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Hallo,
ich habe lange nichts hier im Forum geschrieben, aber jetzt haben sich einige Fragen aufgesammelt, vielleicht habt ihr gute Ratschläge für mich
1) ich saß einige Monate in der U-Haft wegen dem 170er. Zu COVID-Zeiten, im EU-Ausland, deswegen einige Wochen unvergessliche Isolationshaft, im Haft-Jargon auch Quarantäne genannt.
Das war ein klassisches Unrechts-Verfahren: unbegründete Anschuldigung seitens der Ex, die Staatsanwaltschaft hat nix geprüft (vor allem die Bedürftigkeit), hat relativ schnell den EU(!)-Haftbefehl erlassen... Vielleicht erzähle ich mehr darüber, aber Stand heute: das Verfahren wurde mit einer Zahlung meinerseits an die Ex eingestellt (erst in der zweiten Instanz!!!).
Danach habe ich über einen Anwalt trotz Widerstand der Staatsanwältin einen Beschluss erlangt, dass mir eine Entschädigung zusteht. Ich soll innerhalb der 6 Monate (6?, sagt mein Anwalt) die Entschädigungssumme beziffern.
Ich selbst lebe seit über einem Jahrzehnt im Ausland
Die Fragen dazu:
- lohnt es sich über die Erhöhung dieser Entschädig Gedanken zu machen? Was ich weiß: Standard-Entschädigunssatz in DE liegt bei ~75€/Tag, das ist sozusagen best case. Mehr springt da nicht raus, auch wenn man, wie ich, wegen der U-Haft einen gut dotierten Job verloren hat, Rufschädigung beim Kunden (wegen der Nachricht über meine Verhaftung), oben erwähnte COVID-bedingte Isolationshaft, EU-Ausland (schlechtere Haftbedingungen, früher wurde mit Koeffizient gerechnet)
Oder sollte man in dem Schreiben an die Staatsanwaltschaft alle diese Argumente weglassen und nur 75€ verlangen?
- braucht man für diese Bezifferung der Entschädigung einen Anwalt? Kann KI heutzutage solche Schreiben in guter Qualität formulieren? Mein Anwalt verlangt relativ viel Geld für dieses Schreiben, deswegen frage ich
- könnte man in dem Schreiben der Staatsanwaltschaft einen Deal vorschlagen, dass ich meine Ex wegen der "falschen Anschuldigung" (z.B. StGB §164) anzeige, die Staatsanwältin nicht sofort einstellt und das Geld am Ende von der Ex geholt wird? Der Hintergrund ist: unser deutscher 'Rechtsstaat' ist sowieso Pleite, in meinem Fall bietet sich dieser Weg an, um Kosten zu sparen... Was hält ihr von dieser Idee und wie macht man einen solchen Vorschlag an die StA?
- wenn ich mit 75€ pro Tag rechnen kann, wird in meinem Fall (falls klappt), ein fünfstelliger Betrag ausgezahlt. Gleichzeitig habe ich die alten und laufenden Unterhaltsschulden bei der Ex, zusätzlich die 12 Jahre alten UHV Schulden beim JA.
Kann diese Entschädigung gepfändet werden? Wie geht man das um?
- falls das Kind wird 18 Jahre alt - greift der 170er? Oder bleibt diese Unterhaltspflicht ab Volljährigkeit rein zivil?
- gibt es zu den Themen Pfändung, U-Haft, Entschädigung gute Internet-Foren oder Beratungsseiten?
Danke vorab :-)
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Nach welchem Recht geht denn die Entschädigungshöhe? Dort, wo du gesessen hast oder nach deutschem Recht? In letzterem Fall würde ich einfach geltend machen, was nachweisbar ist. In ersterem Fall benötigst du spezifische Informationen des betreffenden Landes. Vielleicht hilft bei der Erhöhung von Standardsätzen ein Schreiben vom ehemaligen Arbeitgeber. Ob Anwaltspflicht herrscht, keine Ahnung.
Ein Handel ist eine heisse Sache, tendentiell machen das deutsche Staatsanwälte selten, zudem sind die Spielräume klein. Solche Versuche würde ich zudem von Jurist zu Jurist laufen lassen, d.h. mit Anwalt.
