24-07-2009, 11:21
Betreuungsunterhalt länger als drei Jahre
BGH - Urteil Az. XII ZR 102/08 vom 17.6.2009
Volltext: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bi...18&Frame=2
Der 12. Senat des BGH hat sich wieder einmal mit den Begründungen für Betreuungsunterhalt befasst, der über das dritte Lebensjahr des Kindes hinausgeht.
Lehrer ehelichte Buchhändlerin, ein Kind im Jahre 2002, Trennung nach nur zweieinhalb Jahren Ehe. Sie haut mit dem Kind ab, zum Umgang muss er mehrere hundert Kilometer fahren (wofür er gnädigerweise 30 EUR Umgangskosten angerechnet bekommt). Dafür zahlt er wie üblich heftig: Neben Versorgungs- und Zugewinnausgleich blecht er "Elementarunterhalt" von 736 EUR, "Altersvorsorgeunterhalt" von 179 EUR, Kindesunterhalt. Die Buchhändlerin arbeitet wieder Teilzeit, verdient netto bereinigt 638 EUR. Zusammengerechnet mit dem Unterhalt und dem Kindergeld kommt ein ganz hübsches Sümmchen von an die 2000 EUR für sie raus. Befristung des Unterhalts wird ihm verweigert, als das Kind älter wird sinkt der Elementarunterhalt ein bisschen. Man streitet sich weiter, er will weniger zahlen, sie will mehr, es geht zum BGH hoch. Der bestätigt im Prinzip das Urteil des OLG München, auch die Ablehnung der Befristung. Nun zahlt der Mann nach zweieinhalb Jahren Ehe also schon fünf Jahre für die Ex und wird das noch länger tun müssen. Das Kind wird ihn ebenfalls noch 20 Jahre lang kräftig was kosten.
Das Kind ist in der Schule, die Oma betreut auch mit. Im Zentrum stand die Frage, welche Betreuungsunterhaltsansprüche jetzt bestehen, lange nach dem dritten Lebensjahr des Kindes. Im Gesetz wurde das absichtlich sehr unscharf formuliert und damit bewusst Rechtsunsicherheit geschaffen.
Der BGH listet zunächst eine lange Latte an Unterhaltsgründen auf, kindbezogene Gründe, Elternbezogene Gründe etc. Da das Kind in seinem Falle nur bis 14 Uhr im Schulhort wäre, müsse er weiterzahlen. Aber selbst wenn es ganztags betreut wird, "kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann." Betreuungsbedarf = Unterhaltsanspruch an den Vater.
Fazit: Der Unterhalt läuft nach den ersten drei Jahren grundsätzlich ohne Begrenzung weiter. Vordergründig liegt die Beweislast dafür beim Unterhaltsberechtigten, in Wirklichkeit liegt sie durch die Ablehnung der Befristung und der Vielzahl der möglichen Begründung beim Pflichtigen.
Es zeigt sich jetzt auch, was für ein fieser Trick die stärkere Befristungsmöglichkeit in der Unterhaltsrechtsreform gewesen ist. Dadurch, dass diese Befristung bei Betreuungsunterhalt ausdrücklich nicht möglich ist und Unterhalt einfach als Betreuungsunterhalt deklariert werden kann, nimmt in der Praxis die Befristungsmöglichkeit sogar ab. Heil dir, Unterhaltsrepublik Deutschland.
BGH - Urteil Az. XII ZR 102/08 vom 17.6.2009
Volltext: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bi...18&Frame=2
Der 12. Senat des BGH hat sich wieder einmal mit den Begründungen für Betreuungsunterhalt befasst, der über das dritte Lebensjahr des Kindes hinausgeht.
Lehrer ehelichte Buchhändlerin, ein Kind im Jahre 2002, Trennung nach nur zweieinhalb Jahren Ehe. Sie haut mit dem Kind ab, zum Umgang muss er mehrere hundert Kilometer fahren (wofür er gnädigerweise 30 EUR Umgangskosten angerechnet bekommt). Dafür zahlt er wie üblich heftig: Neben Versorgungs- und Zugewinnausgleich blecht er "Elementarunterhalt" von 736 EUR, "Altersvorsorgeunterhalt" von 179 EUR, Kindesunterhalt. Die Buchhändlerin arbeitet wieder Teilzeit, verdient netto bereinigt 638 EUR. Zusammengerechnet mit dem Unterhalt und dem Kindergeld kommt ein ganz hübsches Sümmchen von an die 2000 EUR für sie raus. Befristung des Unterhalts wird ihm verweigert, als das Kind älter wird sinkt der Elementarunterhalt ein bisschen. Man streitet sich weiter, er will weniger zahlen, sie will mehr, es geht zum BGH hoch. Der bestätigt im Prinzip das Urteil des OLG München, auch die Ablehnung der Befristung. Nun zahlt der Mann nach zweieinhalb Jahren Ehe also schon fünf Jahre für die Ex und wird das noch länger tun müssen. Das Kind wird ihn ebenfalls noch 20 Jahre lang kräftig was kosten.
Das Kind ist in der Schule, die Oma betreut auch mit. Im Zentrum stand die Frage, welche Betreuungsunterhaltsansprüche jetzt bestehen, lange nach dem dritten Lebensjahr des Kindes. Im Gesetz wurde das absichtlich sehr unscharf formuliert und damit bewusst Rechtsunsicherheit geschaffen.
Der BGH listet zunächst eine lange Latte an Unterhaltsgründen auf, kindbezogene Gründe, Elternbezogene Gründe etc. Da das Kind in seinem Falle nur bis 14 Uhr im Schulhort wäre, müsse er weiterzahlen. Aber selbst wenn es ganztags betreut wird, "kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann." Betreuungsbedarf = Unterhaltsanspruch an den Vater.
Fazit: Der Unterhalt läuft nach den ersten drei Jahren grundsätzlich ohne Begrenzung weiter. Vordergründig liegt die Beweislast dafür beim Unterhaltsberechtigten, in Wirklichkeit liegt sie durch die Ablehnung der Befristung und der Vielzahl der möglichen Begründung beim Pflichtigen.
Es zeigt sich jetzt auch, was für ein fieser Trick die stärkere Befristungsmöglichkeit in der Unterhaltsrechtsreform gewesen ist. Dadurch, dass diese Befristung bei Betreuungsunterhalt ausdrücklich nicht möglich ist und Unterhalt einfach als Betreuungsunterhalt deklariert werden kann, nimmt in der Praxis die Befristungsmöglichkeit sogar ab. Heil dir, Unterhaltsrepublik Deutschland.