Wenn ich mir den Tatsbestand der "Rechtsbeugung" ansehe, fällt mir auf, dass beispielsweise in Sachen § 170 StGB/Unterhaltspflichtverletzung, doch eine Rechtsbeugung auch dann eingetreten ist, wenn der Amtsrichter jede Beweisführung vermissen läßt und lediglich deshalb auf Zahlung des Unterhaltes bei Zugrundelegung der düsseldorfer Tabelle urteilt, nach dem Motto "weil das eben so ist und weil Du eben zahlen musst und alles Andere ist mir egal."
Also, der Richter weder die Unterlagen sichtet, noch eine Beweisführung der Staatsanwaltschaft 8 ausgeblieben ) gewürdigt wurde, noch die vorliegenden Unterlagen seitens des Angeklagten gesichtet wurden und dann noch behauptet wird, ein Rechtsmittelverzicht sei ausgeprochen worden, obwohl hierfür keine Zeugen da sind und auch kein Protokollführer da war. Nun stellt also die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige wegen Rechtsbeugung ein. Kann man dann Zivilklage einlegen?
Allerdings wird man dafür kaum einen Anwalt finden und muß das wohl selbst machen.
Wenn ich richtig informiert bin, muß doch bei einer Strafanzeige die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten etwas beweisen, während bei einer Zivilklage der Richter nun Gegenbeweis anbringen müsste, oder?
(02-05-2012, 14:06)Nappo schrieb: Wenn ich richtig informiert bin, muß doch bei einer Strafanzeige die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten etwas beweisen, während bei einer Zivilklage der Richter nun Gegenbeweis anbringen müsste, oder? Im Strafverfahren muss dem Angeklagten die Tat bewiesen werden.
Im Privatklageverfahren muß der Kläger den Beweis erbringen.
Der Beklagte muss bloße Behauptungen nur bestreiten.
Danke Iby. Das ist das was mich nämlich irritiert, bezüglich des Privatklageverfahrens und was ich mal genau wissen will!
Ich bin mal im Privatklageverfahren angeklagt gewesen und dann hat man meine "Gesprächsprotokolle" nicht anerkannt als einzigen "Beweis". Das war ein LG Verfahren. Nach langem Hin- und Her hat der Richter dann einen Zeugen zugelassen, der dann beim nächsten Termin meine Aussage zu 98% bekräftigte. Dann bin ich vom Richter als auch von den Anwälten (der Gegenseite und meines Eigenen!) zu einem Anerkenntnisurteil regelrecht genötigt worden, was eine Strafe von 1.500 € nach sich zog. Toll was ? Also hatte die Gegenseite gar nichts bewiesen! Es ging um "Schadenersatz und Unterlassung", weil ein Lehrer die Finger nicht von seinen Schützlingen lassen konnte und ich das anzeigte. Der Lehrer arbeitet heute noch und wurde lediglich versetzt. Hat wieder eine 1. Klasse und war um 1.500 € reicher. Die Anzeige wegen "falscher Verdächtgung" gegen mich wurde allerdings von der Staatsanwaltschafft ( hier Strafverfahren) fallen gelassen.
Nächstes Beispiel bevor ich zum Punkt komme: Wir hatten vor Jahren mal Zoff mit einem Vermieter. Dann kam es zum Verfahren, in dem es hieß, wir könnten unsere Vorwürfe (Heizung ging seit Wochen nicht etc...) nicht beweisen, da wir auch nicht den Vermieter ständig schriftlich benachrichtigt hätten. Also hier ist es wieder : Wir sollten beweisen, obwohl wir angeklagt waren. Also deshalb komme ich damit nicht ganz klar.
Nun zur Rechtsbeugung : Ich müsste also dem Amtsrichter gegenüber beweisen, dass Er Rechtsbeugung betrieben hat. Ich bräuchte doch dann eigentlich nur die "Voraussetzungen zur Verurteilung nach § 170StGB" dem FAQ entnehmen und dann sagen, dass eben der Richter sich daran nicht gehalten hat. Nun, ich denke, da ist wohl eher der Wunsch der Vater des Gedanken, denn ständig werden ja Väter unter fadenscheinigsten Gründen verurteilt.
ODER ???
