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Das Geld reicht immer weniger. Rasend schnell wächst die Gruppe der Geringverdiener, die Kindesunterhaltssätze in ihrem einzigartigen Höhenflug bei gleichzeitiger Weigerung, den Pflichtigen mitbetreuen zu lassen schaffen immer mehr Mangelfälle.
In den Gerichten scheinen Richter in alle möglichen Richtungen zu taumeln. Noch nie zuvor gab es in so kurzer Zeit so viele Entscheidungen von Oberlandesgerichten, die sich komplett widersprechen. Sogar dasselbe OLG wirft eigene Entscheidungen vollständig um.
Beispiele:
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.08.2008, Az. 2 UF 31/08: "Beim Unterhalt für ein minderjähriges Kind ist die Annäherung an den sozialhilferechtlichen Mindestbedarf zumutbar." Mit anderen Worten, der Selbstbehalt von 900 EUR ist abgeschafft. http://www.jurion.de/login/login.jsp?goT...d=1-285162
OLG Celle, Urteil vom 1. 2. 2008 - 21 UF 195/07: "Keine Differenzierung bei notwendigem Selbstbehalt nach Erwerbslosigkeit oder Erwerbstätigkeit des Unterhaltsschuldners". Selbstbehalt ist immer gleich, egal ob Rentner oder Arbeitsloser oder Arbeitnehmer.
Nochmal OLG Karlsruhe (BeckRS 2006, 15156): Der Selbstbehalt sei in der Regel mit 1000 Euro zu bemessen.
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29-08-2008, 22:11
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 29-08-2008, 22:13 von Webworker.)
Wenn man sich die Chronologie der Urteile ansieht muss man doch vermuten, dass es "besser" wird, nicht?
Das quasi "Abschaffen des Selbstbehaltes" ist sicherlich die Reaktion auf die Teuerungen der letzten Zeit
Also es kann doch jetzt wirklich niemand mehr glauben, dass in irgendeiner Weise etwas besser wird, oder?
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Hi!
Dem Karlruher Beschluss liegt aber doch der Sachvehalt zugrunde, dass der zu Unterhalt Verpflichtete in neuer Ehe (Bedarfsgemeinschaft) lebt!?
Wenn dem so ist, wo ist dann das Überraschungsmoment?
Der Verpflichtete spart an Miete und etlichen anderen Kosten, die er hätte, wenn dieser einen eigenen Haushalt führen müsste.
Legt man die 900€ SB zugrunde sind diese ohnehin ein schlechter Witz, wenn man - wie ich - in einer Metropolregieon lebt und die Mietenspiegel eine deutliche Sprache sprechen.
Da bleibt mir eine Wohnung in einem der Elendsquartiere, in denen ich fortan den Umgang mit unserem Kind fröhnen darf.
Ich bin mal gespannt ob da die Richterin ein Einsehen hat und meinen SB "angemessen" anhebt.
Kleiner Scherz!
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(31-08-2008, 21:37)Bluter schrieb: Dem Karlruher Beschluss liegt aber doch der Sachvehalt zugrunde, dass der zu Unterhalt Verpflichtete in neuer Ehe (Bedarfsgemeinschaft) lebt!?
Wenn dem so ist, wo ist dann das Überraschungsmoment?
Der Verpflichtete spart an Miete und etlichen anderen Kosten, die er hätte, wenn dieser einen eigenen Haushalt führen müsste.
Das OLG Frankfurt entschied in Az 2 UF 13/05 am 13.07.2005 aber ganz anders und lehnte eine Selbstbehaltsreduktion ab. Allgemeine Rechtssprechung ist es auch, eine billige Miete dürfe den Selbstbehalt nicht reduzieren, es ist Sache des Unterhaltspflichtigen, welchen Anteil seines lächerlich geringen Restgeldes er für Miete und welchen er für anderes ausgibt. Wenn er in einem Keller-Wohnklo lebt und sich dafür einmal die Woche eine Tasse Kaffee extra leistet - seine Sache. Alles andere wäre auch so absurd, dass selbst unseren unlogischen, ungewählten, vollgefressenen Beamtenrichtern ein Zweifelhauch kommen könnte.
Wenn man den Selbstbehalt auf individueller Kostenbasis festlegt, müsste der Pflichtige jedes Jahr eine komplette Quittungssammlung über alles Ausgaben bis hin zum letzten Kaugummi vorlegen, um zu sehen wo er was gespart hat. Sonderangebot im Supermarkt eingekauft? -> Niedrigerer Selbstbehalt, höherer Unterhalt. Öfters im Auto geschlafen, weil das Benzin nicht für die Heimfahrt reichte? -> Nebenkostenersparnis, höherer Unterhalt.
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Nun geht es ja letztlich um KU und das deutsche Gerichte hier wenig Humor beweisen ist hinlänglich bekannt!?
Deinem ersten Absatz ist nicht zu widersprechen, aber...
um in der neuen Bedarfsgemeinschaft auf 400€ herunter gerechnet zu werden bedarf es - bei einem Kind - eines bereinigten Netto-Einkommens von 688€ (DDT2008, EkSt.1, 12-17J.).
Bei zwei Kindern 976€ und bei drei Kids immerhin 1264€, im ungünstigsten Fall.
Das wird wohl nicht viele Zahlväter treffen, die ich ob ihrer Situation selbstverständlich bedaure.
Nach dem Urteil des OLG Celle werde ich nochmal fahnden, weil das nach deiner Darstellung an den eigenen Leitlinien weit vorbei geht.
In denen steht geschrieben:
21.2 Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach § 1603 II 2 BGB gleich-
gestellten Kindern gilt im Allgemeinen der notwendige Selbstbehalt als unterste Grenze der
Inanspruchnahme.
