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Referentenentwürfe Familienrecht - Druckversion

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Referentenentwürfe Familienrecht - RDS - 22-10-2024

Falls es schon einen Thread dazu gibt, bitte löschen. Ansonsten habe ich hier die bisher nicht veröffentlichten Referentenentwürfe gefunden:

https://www.familienrecht-deutschland.de/cmshandler/download/id.1/Referentenentwurf_Unterhaltsrecht_2024-02-09.pdf
https://www.familienrecht-deutschland.de/cmshandler/download/id.1/Referentenentwurf_Kindschaftsrechtsmodernisierungsgesetz_2024-10-04.pdf
https://www.familienrecht-deutschland.de/cmshandler/download/id.1/Referentenentwurf_Abstammungsrechtsreformgesetz_2024-10-04.pdf


RE: Referentenentwürfe Familienrecht - p__ - 22-10-2024

Kommentiere sie doch mal.


RE: Referentenentwürfe Familienrecht - Nappo - 22-10-2024

Eigentlich muss man den Thread „dreiteilen“, denn es sind drei versch. Themen:

Abstammungsreform, Kindschaftsrecht, Unterhalt

Ich hatte heute etwas Zeit und habe mal angefangen mit der Unterhaltsreform. Keine Angst! Es wird nicht unkomplizierter! Am Ende hätte man Verfahren, komplizierte Berechnungsmodelle etc noch verschlanken können. Das ist Gott sei Dank nicht geschehen. Wir sind schließlich in Deutschland.

So 70 Seiten Gelaber durch zu ackern, macht keinen Spaß. Zumal es bei einer Einmaligkeit nicht bleibt. Dann wäre ich Nummer 5. Bin aber leider nur der NAPPO.

Was auffällt, bis hierhin:

Man geht schon auf den ersten Seiten von „mehr Verfahren“ aus, weil es einen deutlichen Anstieg von Unterhaltsabänderungsverfahren geben wird. Super! Die Anwaltszunft jubelt.

§ 1570 BGB entfällt. Er wird ersetzt.

Interessant sind die Ausführungen zum zukünftigen § 1615 a – Naturalunterhalt. Da auch ich Leute kenne, die waghalsig, aber voller Überzeugung, immernoch behaupten, man könne zwischen Naturalunterhalt und Barunterhalt wählen, dann sind diese Leute natürlich zu enttäuschen:

1615g Abs. 1 schließt aus, dass ein Wahlrecht bestünde, welches einseitig bestimmt wird.

Also, bitte abhaken ,-)

Das Residenzmodell soll weiterhin ab einer 70%igen Betreuung gelten.

1615 I regelt wohl zukünftig Haftungsquoten beim neu erfundenen assymetrischen Wechselmodell.
Also abweichende Aufteilung als 50/50

Interessant ist, dass mehrfach nun – und das ist neu – auf mehr Vereinbarungen untereinander gesetzt wird. Diese müssen notariell beglaubigt werden, oder gerichtlich gebilligt. Hier kommt Arbeit auf Mediatoren zu, bei denen zu hoffen bleibt, dass sie nicht nur daher schwafeln, sondern lesen und lernen, wie das überhaupt funktioniert, eine solche Vereinbarung „zu begleiten“.

Betreuungsunterhalt (BU) kann natürlich weiterhin über die 3 Jahre hinaus anfallen können. Aber auch hier sollen Vereinbarungen untereinander möglich sein. Aber wer verzichtet schon gerne freiwillig....

Die Begrifflichkeit „Mindestunterhalt“ entfällt. Er heißt zukünftig „Mindestbedarf“. Wird gleich noch bedingt lustig....

Sonderbedarf kann nun nicht mehr 1 Jahr rückwirkend geltend gemacht werden. Es sei denn, man hat ihn frühzeitig angezeigt oder er war eben unvorhersehbar.
Sonderbedarf ist von beiden Eltern aufzubringen. War bisher auch schon so. Aber nur „überraschend“ auftretender Sonderbedarf kann noch rückwirkend geltend gemacht werden.

Beim Mehrbedarf bleibt weitestgehend alles beim Alten.

Was nicht möglich war, war der Verzicht auf Trennungsunterhalt. Nun ist er möglich. Durch Verzicht. Ein zahnloser Tiger. Wer verzichtet darauf schon? Nun gut. Nehmen wir zur Kenntnis.
Wir nehmen aber auch zur Kenntnis, dass ein solcher Verzicht auf TU nur möglich ist, nach drei Trennungsjahren.
Wer bei Erfindung von diesem Quatsch am Auspuff schnüffelte, ist unbekannt.

Eine Anrechnung von Einkünften bei Minderjährigen erfolgt nun in voller Höhe und nicht mehr zur Hälfte. Aber was wären wir ohne Ausnahmen: Bei einem Residenzmodell gilt dies nicht. Hier bleibt es bei der alten Regelung.

Interessanter wird es bei den Wohnkosten in Bezug auf Unterhaltsverpflichtete: Bislang waren in der DD Wohnkosten in Höhe von ? (müsste nachgucken) eingepreist. Die entsprechen natürlich nicht der Realität.