Wurde eine Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) ausbezahlt, so ist sie nach deutschem Recht grundsätzlich pfändbar. Das war aber Gegenstand eines Reformentwurfs, weiss nicht ob das auch Gesetz geworden ist. Es sollte geändert werden. Der pauschale Haftentschädigung sollte einer Aufrechnung und Pfändung entzogen sein. In keinem Fall wäre eine Entschädigung geschützt, die über die pauschalen Sätze hinausgeht. Lohnen würde es sich trotzdem, über diesen Satz zu kommen, denn damit werden die Schulden kleiner.
Unterhahltspflichtverletzung ist unabhängig von der Unterhaltsart, siehe §170 StBG, Voraussetzung ist nur "eine gesetzliche Unterhaltspflicht".
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08-02-2025, 16:07
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08-02-2025, 16:10 von MLCer.)
Danke für die, wie immer, sachliche Antwort :-)
Es handelt sich um einen Beschluss des deutschen Landgerichtes. Ausland spielt in dieser Sache keine Rolle, war nur Verhaftungs- und U-Haft-Land. Alle Beteiligten sind Deutsche.
In dem Beschluss steht u. A. folgendes:
Zitat:Der Antrag nach $ 8 Abs. 1 S. 2 StrEG ist statthaft und begründet. Dem Antragsteller ist gem. $ 3
StrEG eine Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft zu gewähren.
1. Der Antrag ist statthaft. Nachdem der das Verfahren endgültig einstellende Beschluss des
Landgerichts vom 06.11.2023 keinen Ausspruch über eine etwaige Entschädigung des An-
tragstellers im Zusammenhang mit den durchgeführten Strafverfolgungsmaßnahmen ent-
hielt, ist hierüber nun in entsprechender Anwendung des 8 8 Abs. 1 S. 2 StrEG außerhalb
der Hauptverhandlung durch Beschluss zu entscheiden (vgl. OLG Celle, Beschluss vom
08.09.2010 - 32 Ss 207/09 -, juris Rn. 7 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.04.2001 - 2
Ws 61/2001 -, juris Rn. 11; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 67.
Auflage 2024, 8 8 StrEG Rn. 7 m.w.N.; a.A. KG, Beschluss vom 10.03.2009 - 2 Ws 9/08 -,
| juris Rn. 15).
2. Der Antragsteller hat dem Grunde nach Anspruch auf eine Entschädigung für die von ihm
erlittene Untersuchungshaft.
Einen Arbeitgeber hatte und habe ich nicht, bin selbständig. Ich hatte gerade einen Jahreseinsatz hinter mir, eine Verlängerung um einen weiteren Jahr bekommen und konnte diese Verlängerung nicht antreten, weil "zwischen den Jahren" verhaftet wurde und erst im April freigelassen. Der neue Vertrag hatte gleiche Bedingungen wie vorher, man könnte hier Jahresbrutto/netto aus dem Vorjahr als Schaden angeben.
Karrierebruch ist schlecht bezifferbar, aber in dem Jahr der Freilassung habe ich nicht gearbeitet. Wegen der Verhaftung....
Was Pfändung angeht: wird das Geld direkt bei der Auszahlung, sprich schon bei der StA oder Landeskasse gepfändet oder erst nach es auf meinem Konto gelandet ist? Zweiteres wäre nicht so schlimm, wenn ich das Konto eines Verwandten von mir angebe. Kann man die Entschädigung vlt. bar abholen?
Bei den Volljährigen muss Unterhalt auf das Konto der Mutter überwiesen werden? Muss vielleicht mit der Volljährigkeit der UH-Titel "refreshed" werden?
ChatGPT behauptet übrigens, die UH-Pflicht im strafrechtlichen gilt nicht bei volljährigen Kindern. Bei Müttern sieht es ein wenig anders aus...
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ChatGPT kannst Du bei Deutschen Rechts- und Steuerthemen vergessen. Entweder sind die Antworten zu Allgemein gehalten (also vielleicht als Einleitung verwendbar; mehr auch nicht) oder sind schlichtweg falsch. Ich konnte ChatGPT bisher für meine Rechts- und Steuerthemen nicht gebrauchen. MS Co-Pilot hatte noch die ein oder andere besser verwendbare Lösung formuliert, vielleicht zu 50% brauchbar.