Er beträgt beim Erwerbstätigen 900 € und kann bei einem nichterwerbstätigen Unterhalts-
pflichtigen auf bis 770 € herabgesetzt werden.
Aber das gilt eben nur, wenn diese einen eigenen Haustand haben.
Ich denke auch, dass wir wohl eine ganze Reihe von Urteilen und Beschlüssen der vergangenen Jahre ausblenden sollten, weil die mit der Gegenwart und Zukunft nichts mehr zu tun haben und werden.
Tschüß
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Moin,
das Urteil, des OLG Celle ist aktueller als seine Leitlinien, welche denen anderer OLGs und der DDT nahe kommen.
Insoweit war das gefällte Urteil, des 21. Zivilsenats ein mutiger Vorstoß, in eine eindeutig richtige Richtung.
Ich halte die Hinweise, auf die Anreize zur Arbeitsaufnahme und die pauschale Berücksichtigung von Bewerbungskosten, für angemessen.
Ich hatte von diesem Urteil bisher nichts mitbekommen und würde mich freuen, wenn Arbeit Suchende und zu Unterhalt Verpflichtete bereits erstinstanzlich nicht als pauschal unwillig abgestempelt würden.
Es hätte, nach meiner Auffassung und diesem Urteil, eine entsprechende Neufassung der Leitlinien geben müssen, da der 21.Zivilsenat in seinem Urteil angekündigt hatte, fortan von einem SB i.H.v. 900€ auszugehen.
Danke, p.
Das war sehr aufschlussreich!
Tschüß
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01-09-2008, 20:25
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01-09-2008, 20:55 von borni.)
Das Urteil steht im Widerspruch zur BGH-Entscheidung vom 9.1.2008 XII ZR 170/05:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bi...68&anz=298
Der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen kann ... jedoch bis auf sein Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen herabgesetzt werden. ...
Zu Recht gehen die Leitlinien der Oberlandesgerichte (FamRZ 2007, 1373 ff. jeweils unter Ziffer 21.2) weiter davon aus, dass zusätzlich zwischen dem notwendigen Selbstbehalt eines erwerbstätigen Unterhaltsschuldners und demjenigen eines nicht erwerbstätigen Unterhaltsschuldners zu differenzieren ist. Insoweit weist die Revision zutreffend darauf hin, dass ein nicht erwerbstäti-ger Unterhaltsschuldner regelmäßig mehr Zeit zur Verfügung hat, seine Ausga-ben durch sparsame Lebensführung zu reduzieren. Daneben dient ein so diffe-renzierter Selbstbehalt auch dem gebotenen Erwerbsanreiz für den Unterhalts-schuldner, wie es beim Ehegattenunterhalt schon bei der Bemessung des Un-terhaltsbedarfs durch Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus der Fall ist (vgl. Klinkhammer FamRZ 2007, 85, 92).
b) Diese gesetzlichen Vorgaben hat das Berufungsgericht bei der Be-messung des Selbstbehalts verkannt.
Nach den eigenen Leitlinien des Berufungsgerichts wäre der notwendige Selbstbehalt des Beklagten während dessen Arbeitslosigkeit für die Zeit bis ein-schließlich Juni 2005 mit 730 € (FamRZ 2003, 910, 912) und für die Zeit ab Juli 2005 mit 770 € (FamRZ 2005, 1376, 1379) zu bemessen gewesen. Stattdessen hat es den nach seinen Leitlinien einem erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen regelmäßig zu belassenden notwendigen Selbstbehalt von 840 € (bis Juni 2005) bzw. 890 € (ab Juli 2005) zugrunde gelegt.
Wie im 19. Jahrhundert. Jeder Richter entscheidet, wie er denkt.
Habe die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die du nicht ändern kannst.
Habe den Mut, Dinge zu ändern, die du ändern kannst,
und habe die Weisheit, das Eine von dem Anderen zu unterscheiden.
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...aber auch in diesem Fall gilt:
Zitat:34 cc) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine Herab-
setzung des notwendigen Selbstbehalts bis auf den notwendigen Lebensbedarf
nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen in Betracht kommt, wenn der Unter-
haltspflichtige in einer neuen Lebensgemeinschaft wohnt, dadurch Kosten für
die Wohnung oder die allgemeine Lebensführung erspart und sich deswegen
auch sozialhilferechtlich auf einen - im Rahmen seiner Bedarfsgemeinschaft -
geringeren Bedarf verweisen lassen muss.
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bi...68&anz=298
Tschö
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Naja, das Urteil ist nur noch mehr Gebrüll im Chaos der Widersprüche. Gerade dieses BGH-Urteil ist ganz schlechte handwerkliche Arbeit, das geradezu nach dem BVerfG schreit.
Die verschieden hohe Selbstbehalte werden mit einem Erwerbsanreiz begründet, aber gleichzeitig wird bedarfsorientiert argumentiert. Das ist ein krasser Widerspruch. Bei der Reduktion komm der BGH nämlich plötzlich selber mit Ersparnissen und Bedarfsorientiertheit.
Die Begründung für die Herabsetzung auf das sozialrechtliche Minimum ist grottenschlecht und bei näherer Prüfung unrichtig. Das blosse Behaupten einer Ersparnis genügt eben nicht und die unglaubliche Arroganz der BHG-Richterinnen in dem "Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest" ohne eine tatsächliche Begründung spricht für sich und macht das ganze Urteil lächerlich. Angebliche Synergieeffekte betreffen alle Lebensbereiche, nicht nur neue Partnerschaften. Wieso werden dann ausgerechnet Partnerschaften bestraft? Ein Fall fürs BVerfG, das zu prüfen hätte ob der Gleichheitsgrundsatz verletzt wird.
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