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Amt+Ex drängt: Vollzeit trotz >Mindestunterhalt?
#33
Es scheint in der Rechtspraxis leider nicht so klar zu sein. Ich habe mir nun das "Standardwerk" des Unterhaltsrecht in Deutschland zugelegt, den "Wendl" , genauer "Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis - Die neueste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und die Leitlinien der Oberlandesgerichte zum Unterhaltsrecht und zum Verfahren in Unterhaltsprozessen."

Angeblich dient dieses als Leitfaden in den Gerichten und wird daher auch von Anwälten zuraten gezogen. Es handelt sich mehr um einen Rechtskommentar der systematisch verschiedene Fragen des Unterhaltsrechts betrachtet, teils mit erkennbar subjektiver Wertung der Autoren. Dort heißt es unter anderem, Zitat:

"Bei entsprechenden Erwerbschancen kann dem Schuldner auch ein Einkommen fiktiv zugerechnet werden, das über der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle liegt. Dies ist auch Praxis des BGH. Die Auffassung des OLG Karlsruhe aufgrund fiktiven Einkommens könne nur der Mindestunterhalt nach der Tabelle zugesprochen werden, ist abzulehnen. Dem Kind sollten prinzipiell die vollen möglichen Lebensumstände des Unterhaltspflichtigen zuteil werden."

Auf mehreren Seiten verteilt werden dann Überlegungen hierzu angestellt. Es bestätigt sich was mein Rechtsbeistand bereits feststellte: wäre ich erst in der Beziehung von Vollzeit auf Teilzeit gegangen, so gibt es eine Reihe von Präzedenzfällen, welche nach der Trennung zur erneuten Vollzeit verpflichten - um möglichst viel Unterhalt leisten zu können. Auch eine Absenkung der Arbeitszeit NACH der Trennung oder unbegründeter Wechsel in eine schlechter bezahlte Tätigkeit soll damit zu fiktivem Einkommen führen, trotzdem noch immer mehr als der Mindestunterhalt geleistet wird.

Die Autoren urteilen aber gnädig, dass eine bereits in der Beziehung dauerhafte bestehende unter den eigenen Möglichkeiten liegende Einkommenslage auch nach der Trennung akzeptabel ist, sofern der Mindestunterhalt gesichert ist. Letzteres trifft bei mir zu. Ich danke also den Autoren, dass dies ihren persönlichen Moralvorstellungen entspricht, an denen sich die Gerichte orientieren.

Andererseits ist es natürlich eine ganz erhebliche Einschränkung der persönlichen Freiheiten, jemanden zur Vollzeit in einem Job "verpflichten" zu können (trotz Mindestunterhalt oder mehr in Teilzeit) oder den Wechsel in eine interessantere/erfüllendere Tätigkeit "verbieten" zu können, um den Unterhalt zu maximieren.


Und natürlich ist es frustrierend eine heterogene Rechgspraxis an verschiedenen OLG vorzufinden. Als Bürger in einem schriftbesessenen durchkodifiziertem Rechtsstaat sollte man annehmen hier auf klare gesetzliche Regeln bauen zu können.
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RE: Amt+Ex drängt: Vollzeit trotz >Mindestunterhalt? - von teilzeitdad - 04-02-2024, 14:37

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