Frage: Was wurde Dir überhaupt vorgeworfen? Wie lautete die Begründung?
Der §170 ist ja sozusagen ein Dauerbrenner ;-)
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Schau mal hier: https://www.haufe.de/recht/weitere-recht...02008.html
Mir ging nämlich durch den Kopf, ob es möglich wäre, zusätzlich Entschädigung wegen des verlorenen Jobs zu bekommen.
Im Link, ein besonders hässlicher Fall. Der Arme...
Was diesen Anwalt angeht: Ich habe selbst einmal vor vielen Jahren die schmerzhafte Erfahrung gemacht, was die Winkeladvokaten bei Abfindungen, Entschädigungen etc. Dir abknöpfen, frei nach dem Motto, der bekommt ja Kohle, davon will ich ein möglichst großes Stück.
Ich würde mal einfach noch bei jemand anderes nachhören.
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(08-02-2025, 16:07)MLCer schrieb: Was Pfändung angeht: wird das Geld direkt bei der Auszahlung, sprich schon bei der StA oder Landeskasse gepfändet oder erst nach es auf meinem Konto gelandet ist? Zweiteres wäre nicht so schlimm, wenn ich das Konto eines Verwandten von mir angebe. Kann man die Entschädigung vlt. bar abholen?
In bar bekommst du sicher nichts. Der Anspruch selbst, den du gegen die entschädigungspflichtige Stelle hast ist nicht übertragbar und damit nicht pfändbar. Die Auszahlung kann aber abgezweigt werden, das Geld landet dann beim Gläubiger, nicht dort wo du es gerne haben möchtest. Zur Pfändung der Entschädigung siehe BGH, Beschluss vom 10.11.2011 - Aktenzeichen IX ZA 99/11. Dort: https://www.rechtsportal.de/Rechtsprechu...lvenzmasse
Zitat:Bei den Volljährigen muss Unterhalt auf das Konto der Mutter überwiesen werden? Muss vielleicht mit der Volljährigkeit der UH-Titel "refreshed" werden?
Nein. Schuldbefreiend ist allein die Zahlung direkt an den Berechtigten, das volljährige Kind. Ein unbefristeter Titel gilt weiter, bis die in der faq genannten Angriffe dagegen erfolgreich waren.
Zitat:ChatGPT behauptet übrigens, die UH-Pflicht im strafrechtlichen gilt nicht bei volljährigen Kindern.
Komplett falsch. Für privilegierte Volljährige geht das sogar nach dem harten Masstab. ChatGPT ist gut darin, inhaltlichen Mist gut zu formulieren. Man liest es, denkt es klinge so plausibel und fällt voll auf die Schnauze. Blamier dich damit nicht. Die Antwort zur volljährigen Kindern ist sowieso ein komplexeres "Ja, aber", ich habe es oben schon angedeutet, denn das ist der Grund dafür, dass in der Praxis kaum Verurteilungen gelingen.
Was sein kann, ist dass du zum Beispiel angezeigt wirst, wenn das Kind schon 20 ist und dass diese Anzeige zur Verhandlung führt, weil die Anzeige den Zeitraum bis 18 zum Inhalt hat und noch nichts verjährt ist.
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Also-
ich selbst wurde schon zwei mal nach §170 StGB angezeigt, die Staatsanwaltschaft hat aber richtig erkann daß es sich bei den Anzeigen um Racheakte der Ex handelte und beide Male eingestellt. Trotzdem war ich gezwungen, mich damals in die Thematik einzuarbeiten.
