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Vollstreckbarkeit eines österreichischen Unterhaltstitels in Deutschland
Beschluss BGH Az. XII ZB 82/09 vom 17.6.2009
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bi...17&Frame=2
Der Fall: Vater aus Schleswig-Holstein zahlt jahrelang Kindesunterhalt. Mutter und Kind verschwinden nach Österreich, Vater zahlt den ausgehandelten Unterhalt weiter, dort macht das Kind schliesslich Abitur und fängt zu studieren an.
Kind will mehr und verklagt Vater in Österreich. Kind bekommt im Rahmen eines Teilvergleichs mehr samt rückständigem Unterhalt. Vater zahlt. Im Endurteil wird Vater zu noch mehr verurteilt, für mehrere Jahre rückwirkend, so dass ein Rückstand von über 8000 EUR zu zahlen sei.
Nach deutschem Recht könnte es keinen Rückstand mehr geben. Dass bereits eine ältere Vereinbarung existierte, ignorierte das österreichische Gericht ebenfalls. Aber eins ignoriert es nicht: Es erklärt den Betrag für vollstreckbar. Der Vater zahlt den ersten Teil und verlangt dann Aussetzung der Vollstreckbarkeit für den Restbetrag, um den Gerichtsvollzieher nicht sofort im Haus zu haben.
Der BGH lehnt alles ab. Wie unstatthaft oder fehlerhaft Entscheidungen anderer Gerichte seien, interessiere nicht, relevant sei allein die bestehende Vollstreckbarkeit und die bestehe auch weiter. Eine Prüfung in der Sache selbst sei keinesweg statthaft. Im Beschwerdeverfahren dürfe die Vollstreckbarerklärung nur aus einem der in den Art. 34 und 35 der Brüssel I-VO aufgeführten Gründe versagt oder aufgehoben werden.
Das Urteil festigt Unterhaltsmaximierungstourismus und zeigt, wie man aus Umzügen ins Ausland einen lukrativen Unterhaltsbusiness machen kann. Man kann sich immer das beste Eckchen heraussuchen, wenn einem frühere deutsche Entscheidungen nicht passen switcht man einfach zu einer anderen. Das gilt auch umgekehrt für EU-Bürger, die nach Deutschland kommen. Der nun eingeführte europäische Unterhaltstitel macht diesen Vorgang künftig noch einfacher. Wie schon öfters im Forum besprochen, bleibt als letzter Schutz vor dem Unterhaltswahnsinn nur das Schuldrecht des Landes, in dem der Unterhaltspflichtige lebt.
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24-07-2009, 12:44
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 24-07-2009, 12:48 von gleichgesinnter.)
Danke, "P", ist genau ein Thema in meinem Buch, hier ein weiterer (kleiner) Auszug mit umgekehrten Voraussetzungen und einer "Annahme einer Befürchtung", die wahr geworden ist, bevor ich das Buch fertiggestellt habe:
Zitat:Die EU Unterhaltsverordnung, die seit dem 30. Januar 2009 beschlossen wurde, enthält wichtige Kriterien, die in Zukunft gravierende Konflikte innerhalb der EU auslösen könnten. Um ein Beispiel zu nennen wird folgender Absatz zitiert:
(22) Um die rasche und wirksame Durchsetzung einer Unterhaltsforderung zu gewährleisten und missbräuchlichen Rechtsmitteln vorzubeugen, sollten in einem Mitgliedstaat ergangene Unterhaltsentscheidungen grundsätzlich vorläufig vollstreckbar sein. Daher sollte in dieser Verordnung vorgesehen werden, dass das Ursprungsgericht die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar erklären können sollte, und zwar auch dann, wenn das einzelstaatliche Recht die Vollstreckbarkeit von Rechts wegen nicht vorsieht und auch wenn nach einzelstaatlichem Recht ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung eingelegt wurde oder noch eingelegt werden könnte.
An die gravierenden Auswirkungen dieses Abschnitts sind sich sicher viele EU Staaten nicht bewusst. Um es verständlich zu umschreiben Anhand eines Beispiels:
Eine Mutter mit einem Kind wohnt in Deutschland und hatte im Urlaub in Italien eine kurze Beziehung mit einem Einheimischen, von dem sie nach ihrer erfolgreichen Schwangerschaft und Rückkehr nur noch den Namen und den Wohnort inkl. der Straße weiß. Sie gibt beim Jugendamt den unwissenden Vater an, nach einer Suche wird dieser angeschrieben und sogleich beim deutschen Gericht zum Unterhalt verurteilt weil er sich nach ein paar Wochen nicht gemeldet hat. Dieses Urteil ist nun in Italien durch das neue EU Unterhaltsabkommen vollstreckbar, und zwar auch dann, wenn die Vollstreckbarkeit es vielleicht in Italien überhaupt nicht geben würde. Auch würde es in Italien vollstreckbar sein wenn er einen Rechtsbehelf eingelegt hat.
