15-08-2008, 12:22
Die Entscheidung Az XII ZR 109/05 vom 16. Juli 2008 ging bereits durch jedes Dorfblatt, hier ist der Volltext des Urteils:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bi...16&anz=756
Einige ausführlichere Artikel und Pressekommentare (grösstenteils zum Heulen) darüber:
http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...48,00.html
http://www.stern.de/wirtschaft/finanzen-...31560.html
http://www.suedkurier.de/3323356
http://www.br-online.de/aktuell/unterhal...621802.xml
http://www.tagesspiegel.de/politik/deuts...22,2574165
http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Frage...93,2574539
http://www.ftd.de/meinung/kommentare/:Ko...87150.html
Um den Volltext kommt man trotzdem nicht rum, wenn man wissen will was die Fünferbande wieder einmal auf Väter wirft. Mit 46 Seiten hat die Gerichtsmaschinerie jedenfalls ein dickleibiges Werk ausgeschwitzt. Seltsam, die Urteile werden immer länger obwohl doch von der Justizministerin ständig eine "Vereinfachung" des Unterhaltsrechts angepriesen wurde? Wahrscheinlich war damit nur die Vereinfachung des Geldverdienens unserer vielen Berufsjuristen gemeint.
Der Fall: Die unterhaltsbegehrende Dame war "Fernmeldetechnikerin" und verdiente zuletzt 1335 EUR. "Zuletzt" war irgendwann vor 1995. Heirat, ein Kind, sofort Trennung und sofort das nächste Kind vom neuen Freund, dann noch ein Kind (geboren Januar 2001) und schon wieder Trennung. beim Freund ist richtig was zu holen, verdient netto deutlich oberhalb 3000 EUR. Allein das erklärt schon die leuchtenden Augen und das Sabbern von Richtern, Anwälten und Ex. Hier ist ein Fass aufzumachen! Der Vater zahlt jedenfalls bis 2004, als das Kind drei Jahre alt wird. Rein zufällig ist die Mutter just zu diesem Zeitpunkt mit einem neuen Freund zusammen. Hilft nicht: Er wird sogar nach altem Recht verurteilt nochmal bis Januar 2007 weiter Betreuungsunterhalt zu blechen, bis das Kind sechs Jahre alt ist.
Fett Kindesunterhalt für die beiden Kinder zahlt er natürlich auch, achte oder neunte Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle.
Und nun will die Mutter weiter auch nach dem sechsten Lebensjahr des Kindes kassieren, darum dreht sich der Fall, auch wegen der Höhe des Unterhalts. Kriegt sie das, was Ehefrauen kriegen würden, d.h. 3/7 des väterlichen Einkommens? Eigentlich ist die Frage eine absurde Frechheit, denn § 1615 l Abs. 2 Satz 1 BGB regelt ihren Anspruch sehr genau und lehnt das ab. Weiterhin wird im mütterlichen Antrag gejammert, der Vater würde sich ohnehin arm rechnen, Geld verstecken, der Selbstbehalt sei zu reduzieren etc.
Der BGH erklärt jedenfalls §1615l nicht für ungültig, äussert aber Zweifel. Die Höhe des Unterhalts habe sich nach dem zu richten, was die Mutter vor dem Kind gehabt habe, in diesem Fall war das ein Teilzeitjob plus Ehegattenunterhalt. Witzig: Unterhalt gebiert Unterhalt. Ein kritischer Satz im Urteil: "Teilweise wird darauf abgestellt, ob die Mutter in der nichtehelichen Gemeinschaft nachhaltig unterhalten wurde und das Zusammenleben mit dem Vater ihre Stellung aus wirtschaftlicher Sicht nachhaltig geprägt hat. In solchen Fällen soll sich der Bedarf der Mutter - wie beim Ehegattenunterhalt - als Quo-
tenunterhalt aus dem vorhandenen Einkommen errechnen (so neben dem Berufungsgericht auch OLG Bremen FamRZ 2008, 1281 und OLG Zweibrücken FuR 2000, 286, 288 (...)"