Neu ist, dass man sich nun an das Wohngeldgesetz anlehnen will und an die regionalen Stufen. Das soll es (etwas) erleichtern, höhere Wohnkosten angerechnet zu bekommen. Man muss konkret darlegen, beweisen etc bla bla....

In diesem Zusammenhang wird zwar darauf hingewiesen, dass es Unterhaltsverpflichteten erleichtert werden soll, höhere Wohnkosten angerechnet zu bekommen. Ob das in der Praxis der Fall sein wird, wird man sehen. Siehe auch Seite 39

Wer sich über das ein oder Andere freut, freute sich zu früh. Leg den Drops wieder weg. Ein Schnaps wäre besser:

Zukünftig wird die DD , insb. was den Mindestunterhalt angeht (neu: Mindestbedarf) nicht mehr alleine am steuerfreien sächlichen Existenzminimum orientiert.
Man bezieht das Sozialrecht und deren Sätze mit ein. Man verweist auf Differenzen...

Eine Tabelle auf Seite 44 zeigt das Drama:

Der Mindestunterhalt – er trifft also die Schwächsten – wen auch sonst, wird steigen und zwar saftig. Zwar wird wortreich auch auf die Selbstbehalte eingegangen. Wie damit vor Gericht umgegangen wird, ist bekannt.

Zurück zum neuen „Wechselmodell“ und der Ausrechnung von Unterhalt.

Wie schon gesagt: Ab 70% gilt das Residenzmodell
Zwischen 29 % und 50 % gilt das sogenannte assymetrische Wechselmodell

Kriterium ist die Zahl der Übernachtungen! Da hat die allseits bekannte Walper auch mit geliefert. Die hat immer ihre Finger drin. Verheißt nie Gutes.
Eine klein wenig schwammige Ausnahme wurde hinein gebaut. Wenn z.B. ein Vater tagsüber viel betreut, das Kind von der Schule holt, hin bringt, Hausaufgaben macht, es aber bei der Mutter schläft, kann das als überobligatorische Übernahme von Verantwortung mit hinein fließen.

Die Fälle dürften selten sein. Ich kenne aktuell nur Einen.

Beim assymetrischen Wechselmodell wollte man dann doch irgendwie komplizierte Berechnungsmethoden sparen und Bürokratie gleich mit. Kommt einem seltsam vor. Wäre was Neues. Und macht man das tatsächlich - also die Vereinfachung – geht’s natürlich zu Lasten des Unterhaltsverpflichteten.

Denn egal, ob er nun 30% oder 45% betreut, die pauschale Ersparnis i.S. Unterhalt bleibt bei 15%.
Hat man irgendwie ausgerechnet, dass das „gerecht“ wäre, oder so....

Interessant, der Punkt bezüglich des Angreifens eines Vermögensstammes beim Unterhaltsverpflichteten. Zukünftig soll es eine Zumutbarkeitsprüfung geben. Es muss der Billigkeit entsprechen. Das Vermögen muss auch tatsächlich verwertbar sein. Na gut. Welches ist nicht verwertbar? Am Ende entscheidet der Richter, was zumutbar ist und was nicht.

Da der Anteil der Kinder aus nicht-verheirateten Partnerschaften stetig steigt, wollte man natürlich anpassen. Plötzlich redet man von der Gleichstellung von Kinder aus nicht-verheirateten Partnerschaften in Bezug auf eheliche Partnerschaften.

Schade, dass man in Sachen Sorgerecht diese Gleichstellung irgendwie immer vergisst....

Nun, und wenn etwas gleichgestellt wird, wird es meist für eine Gruppe teurer. Jeder darf jetzt raten, um welche es geht...

Der Betreuungsunterhalt steigt und gleicht sich dem an, wie es Ehelaute schon genießen dürfen. Also einer genießt, der andere zahlt. Ist ja auch jetzt mal egal ,-)

Begründung: Die Entlastung der Sozialämter. Was immer schon „vermutet“ wurde und ungeschrieben durch den Äther dröhnte, wird nun offen zugegeben. Der „gut verdienende Ex-Partner“ soll auffangen, was sonst oft das Sozialamt tat. Steht da. Ich kann nix dafür.

Besonders die, die z.B. alleine sehr gut verdienten und eine Frau in der Hütte hatten, die zwar anziehend, aber ungelernt und mittellos ist, dürfen sich auf nette neue Berechnungsmodelle freuen. Man findet sie auf Seite 51. Ich hoffe, der Schnaps ist noch nicht leer....

Heißt: Im obigen Fall gibt’s ordentlich mehr BU. Je ausgeglichener die Einkommensverhältnisse in der Partnerschaft waren, desto besser steht man da. Da kann es sogar mal ein klitzekleines bisschen weniger BU sein, als vorher.

Das war es erst einmal. Man sollte es (noch) nicht alles auswendig lernen. Die liebe Frau Paus ist stinkig. Das geht ihr alles nicht weit genug oder eben zu weit. Je nachdem. Noch ist das Ganze also nicht durch.

Am Ende wird es nicht nur zu vielen Unterhaltsabänderungsklagen führen, sondern auch zu mehr Umgangsverfahren. Und wer sich schon aktuell über „Wartezeiten“ freute, dürfte sich nun auf Zustände einrichten, die an die Zuverlässigkeit der Deutschen Bahn erinnern.