Würde jetzt noch sein Arbeitgeber ausfindig gemacht oder seine Kontodaten, könnte das Jugendamt oder die Mutter sofort lustig drauf los pfänden weil es das Abkommen gibt. Der Italiener hat somit nicht die geringste Chance sich einer Vollstreckung zu wehren und weiß nicht, was mit ihm geschieht...
.... Es könnte eine wilde Verurteilungswelle innerhalb der EU einsetzen wenn den Gerichten klar wird, das ein im EU Ausland möglicher beklagter Putativvater zum zahlen verurteilt werden kann ohne nachzuprüfen, ob dieser überhaupt der Vater ist oder Einkünfte oder Vermögen hat denn der Rechtsbehelf soll bei einer Vollstreckung nicht hemmend wirken. Deutschland sollte man deshalb wegen seiner als Weltmeister bekannten Urlauber ganz besonders in die Statistik schauen und überprüfen.
Und hier geht es gleich noch einen Schritt weiter, man knallt rückwirkenden Unterhalt rein.
Die EU wird der Unterhaltshorrortripp werden, die EU Staaten werden sich gegenseitig überbieten. Der Startschuss ist gefallen.
Lol, ich merke schon, das Buch nähert sich der Realität in unglaublichen Schritten...
gleichgesinnter
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Zitat von Mus Lim, Montag den 04. Mai 2009 im Trennungsfaqforum
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Man könnte diesbezüglich Mütter suchen, die "Vater unbekannt" angegeben haben, ein Telefonbuch eines Drittstaates hernehmen und willkürlich irgendwelche Männer raussuchen und drauflospfänden
Ist ne geile Sache, diese Männer müssten sich dann zumindestens verantworten, wenn sie keine Post bekommen erst nach der Pfändung. Wenn sich, wie solls auch anders sein, dann herausstellt, dass der Mann gar nicht der Vater ist hat sich Mutti einfach geirrt, bereits gepfändete Gelder muss sie auch nicht zurückzahlen, weil sie es ja im guten Glauben ausgegeben hat.
Das ganze bekommt eine ganz andere Qualität
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30-09-2009, 09:21
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30-09-2009, 10:10 von borni.)
Hier eine andere Entscheidung zu einem polnischen Urteil:
BGH Beschluss XII ZB 169/07 vom 26.08.2009
Hat ein ausländisches Gericht in einem Statusverfahren die Vaterschaft ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens und nur gestützt auf die Aussage einer Zeugin vom Hörensagen festgestellt, obwohl der Antragsgegner jeden geschlechtlichen Verkehr mit der Mutter geleugnet und angeboten hatte, an der Erstellung eines von ihm angeregten Vaterschaftsgutachtens mitzuwirken, kann diese Entscheidung wegen eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public nicht in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt werden.
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bi...lank=1.pdf
Das gleiche gilt für die Unterhaltspflicht.
Habe die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die du nicht ändern kannst.
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und habe die Weisheit, das Eine von dem Anderen zu unterscheiden.
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Warum soll sich der BGH auch an seine eigene Unrechtsprechung gebunden fühlen?
Richter sind schließlich unabhängig.
Auch von sich selbst.
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30-09-2009, 09:49
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30-09-2009, 10:28 von gleichgesinnter.)
Und wieder musste ein Pflichtiger bis zum BGH um "Recht" zu bekommen. Und in diesem Fall wird es sogar mehr als eindeutig, das dieses polnische Urteil in Zukunft überall in der EU Einzug halten wird, egal, irgendeiner im Ausland wird zu KU verurteilt und durch das neue EU Unterhaltsabkommen darf es nicht mehr überprüft werden.
Ich bin gespannt, wie das in der nächsten Zeit aussehen wird, wenn innerhalb der EU lustig drauflosverurteilt wird wegen KU, Mutter braucht sich nur im ausländischen Telefonbuch umschauen und irgendeinen Mann angeben.
Das von Borni hier eingesetzte Urteil beruht aber noch auf dem alten Abkommen, der den ordre publik verweist, der beim neuen Unterhalsabkommen nicht mehr vorgesehen ist.
Aber, und das bleibt, man kann jedes Urteil immer noch für nicht vollstreckbar erklären, das Urteil selber wird aber nicht mehr geprüft.
Die Polen machen den Anfang mit solchen unsinnigen Urteilen und versuchen es halt mal. Die nächsten werden folgen, mit Sicherheit.
Aber jeder "Beklagte" muss immer erst bis zum BGH hoch, das ist das Traurige an der Sache. Die Amtsgerichte und OLGs schauen sich die Urteile aus dem Ausland gar nicht erst an und winken die Vollstreckbarkeit durch.