Interessant sind die Folgen des neuen Kindsmutterfreundes: "Das Berufungsgericht hätte der Behauptung des Beklagten, die Klägerin unterhalte mit ihrem neuen Freund eine Haushaltsgemeinschaft, allerdings aus einem anderen Grund nachgehen müssen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss sich der Unterhaltsberechtigte den Wert von Versorgungsleistungen anrechnen lassen, die er einem neuen Lebenspartner erbringt (Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173 f.). Sofern die Klägerin einem neuen Lebenspartner also den Haushalt führt und dieser in der Lage ist, ihr dafür ein Entgelt zu zahlen, müsste sie sich dieses ggf. auch fiktiv als eigenes Einkommen anrechnen lassen, was ihre Unterhaltsbedürftigkeit herabsetzen würde."
Es folgt eine schöne Geschichte über die Geschichte des Betreuungsunterhalts in Deutschland: "Ursprünglich sah das Gesetz für die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes lediglich einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Entbindung sowie weiterer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachter Kosten sowie einen Unterhaltsanspruch für die Dauer von sechs Wochen nach der Entbindung vor.
Durch das Nichtehelichengesetz (NEhelG) wurde der Unterhaltsanspruch der Mutter auf die gesamte Zeit des Mutterschutzes erweitert, um ihn mit sonstigen arbeits- und sozialrechtlichen Schutzvorschriften zu harmonisieren. Außerdem wurde ein Betreuungsunterhalt für die Zeit bis zum Ablauf eines Jahres nach der Entbindung eingeführt, der die Betreuung des Kindes durch die Mutter ermöglichen sollte, aber voraussetzte, dass diese keine Möglichkeit für eine Fremdbetreuung des Kindes gefunden hatte.
Durch das zum 1. Oktober 1995 in Kraft getretene Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz (SFHÄndG) hat der Gesetzgeber den Betreuungsunterhalt auf drei Jahre nach der Geburt des Kindes erweitert und die Anspruchsvoraussetzungen deutlich herabgesetzt. Fortan konnte die Mutter frei entscheiden, ob sie in den ersten drei Jahren das Kind selbst erzieht oder eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nimmt. Die Dauer des Betreuungsunterhalts orientierte sich an dem durch § 24 SGB VIII geschaffenen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz ab Vollendung des dritten Lebensjahres.
Zum 1. Juli 1998 wurde durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz (KindRG) die starre Befristung des Unterhaltsanspruchs der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes aufgegeben und mit § 1615 l Abs. 2 Satz 3 2. Halbs. BGB a.F. eine Billigkeitsregelung eingeführt, die es ermöglichte, der Mutter über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus einen Unterhaltsanspruch zuzusprechen, sofern es "insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen" (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 168, 245, 250 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1363 ff.).
Durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (UnterhRÄndG) ist mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eine weitere Änderung in Kraft getreten, die die Schwelle für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus von einer groben Unbilligkeit auf eine bloße Billigkeitsregelung herabsetzt."
Für die Dauer des Anspruchs sieht der BGH genau wie ihm die Justizministerin vorgegeben hat (BT-Drucks. 16/6980 S. 10) nicht nur kindbezogene, sondern -neu- auch elternbezogene Gründe, z.B. den vielbesungenen "Vertrauenstatbestand" als Nachwirkung dieser Familie.
Danach folgt der eigentliche Kern des Urteils, in dem sich der BGH von äusseren Vorgaben löst und selber (unheilvolles) Recht fabriziert:
"Bei der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist nämlich stets zu beachten, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde (vgl. insoweit Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 157/03 - FamRZ 2006, 846, 847 f. für den Trennungsunterhalt nach früherem Recht). Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer öffentlichen Einrichtung betreut und erzogen wird, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein, vor allem aber vom Alter des Kindes abhängen kann. Gerade kleinere Kinder benötigen nach einer Ganztagsbetreuung noch in stärkerem Umfang den persönlichen Zuspruch der Eltern, was einen nicht unerheblichen zusätzlichen Betreuungsaufwand erfordern kann (vgl. insoweit Meier FamRZ 2008, 101, 103), der entsprechend der gesetzlichen Wertung für den Kindesunterhalt in § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht unberücksichtigt bleiben kann. In solchen Fällen ist eine Prüfung geboten, ob, in welchem Umfang und bis zu welchem Zeitpunkt die Erwerbspflicht des unterhaltsberechtigten Elternteils noch eingeschränkt ist.
