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OLG Nürnberg 10 UF 360/09: Betreuungsunterhalt für Studenten extralang
#1
OLG Nürnberg, Urteil vom 13.8.2009, 10 UF 360/09
Volltext: http://www.familienrecht-deutschland.de/...13.08.2009

Sachlage: Unverheiratete Studentin, studierte zwei Semester BWL, dann studierte sie fünf Semester Magister Spanisch und Englisch, danach wechselt sie zum Studium Lehramt für Realschule (Deutsch und Englisch). Und bekommt ein Kind. Kind ist ganztags in einer Kindertagesstätte, dort ist Betreuung bis 17:30 Uhr möglich. Sie jobbt nebenher, verschweigt das aber, auch BAFÖG-Zahlungen verschweigt sie, so erhält sie Betreuungsunterhalt in Höhe von 570 EUR pro Monat bis das Kind drei Jahre alt ist. Kindesunterhalt erhält sie obendrauf und das Kindergeld ebenfalls.

Als das Kind drei Jahre ist, möchte die Dame gerne weiteren Betreuungsunterhalt. Das Vater argumentiert, nicht die Betreuung des Kindes, sondern das Studium der Klägerin sei die Ursache für deren Nichterwerbstätigkeit. Zudem lägen weder kindes- noch elternbezogene Belange vor, die eine Verlängerung der Unterhaltsverpflichtung über drei Jahre nach der Geburt des Kindes hinaus rechtfertigen würden. Zum einen sei eine Ganztagesbetreuung des Kindes gewährleistet, zum anderen sei auch kein eine Unterhaltspflicht begründender Vertrauenstatbestand geschaffen worden; insbesondere habe es keine gemeinsame Lebensplanung der Parteien gegeben.

Die Mutter argumentiert, dass sie weiter studieren wolle, deshalb nicht arbeiten, sondern Unterhalt kassieren müsse.

Das OLG Nürnberg spricht ihr Betreuungsunterhalt zu, obwohl das Gericht zugibt, dass die aufgrund der guten Betreuungsituation auch mehr arbeiten könnte. Relevant sei aber, dass sie trotz der guten Betreuung nicht ganztags arbeiten könne, also sei sie unterhaltsberechtigt. Dass keine kindbezogene Gründe existieren sei egal. Sogar ihr Nebenjob jetzt sei überobligatorisch (!), aber das Gericht in seiner grossen Gnade rechnet ihn trotzdem an. Und dass sie ihre Einkünfte verschwiegen und damit betrogen habe, führt auch nicht zur Verwirkung. Der Vater hat jetzt 407 EUR Betreuungsunterhalt pro Monat zu bezahlen.



Die Klägerin ist bereits durch ihr Studium weitgehend ausgelastet. Die Betreuung des jetzt vier Jahre und acht Monate alten Sohnes nimmt sie darüber hinaus, trotz ganztägiger Fremdbetreuung des Kindes in einer Kindertagesstätte im beachtlichen Maße in Anspruch. Die Betreuung erschöpft sich bei weitem nicht darin, das Kind zur Kindertagesstätte zu bringen und von dort wieder abzuholen; vielmehr hat die Klägerin in Anbetracht des Alters des Kindes zu Hause für eine engmaschige Beaufsichtigung zu sorgen und ist allein dadurch zeitlich bis zum Schlafengehen des Kindes um 20 Uhr gebunden. Diese Inanspruchnahme durch Studium und Kindesbetreuung läßt es nicht zu, daß die Klägerin über den am Wochenende zusätzlich ausgeübten Minijob hinaus einer weiteren Erwerbstätigkeit nachgeht. Damit sind die Voraussetzungen des § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB zu bejahen.

§ 1615l Abs. 2 S. 2 BGB besagt:
Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann.

Das hat der Richter schön hingebogen, und aus den max. 3 Stunden täglicher Betreuung einen Unterhaltsanspruch generiert. Da kann Papa ja froh sein, daß er nicht noch eine Rechnung über die Fremdbetreuungskosten erhalten hat.


Was schon beim allerersten Entwurf des Gesetzes vorhergesagt wurde und sich bei allen anderen Gesetzen im Unterhaltsrecht entwickelt hat, ist nun auch beim Betreuungsunterhalt nach §1615l BGB für nichteheliche Mütter angekommen:
• Die Ausnahme "Unterhalt" wurde von den Gerichten Stück für Stück zum Normalfall gemacht.
• Ausnahmetatbestände werden so lange verdreht und erweitert, bis sie in Normalfälle transmutieren. Die Begründungen dafür sind ganz kurz und pauschal, während Begründungen gegen Unterhaltszahlungen ausgreifend, detailliert und scharf sein müssen, um berücksichtigt zu werden.
• Eine de facto Beweislastumkehr ist eingetreten.
• Unterhaltsberechtigte dürfen den Unterhaltspflichtigen nach Herzenslust lügen, betrügen, nebenher kassieren. Das bleibt generell straf- und sanktionslos. Eine Einladung erster Klasse für jeden Betrugsversuch.
• Generell reicht ein Einzelpunkt aus, um Unterhalt zu erhalten. Der Unterhaltsberechtigte bekommt unzählige Leitern, er reicht wenn eine lang genug ist um über das Mäuerchen zu kommen.
• Unterhalt ist immer deutlich höher wie der Lebensbedarf oder das, was der Staat geben würde: BAFÖG wären 640 EUR gewesen, Unterhalt sind 770 EUR (plus ca. 250 EUR Kindesunterhalt plus 184 EUR Kindergeld)
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