(02-05-2012, 20:45)Nappo schrieb: Ich bin mal im Privatklageverfahren angeklagt gewesen und dann hat man meine "Gesprächsprotokolle" nicht anerkannt als einzigen "Beweis". Das war ein LG Verfahren. Nach langem Hin- und Her hat der Richter dann einen Zeugen zugelassen, der dann beim nächsten Termin meine Aussage zu 98% bekräftigte. Dann bin ich vom Richter als auch von den Anwälten (der Gegenseite und meines Eigenen!) zu einem Anerkenntnisurteil regelrecht genötigt worden, was eine Strafe von 1.500 € nach sich zog. Toll was ? Also hatte die Gegenseite gar nichts bewiesen! Es ging um "Schadenersatz und Unterlassung", weil ein Lehrer die Finger nicht von seinen Schützlingen lassen konnte und ich das anzeigte. Der Lehrer arbeitet heute noch und wurde lediglich versetzt. Hat wieder eine 1. Klasse und war um 1.500 € reicher. Die Anzeige wegen "falscher Verdächtgung" gegen mich wurde allerdings von der Staatsanwaltschafft ( hier Strafverfahren) fallen gelassen. Das Privatklageverfahren findet in erster Instanz vor dem Amtsgericht statt!
Oder es lag ein Fall nach § 71 Abs. 2 GVG vor. Dann handelte es sich aber um ein zivilrechtliches Verfahren; nicht um ein Privatklageverfahren!
Nappo schrieb:Wir hatten vor Jahren mal Zoff mit einem Vermieter. Dann kam es zum Verfahren, in dem es hieß, wir könnten unsere Vorwürfe (Heizung ging seit Wochen nicht etc...) nicht beweisen, da wir auch nicht den Vermieter ständig schriftlich benachrichtigt hätten. Also hier ist es wieder : Wir sollten beweisen, obwohl wir angeklagt waren. Also deshalb komme ich damit nicht ganz klar. Mietmängel müssen dem Vermieter angezeigt werden, damit er Gelegenheit hat, den Mangel zu beseitigen. Das ist keine Beweisfrage, sondern eine anspruchsbegründende Voraussetzung für Mietminderungen oder fristlose Kündigungen, wenn der Vermieter den Mangel trotz Kenntnisnahme nicht abstellt.
Nappo schrieb:Nun zur Rechtsbeugung : Ich müsste also dem Amtsrichter gegenüber beweisen, dass Er Rechtsbeugung betrieben hat. Nein: Rechtsbeugung ist kein Privatklagedelikt!
Du musst der StAschaft den Sachverhalt so darlegen und beweisen, dass diese genügend Anhaltspunkte für eine Strafverfolgung sieht.
Danke! Also habe ich gelernt: Ein Privatklageverfahren ist nicht das Gleiche wie ein zivilrechtliches Verfahren. Da muß ich mir wohl noch was anlesen ;-)
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Zur Rechtsbeugung muss nocht erwähnt werden, dass dieser Vorwurf gegen einen Richter derart schwer ist, dass der BGH bereits festgestellt hat ( Wikipedia):
Zitat:Nur der Rechtsbruch als elementarer Verstoß gegen die Rechtspflege solle unter Strafe gestellt sein. Rechtsbeugung begehe ein Amtsträger, der sich bewusst und schwerwiegend von Recht und Gesetz entfernt. Die bloße Unvertretbarkeit einer Entscheidung begründe eine Rechtsbeugung hingegen noch nicht.
Trotzdem gibt es Fälle, wo Richter verurteilt wurden, obwohl immer der Mythos umgeht, dass § 339 StGB nie zur Anwendung käme:
- Einige Fälle sind in Wikipedia aufgelistet
- BGH: Verurteilung eines Zivilrichters am LG Freiburg i.B. wegen Rechtsbeugung rechtskäftig
Zitat:Der Richter hatte privat für einen Bekannten in einem Verfahren einen Befangenheitsantrag verfasst. Gegen die von ihm selbst geschriebene sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung des Abweisungsantrags entschied er dann in seiner Funktion als Richter in der Beschwerdekammer selbst
( Da kann man sehen, dass diese Pinguine in ihrer völlig kontrolllosen Situation den Realitätsbezug verlieren können)
- 19.06.09 BEWÄHRUNGSSTRAFEN - Richter und Ankläger wegen Rechtsbeugung verurteilt
Zitat:Sie [Richter und Ankläger] hatten nach Überzeugung des Gerichts im April 2005 während einer Verhandlung am Amtsgericht Eisenhüttenstadt widerrechtlich drei Haftbefehle beantragt und erlassen.