Dann wird der Weg für ein neues Altersphasenmodell geebnet: "Ob sich aus dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Doppelbelastung ungeachtet des gesetzlichen Regelfalles eines dreijährigen Betreuungsunterhalts Fallgruppen bilden lassen, die auf Erfahrungswerten beruhen und - z.B. nach dem Alter des Kindes - einer gewissen Pauschalierung zugänglich sind, wird das Berufungsgericht prüfen müssen."
Damit sind elternbezogene oder sonstige Gründe wirkungsvoll aus dem Feld geschlagen, denn wenn selbst trotz einer staatlichen Ganztagesbetreuung vor der Haustür immer Unterhaltsbedarf der Mutter begründet wird, kommt es auf weitere Gründe nicht mehr sonderlich an. Faktisch bedeutet das ein neues Altersphasenmodell bzw. die Einführung eines solchen Modell für Nichteheliche, wobei das Unterhaltsende dadurch bestimmt wird, wann das Kind in der Regel keinen "Zuspruch" der Mutter nach der Betreuung mehr benötigt. Eine trickreiche Formulierung, die Oma im Haus zählt dadurch nicht. Das wird irgendwann in der Schulzeit der Fall sein, vermutlich zwischen dem 8. und 12. Lebensjahr. So lange werden Väter ohne Trauschein in Zukunft für die Ex etwas zu zahlen haben, unabhängig davon ob das Kind aus Samenraub oder in einer zusammenlebenden Familie entstanden ist.
Eine Familie mit dem Vater kann die Ansprüche der Mutter freilich noch weiter hochtreiben, der BGH zeigt die Wege dafür auf. Unterhaltsgünstiges Verhalten wäre es demnach, sofort nach Bekanntwerden der Schwangerschft die Mutter aus der Wohnung zu werfen, damit keine Vertauenstatbestände entstehen. Das fügt sich nahtlos in die allgemeine Rechtssprechung mit ihren Partnerschaftsstrafen ein, die z.B. Zusammenleben mit Selbstbehaltskürzungen und Kürzung von Sozialleistungen empfindlich bestrafen.
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bi...16&anz=756
Einige ausführlichere Artikel und Pressekommentare (grösstenteils zum Heulen) darüber:
http://www.spiegel.de/politik/deutschlan...48,00.html
http://www.stern.de/wirtschaft/finanzen-...31560.html
http://www.suedkurier.de/3323356
http://www.br-online.de/aktuell/unterhal...621802.xml
http://www.tagesspiegel.de/politik/deuts...22,2574165
http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Frage...93,2574539
http://www.ftd.de/meinung/kommentare/:Ko...87150.html
Um den Volltext kommt man trotzdem nicht rum, wenn man wissen will was die Fünferbande wieder einmal auf Väter wirft. Mit 46 Seiten hat die Gerichtsmaschinerie jedenfalls ein dickleibiges Werk ausgeschwitzt. Seltsam, die Urteile werden immer länger obwohl doch von der Justizministerin ständig eine "Vereinfachung" des Unterhaltsrechts angepriesen wurde? Wahrscheinlich war damit nur die Vereinfachung des Geldverdienens unserer vielen Berufsjuristen gemeint.
Der Fall: Die unterhaltsbegehrende Dame war "Fernmeldetechnikerin" und verdiente zuletzt 1335 EUR. "Zuletzt" war irgendwann vor 1995. Heirat, ein Kind, sofort Trennung und sofort das nächste Kind vom neuen Freund, dann noch ein Kind (geboren Januar 2001) und schon wieder Trennung. beim Freund ist richtig was zu holen, verdient netto deutlich oberhalb 3000 EUR. Allein das erklärt schon die leuchtenden Augen und das Sabbern von Richtern, Anwälten und Ex. Hier ist ein Fass aufzumachen! Der Vater zahlt jedenfalls bis 2004, als das Kind drei Jahre alt wird. Rein zufällig ist die Mutter just zu diesem Zeitpunkt mit einem neuen Freund zusammen. Hilft nicht: Er wird sogar nach altem Recht verurteilt nochmal bis Januar 2007 weiter Betreuungsunterhalt zu blechen, bis das Kind sechs Jahre alt ist.
Fett Kindesunterhalt für die beiden Kinder zahlt er natürlich auch, achte oder neunte Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle.