Da merkt man, wie die Robben ticken, es scheint so, das die sich mit sowas nicht belasten wollen.
Einzig der BGH hat hier genauer hingeschaut und ist somit zu dem Urteil gekommen, der eigentlich schon beim AG hätte auffallen müssen und sofort gestoppt werden müssen.
Aber sowas "merkt" man im Ausland auch und weiss, das es überall so sein könnte, also mal schnell ein KU Urteil fällen, das an jeglicher Rechtmässigkeit fehlt, bis zum BGH werden wohl nur die wenigsten Vollstreckungsgegenklagen gehen.
Na Mahlzeit.
gleichgesinnter
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Zitat von Mus Lim, Montag den 04. Mai 2009 im Trennungsfaqforum
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Hier gehts nur um die Urteile bzw. die Diskussion darüber. Was davon wegführt: Gerne, aber bitte in der Quasselecke.
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Das ging doch ganz flott.
Somit sind alle Illusionen derer dahin, die geglaubt haben, dass Landesgrenzen in Europa irgendetwas aufhalten koennen.
Ich hatte es schon geahnt und vorsichtshalber schon mal eine neue Aufstellung vorgenommen.
Der Geschwindigkeit nach zu urteilen, wie diese Entwicklung voranschreitet, muss sich eine starke Motivation dahinter verbergen.
Nun gut. Meine Arbeitskraft und meine Kohle gibt es trotzdem nicht.
Al Bundy, gehen wir ein Haus weiter, in die Ukraine oder nach Weissrussland.
"Kommt mit", sagte der Hahn, "etwas Besseres als den Tod finden wir ueberall."
solche und jene urteile ueberraschen an sich nicht. es zeigt und sagt dem interessierten unterhaltspflichtigen sich pfaendungsfest zu machen. wer nicht pfaendungsfest ist, der wird fertig gemacht und die anderen erwarten den gerichtsvollzieher mit viel freude und gut sortierten quittungen und eigentumsnachweisen. wer finanziell schlank ist, der hat wie immer nichts zu befuerchten und erfolglose pfaendungen sollten einem doch viel freude bereiten. in diesem sinne ist einfallsreichtum und globales denken gefragt und da gibt es nach wie vor viele und jede menge moeglichkeiten.
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(30-09-2009, 22:31)Cocktail-Detlef schrieb: wer finanziell schlank ist, der hat wie immer nichts zu befuerchten und erfolglose pfaendungen sollten einem doch viel freude bereiten. in diesem sinne ist einfallsreichtum und globales denken gefragt und da gibt es nach wie vor viele und jede menge moeglichkeiten.
....richtig Detlef,und auf die erfolglosen pfändungen freue ich mich heute schon.
Fange nie an aufzuhören,höre nie auf anzufangen
Marcus Tullius Cicero
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Hier hat sich ein deutsches Gericht brav, artig und vorbildlich an genau das gehalten, was der deutsche Gesetzgeber gerne den anderen EU-Staaten unterschieben will. (am deutschen Wesen soll die Welt genesen)
Wie aber ein Fall aus Spanien, der auch in diesem Forum diskutiert wurde, zeigt, nehmen es andere Staaten etwas genauer und gehen nach ihren eigenen Richtlinien vor.
Gab es bereits Fälle, wo deutsche Titel im EU-Ausland ohne weitere Prüfung vollstreckt wurden?
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(01-10-2009, 13:32)MitGlied schrieb: ...
Gab es bereits Fälle, wo deutsche Titel im EU-Ausland ohne weitere Prüfung vollstreckt wurden?
Stimmt.
Auch ich kann aus Polen, wo ich anstaendig gemeldet bin, nur berichten, dass mich nur bitterboese Briefe von der Justizkasse Chemnitz und Hannover dort erreichten, mit der Aufforderung doch endlich Gerichts- und Anwaltsgebuehren zu bezahlen.
Das Einzige, was in dieser Richtung funktioniert, ist die Post. Das war nicht immer so und ist durchaus schon ein Fortschritt.
Aber nicht der Hauch von deutscher Willkuer zu spueren. Selbst der Brieftraeger weiss schon, was mit den Briefen nach der Zustellung passiert: Ascheimer ohne zu oeffnen.
Aber, ich bin sicher, die lassen sich bestimmt was einfallen und arbeiten schon emsig an einer Loesung.
Denn, wie wurde in einem anderen Thread schon richtig postuliert?? Das Geld liegt auf der Strasse, das Geld, wofuer man nicht arbeiten muss. Man muss es nur von denen stehlen, die es ehrlich verdient haben und denen geben, die Wasser predigen und Wein trinken, den Spitzbuben eben.
Al Bundy, seit 2006 in Polen gemeldet
Schoenes Land und schoene schwierige Sprache.
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