- Nürtinger Betreuungsrichter zu Haftstrafe verurteilt
Zitat:Sie [16. große Strafkammer des Landgerichts Stuttgart] ist zu der Überzeugung gelangt, dass der voll schuldfähige Angeklagte im Zeitraum von März 2003 bis November 2006 ohne eine persönliche Anhörung der in einem Heim untergebrachten, betreuungsbedürftigen Personen durchgeführt oder sich einen unmittelbaren Eindruck von den Betroffenen verschafft zu haben, freiheitsentziehende Maßnahmen, wie die Anbringung von Bettgittern und Fixierungen, genehmigte.
Die Fälle haben wenig gemeinsam. Und es ist auch schwierig diese Fälle von anderen zu unterscheiden, in denen zwar Recht auf krasse Weise falsch angewandt wurde, aber keine Rechtsbeugung festgestellt wurde. Beispielsweise wurde der Fall Schill vom BGH wieder aufgehoben, weil "das Landgericht nicht hinreichend dargelegt habe, dass die zögerliche Weiterleitung der Beschwerde, die innerhalb eines objektiv vertretbaren Zeitraums erfolgt sei, aus sachfremden Erwägungen erfolgte".
Im Fall Görgülü hingegen lagen alle Voraussetzungen der Strafbarkeit von drei Richtern des Oberlandesgerichts Naumburg vor. Letztlich hatten die Richter aber in "geheimer" Beratung entschieden und die zuständige Staatsanwaltschaft argumentierte, dass möglicherweise ein Richter gegen die strittige Entscheidung votiert haben könnte und man nicht wüsste, wer das sei. Hier galt dann wieder "Im Zweifel für die Angeklagten".
Schwierig wird die Angelegenheit dann, wenn "Rechtsbeugung" offensichtlich zu politischen Zwecken missbraucht wird, um einen unliebsamen Untersuchungsrichter loszuwerden.
Logisch betrachtet muss sich die Justiz in Fällen der Rechtsbeugung selber strafen - und das machen die nicht gerne. Das ist so vergleichbar einem psychisch Kranken, der sich selbst heilen soll. Staatsrechtlich sollte die Justiz (Judikative) von Exekutive und Legislative kontrolliert werden - das funktioniert umgekehrt zwar wunderbar, jedoch mit der Kontrolle der Justiz tun sich alle schwer. Dabei wäre es einfach in begründeten Fällen, unabhängige Untersuchungsausschüsse einzurichten, die fragliche Vorgänge unter die Lupe nehmen.
Zurück zur Eingangsfrage, ob ein Strafrichter, der die Fakten nicht vollständig erörtert, und dennoch eine Strafe gemäss §170 STGB ausspricht, sich selbst strafbar der Rechtsbeugung macht, hängt dann wohl davon ab, ob er vorsätzlich handelt, um dem Delinquenten ein auszuwischen. Das kann man wohl in den meisten Fällen bejahen - nur fällt diese Form von Vater-Bashing soweit unter die gängige political correctness, dass man Zweifeln darf, ob es hier bei Anzeige gegen den Richter zu mehr als einem müden Lächeln der Justiziare kommt. Schlimmstenfalls riskiert man noch eine Gegenanzeige wegen irgeneines Kleindelikts, wie Beleidigung.
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sehr lesenswerter Beitrag!
(03-05-2012, 20:21)Petrus schrieb: Logisch betrachtet muss sich die Justiz in Fällen der Rechtsbeugung selber strafen - und das machen die nicht gerne. natürlich nicht.
Auch in Arzthaftungsprozessen kann man immer wieder feststellen, das die Ärzteschaft sich nur ungern ggseitig belastet.
Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, sagt man.
Allerdings geht die Staatsanwaltschaft schon -dass ist in der Tat verblüffend- gg die Justiz vor.
Rechtsanwälte und Notare hat es schon sehr oft getroffen.
Beim 339 liegt es in der Natur der Sache, warum nur relativ wenige Anzeigen zu Ermittlungen führen: sie werden in der Regel vvh so unsubstantiiert eingereicht, dass man Zweifel an der Tatbestandsverwirklichung haben muss, anstatt Ermittlungen aufzunehmen.
Petrus schrieb:Schlimmstenfalls riskiert man noch eine Gegenanzeige wegen irgeneines Kleindelikts, wie Beleidigung. Nicht, wenn man sachgerecht vorgetragen hat.
Und wenn: was kümmert es die Deutsche Eiche ....
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Wenn man sich das anguckt, kann man schon ein bischen Angst bekommen:
Korrupte BRD-Justiz - Eine ehemalige Kriminaloberkomissarin berichtet
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