Und nun will die Mutter weiter auch nach dem sechsten Lebensjahr des Kindes kassieren, darum dreht sich der Fall, auch wegen der Höhe des Unterhalts. Kriegt sie das, was Ehefrauen kriegen würden, d.h. 3/7 des väterlichen Einkommens? Eigentlich ist die Frage eine absurde Frechheit, denn § 1615 l Abs. 2 Satz 1 BGB regelt ihren Anspruch sehr genau und lehnt das ab. Weiterhin wird im mütterlichen Antrag gejammert, der Vater würde sich ohnehin arm rechnen, Geld verstecken, der Selbstbehalt sei zu reduzieren etc.
Der BGH erklärt jedenfalls §1615l nicht für ungültig, äussert aber Zweifel. Die Höhe des Unterhalts habe sich nach dem zu richten, was die Mutter vor dem Kind gehabt habe, in diesem Fall war das ein Teilzeitjob plus Ehegattenunterhalt. Witzig: Unterhalt gebiert Unterhalt. Ein kritischer Satz im Urteil: "Teilweise wird darauf abgestellt, ob die Mutter in der nichtehelichen Gemeinschaft nachhaltig unterhalten wurde und das Zusammenleben mit dem Vater ihre Stellung aus wirtschaftlicher Sicht nachhaltig geprägt hat. In solchen Fällen soll sich der Bedarf der Mutter - wie beim Ehegattenunterhalt - als Quo-
tenunterhalt aus dem vorhandenen Einkommen errechnen (so neben dem Berufungsgericht auch OLG Bremen FamRZ 2008, 1281 und OLG Zweibrücken FuR 2000, 286, 288 (...)"
Interessant sind die Folgen des neuen Kindsmutterfreundes: "Das Berufungsgericht hätte der Behauptung des Beklagten, die Klägerin unterhalte mit ihrem neuen Freund eine Haushaltsgemeinschaft, allerdings aus einem anderen Grund nachgehen müssen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss sich der Unterhaltsberechtigte den Wert von Versorgungsleistungen anrechnen lassen, die er einem neuen Lebenspartner erbringt (Senatsurteil vom 5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173 f.). Sofern die Klägerin einem neuen Lebenspartner also den Haushalt führt und dieser in der Lage ist, ihr dafür ein Entgelt zu zahlen, müsste sie sich dieses ggf. auch fiktiv als eigenes Einkommen anrechnen lassen, was ihre Unterhaltsbedürftigkeit herabsetzen würde."
Es folgt eine schöne Geschichte über die Geschichte des Betreuungsunterhalts in Deutschland: "Ursprünglich sah das Gesetz für die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes lediglich einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Entbindung sowie weiterer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachter Kosten sowie einen Unterhaltsanspruch für die Dauer von sechs Wochen nach der Entbindung vor.
Durch das Nichtehelichengesetz (NEhelG) wurde der Unterhaltsanspruch der Mutter auf die gesamte Zeit des Mutterschutzes erweitert, um ihn mit sonstigen arbeits- und sozialrechtlichen Schutzvorschriften zu harmonisieren. Außerdem wurde ein Betreuungsunterhalt für die Zeit bis zum Ablauf eines Jahres nach der Entbindung eingeführt, der die Betreuung des Kindes durch die Mutter ermöglichen sollte, aber voraussetzte, dass diese keine Möglichkeit für eine Fremdbetreuung des Kindes gefunden hatte.
Durch das zum 1. Oktober 1995 in Kraft getretene Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz (SFHÄndG) hat der Gesetzgeber den Betreuungsunterhalt auf drei Jahre nach der Geburt des Kindes erweitert und die Anspruchsvoraussetzungen deutlich herabgesetzt. Fortan konnte die Mutter frei entscheiden, ob sie in den ersten drei Jahren das Kind selbst erzieht oder eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nimmt. Die Dauer des Betreuungsunterhalts orientierte sich an dem durch § 24 SGB VIII geschaffenen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz ab Vollendung des dritten Lebensjahres.
Zum 1. Juli 1998 wurde durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz (KindRG) die starre Befristung des Unterhaltsanspruchs der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes aufgegeben und mit § 1615 l Abs. 2 Satz 3 2. Halbs. BGB a.F. eine Billigkeitsregelung eingeführt, die es ermöglichte, der Mutter über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus einen Unterhaltsanspruch zuzusprechen, sofern es "insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen" (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 168, 245, 250 ff. = FamRZ 2006, 1362, 1363 ff.).
Durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (UnterhRÄndG) ist mit Wirkung zum 1. Januar 2008 eine weitere Änderung in Kraft getreten, die die Schwelle für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus von einer groben Unbilligkeit auf eine bloße Billigkeitsregelung herabsetzt."
Für die Dauer des Anspruchs sieht der BGH genau wie ihm die Justizministerin vorgegeben hat (BT-Drucks. 16/6980 S. 10) nicht nur kindbezogene, sondern -neu- auch elternbezogene Gründe, z.B. den vielbesungenen "Vertrauenstatbestand" als Nachwirkung dieser Familie.
Danach folgt der eigentliche Kern des Urteils, in dem sich der BGH von äusseren Vorgaben löst und selber (unheilvolles) Recht fabriziert:
"Bei der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist nämlich stets zu beachten, ob der ihm neben oder nach der Erziehung und Betreuung in staatlichen Einrichtungen verbleibende Anteil an der Betreuung und Erziehung des Kindes in Verbindung mit einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde (vgl. insoweit Senatsurteil vom 1. März 2006 - XII ZR 157/03 - FamRZ 2006, 846, 847 f. für den Trennungsunterhalt nach früherem Recht). Denn selbst wenn ein Kind ganztags in einer öffentlichen Einrichtung betreut und erzogen wird, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein, vor allem aber vom Alter des Kindes abhängen kann. Gerade kleinere Kinder benötigen nach einer Ganztagsbetreuung noch in stärkerem Umfang den persönlichen Zuspruch der Eltern, was einen nicht unerheblichen zusätzlichen Betreuungsaufwand erfordern kann (vgl. insoweit Meier FamRZ 2008, 101, 103), der entsprechend der gesetzlichen Wertung für den Kindesunterhalt in § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht unberücksichtigt bleiben kann. In solchen Fällen ist eine Prüfung geboten, ob, in welchem Umfang und bis zu welchem Zeitpunkt die Erwerbspflicht des unterhaltsberechtigten Elternteils noch eingeschränkt ist.
Dann wird der Weg für ein neues Altersphasenmodell geebnet: "Ob sich aus dem Gesichtspunkt einer überobligationsmäßigen Doppelbelastung ungeachtet des gesetzlichen Regelfalles eines dreijährigen Betreuungsunterhalts Fallgruppen bilden lassen, die auf Erfahrungswerten beruhen und - z.B. nach dem Alter des Kindes - einer gewissen Pauschalierung zugänglich sind, wird das Berufungsgericht prüfen müssen."
Damit sind elternbezogene oder sonstige Gründe wirkungsvoll aus dem Feld geschlagen, denn wenn selbst trotz einer staatlichen Ganztagesbetreuung vor der Haustür immer Unterhaltsbedarf der Mutter begründet wird, kommt es auf weitere Gründe nicht mehr sonderlich an. Faktisch bedeutet das ein neues Altersphasenmodell bzw. die Einführung eines solchen Modell für Nichteheliche, wobei das Unterhaltsende dadurch bestimmt wird, wann das Kind in der Regel keinen "Zuspruch" der Mutter nach der Betreuung mehr benötigt. Eine trickreiche Formulierung, die Oma im Haus zählt dadurch nicht. Das wird irgendwann in der Schulzeit der Fall sein, vermutlich zwischen dem 8. und 12. Lebensjahr. So lange werden Väter ohne Trauschein in Zukunft für die Ex etwas zu zahlen haben, unabhängig davon ob das Kind aus Samenraub oder in einer zusammenlebenden Familie entstanden ist.
Eine Familie mit dem Vater kann die Ansprüche der Mutter freilich noch weiter hochtreiben, der BGH zeigt die Wege dafür auf. Unterhaltsgünstiges Verhalten wäre es demnach, sofort nach Bekanntwerden der Schwangerschft die Mutter aus der Wohnung zu werfen, damit keine Vertauenstatbestände entstehen. Das fügt sich nahtlos in die allgemeine Rechtssprechung mit ihren Partnerschaftsstrafen ein, die z.B. Zusammenleben mit Selbstbehaltskürzungen und Kürzung von Sozialleistungen empfindlich bestrafen.