Die erste Frage, die mir bei der Schilderung deines Falles durch den Kopf ging: die Staatsanwaltschaft hat in einem Strafverfahren nach § 170StGB EIGENE Ermittlungen anzustellen. Eine einfache Übernahme der Akten des Familiengerichts (vor allem deren Berechnungen zum Anspruch auf Unterhalt und die Höhe des Unterhalts) ist nicht statthaft, da es sich beim Familienrecht um Zivilrecht nach BGB handelt. Für ein Strafverfahren muß die Staatsanwaltschaft bei Null anfangen - also Ermittlungen zur Unterhaltspflicht, insbesondere zum Anspruch auf Unterhalt; dessen Höhe und Dauer. Sodann hat die Staatsanwaltschaft zu ermitteln, ob du deiner Unterhaltspflicht hättest nachkommen können und dies SCHULDHAFT UNTERLASSEN hast.
Wenn die Staatsanwaltschaft ohne eigene Ermittlungen einfach so einen Haftbefehl erläßt, würde ich den Staatsanwalt wegen Freiheitsberaubung im Amt anzeigen und meinerseits ein Strafverfahren gegen diesen Staatsanwalt betreiben. Und ich würde diesen Staatsanwalt auf Schadensersatz für alle erlittenen materiellen Schäden wie Einkommnesverlust etc.pp. persönlich in Regreß zu nehmen versuchen.
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Hallo Austriake,
vielen Dank für Deine Ausführungen.
Wenn ich das richtig verstanden habe, muss die Staatsanwaltschaft auch ermitteln, ob ein Anspruch auf Unterhalt besteht und wie hoch dieser ist.
Wenn ich also sehr wenig verdiene und die Ex-Madame (2,5fach oder mehr) könnte es doch sein, dass ich zum Unterhalt nicht gezwungen bin. Beim Familengericht wurde dieser Vortrag verworfen mit em Hinweis auf gesteigerte Erwerbsobliegenheit und das 2,5fache netto der EX ist noch nicht ausreichend .....
Wie sieht es in Hinblick auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit aus...?
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Genauergesagt ist es der Tatrichter. Das Gericht ist es, das über einen Sachverhalt unter Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse und nicht nur unter rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet. Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, die Ermittlung des wahren Sachverhalts ist das zentrale Anliegen des Strafprozesses. Da kommt das Gericht auch nicht so leicht drum rum wie die Staatsanwaltschaft, bei der § 160 Abs. 2 StPO nur ein Wunsch bleibt. Denn im Gegensatz zum Gericht arbeitet die Staatsanwaltschaft intransparent und verdeckt, kennt keine höheren Instanzen, bemisst ihren Erfolg vielmehr nach Fällen und späteren Verurteilungen, das ist ihr Interesse.
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(12-02-2025, 16:20)Austriake schrieb: Wenn die Staatsanwaltschaft ohne eigene Ermittlungen einfach so einen Haftbefehl erläßt, würde ich den Staatsanwalt wegen Freiheitsberaubung im Amt anzeigen und meinerseits ein Strafverfahren gegen diesen Staatsanwalt betreiben. Und ich würde diesen Staatsanwalt auf Schadensersatz für alle erlittenen materiellen Schäden wie Einkommnesverlust etc.pp. persönlich in Regreß zu nehmen versuchen.
Ich kann's mir nicht vorstellen, dass die Staatsanwältin in meinem Fall von jemandem "in Regress" genommen werden kann. Nicht nur in meinem Fall, diese ganze Bande hat den Papst-Status - unfehlbar. De facto jedenfalls. Ich werde keine Zeit in dieses Prozessieren stecken...
In meinem Verfahren wurden schon eigene Ermittlungen angestellt, so ganz ohne war der Haftbefehl nicht. Nur, ermittelt wurde, wie so oft, beim Pflichtigen. Die Verhältnisse der Berechtigten wurden gar nicht überprüft, deren Angaben auch nicht. Zum Beispiel, dass UVG geleistet wurde - war ein wichtiger Punkt für die Begründung des Haftbefehles. Dieser Vorschuss wurde gar nicht beantragt (weil die Mutter zu wohlhabend ist). Das hätte man leicht prüfen können...
Die UVG-Feststellung müsste der Richter eigenständig machen - die Staatsanwältin hat bis zu Letzt alle Beweisanträge in dieser Richtung ignoriert. Diese Tatsache war am Ende entscheidend für die Entscheidung in der zweiten Instanz und die Entscheidung in Sache Entschädigung, war mein Eindruck
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