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Vater werden ist nicht schwer, Vater sein...
#5
Meine Eltern hausten zunächst, auch nach der Geburt ihres Kindes, in einer winzigen 2-Zimmerwohnung im Elternhaus meines Vaters.
Oma passte auf den Säugling auf und die Eltern gingen ihren Berufen nach. Da mein Vater im Großhandel nur bescheiden verdiente, wechselte er in die Dienstleistungsbranche, zunächst in der Getränkezustellung, dann, weil das körperlich sehr anstrengend war, ins Versicherungswesen. Er hatte mitbekommen, wie man als Vermittler nach dem Abschluß eines Vertrags über eine Lebensversicherung wenigstens zwei Monate lang finanziell sorgenfrei leben konnte. Und das bei einem Aufwand von wenigen Stunden.

Mein Vater war schnell sehr erfolgreich in dem Gewerbe, gab das Geld, was er verdiente, aber auch sofort wieder aus und hielt oft auch seine Kumpels mit aus. Er führte ein rastloses (Nacht) Leben und lebte in der Ehe alles andere als monogam.
Als Konsequenz ging die Ehe wenige Jahre nach der Geburt des 2. Kindes in die Brüche. Das war Ende der sechziger Jahre. Der Richter urteilte salomonisch. Ein Kind zum Vater, eines zur Mutter. Unterhalt für die Mutter gab es nicht. Nur für das Kind.

In der Folge hatten dann aber beide Eltern Probleme, sowohl ihren Broterwerb als auch die Kinderbetreuung sicher zu stellen. Sie beschlossen daher, es noch einmal miteinander zu versuchen. Neu anfangen, irgendwo in der Provinz, wo sie keiner kannte.
Dann kam ich auf die Welt. Im Prinzip änderte sich aber nichts an der Lebenseinstellung meiner Eltern, es gab weiterhin finanzielle und
zwischenmenschlich tiefgreifende Probleme. Mitte der siebziger Jahre geriet meine Mutter an Leute, welche sehr vehement für Frauenrechte und Selbstverwirklichung eintraten. Sie bearbeiteten meine Mutter dahingehend, ihren Gatten zu entsorgen, man habe heute kein Patriarchat mehr nötig und die Problematik der Kinderbetreuung hatte sich durch den stetigen Ausbau von Kindergärten und anderen Goodies der SPD-Regierung mittlerweile entschärft.

So kam mein Vater eines schönen Tages von einem Kundentermin wieder und fand vor der Haustür zwei seiner Koffer und ein
ausgewechseltes Haustürschloss vor. Den Sommer dieses Jahres wohnte er dann auf einem Campingplatz.

Das alles kam für meinen Vater sehr plötzlich und noch bevor er realisierte, was da gerade passiert war, überrollten ihn die
Mühlen der Behörden. Er sah sich nun als Selbstständer auch noch exorbitant hohen Unterhaltsforderungen gegenüber und verfiel darauf hin erst einmal in einen lethargischen Zustand und sein ohnehin nicht geringer Alkoholkonsum stieg drastisch.

Das mein Vater plötzlich nicht mehr Teil der Familie war, wurde mir als fünfjähriger Rotznase mit dem Satz vermittelt:
"Deinen Vater will ich hier nicht mehr sehen!". Teileweise verstehen konnte ich das schon. Er war ja nicht gerade
ein Gentlemen zu meiner Mutter gewesen. Für mich war es eben nur alles ein bisschen schnell gegangen.

Als er uns Kinder mal über das Wochenende abholen wollte, zischte meine Mutter, als sie seinen PKW von Weitem herannahen sah:
"Alle runter auf den Boden, der Alte kommt!". Sie inszenierte ein absolutes Bedrohungsszenario. Dann liess sie im ganzen Haus die Jalousinen herunter und wir Kinder hatten auf sein dann folgendes Rufen, Klingeln oder Klopfen in keinster Weise zu reagieren. Ich meine, das wir sehr lange recht ängstlich so im Dunkeln verharrten.
Diese paramilitärische Übung ist mir auch nach über 35 Jahren immer noch stark im Gedächtnis geblieben.
"Du Mama. Wenn Papa tot ist kauf ich mir meinen eigenen Ponyhof!" - CosmosDirect Lebensversicherung, 2007

Quelle: http://de.wikiquote.org/wiki/Vater
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RE: Vater werden ist nicht schwer, Vater sein... - von Sixteen Tons - 14-02-2015, 21:21

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