeder Richter für 1,5 Richter arbeiten musste), ohne Weiteres gab es aber auch Leute mit mehr als 2 Pensen. Da gab es Richter, die dann nach einem, zwei Jahren "Dienst nach Vorschrift" machten, heißt nur noch ein gutes Pensum bearbeiteten, was den Dienstherrn dazu veranlasste, gegen die Leute disziplinarrechtlich zu ermitteln. Man muss es sich Mal vorstellen: Der Dienstherr ermittelt, weil Leute sich an die von diesem vorgegebenen Vorschriften halten! Das, und nur das dokumentiert den maßlosen und unverschämten Umgang des Dienstherrn mit seinen Bediensteten. Natürlich ist der Dienstherr mit Disziplinarmaßnahmen im Ergebnis gescheitert, weil es eben Dienst nach Vorschrift war und die Überlastung der Bediensteten greifbar gegen die ihm obliegenden Fürsorgepflichten verstieß.
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RE: Alltag einer Familienrichterin - von p__ - 15-10-2015, 14:04
RE: Alltag einer Familienrichterin - von p__ - 15-10-2015, 14:34
RE: Alltag einer Familienrichterin - von Pombat - 16-10-2015, 10:03
Alltag einer Familienrichterin - von CheGuevara - 15-10-2015, 19:45
RE: Alltag einer Familienrichterin - von Dzombo - 16-10-2015, 06:25
RE: Alltag einer Familienrichterin - von Dzombo - 16-10-2015, 09:53
RE: Alltag einer Familienrichterin - von united - 16-10-2015, 10:14
RE: Alltag einer Familienrichterin - von Pombat - 16-10-2015, 12:19
RE: Alltag einer Familienrichterin - von the notorious iglu - 16-10-2015, 13:30
RE: Alltag einer Familienrichterin - von Nappo - 16-10-2015, 18:58
RE: Alltag einer Familienrichterin - von Nappo - 20-10-2015, 20:29
RE: Alltag einer Familienrichterin - von p__ - 21-10-2015, 12:24
Alltag einer Familienrichterin - von CheGuevara - 25-10-2015, 21:06
RE: Alltag einer Familienrichterin - von JonDon - 26-10-2015, 01:26

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