14-08-2024, 15:00
(14-08-2024, 10:21)Nappo schrieb: @Gast1969 : Also das JC hat die Aufstockung verweigert, weil Du nach 850d gepfändet wurdest? Hat man da eine Rechtsgrundlage genannt? Das ist krass. Vielleicht meldet sich hier noch ein SGB-Spezie. Das hätte ich gerne aufgeklärt...
Das Bundessozialgericht hat mal entschieden, dass Zahlungen auf Unterhaltsschulden (auch per Pfändung) bei der Bemessung des auf SGBII Leistungen anrechenbaren Einkommens
nicht berücksichtigungsfähig sind. In dem Urteils steht in Randziffer 25:
Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag" und bezieht sich auf den einleitenden Satzteil "Vom Einkommen sind abzusetzen". Dem LSG ist zuzubilligen, dass dem Wortlaut der Norm nicht entnommen werden kann, ob es sich um laufende Unterhaltsverpflichtungen handeln muss oder ggf auch Schulden für die Vergangenheit umfasst sein können. Entscheidend ist jedoch, und darüber geht das LSG hinweg, dass nach dem Wortlaut nur Aufwendungen bis zur Höhe des in einem Unterhaltstitel festgelegten Betrags abgesetzt werden können, nicht aber darüber hinausgehende, nicht titulierte Beträge (BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 78/10 RBSGE 107, 106SozR 4-4200 § 11 Nr 35). Dem vom LSG festgestellten Unterhaltstitel entsprechen nur die vom Kläger erbrachten Aufwendungen für die - laufenden - Unterhaltszahlungen in Höhe von 269 Euro, die auch als Absetzbetrag bei der Ermittlung des Einkommens berücksichtigt wurden. Die vom Kläger begehrte und vom LSG bejahte Absetzung seiner Zahlungen von weiteren 150 Euro für Unterhaltsrückstände geht gerade über diesen titulierten Betrag pro Monat hinaus.
Anmerkung von mir:
Man bekommt also als SGBII Aufstocker nur die aktuell laufenden Titelbeträge aufgestockt, keine Aufstockung von Zahlungen auf Unterhaltsrückstände aus der Vergangenheit.
Noch ein paar andere Begründungen:
Rz. 28
Aus der Vorschrift des § 170 Strafgesetzbuch (StGB) über die Strafbarkeit bei einer Verletzung der Unterhaltspflicht folgt nichts Anderes, weil diese voraussetzt, dass der Betreffende "sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht" und auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit erfüllt ist (Fischer, StGB, 60. Aufl 2013, § 170 RdNr 8 ff). Dass eine Person, die neben ihrem Erwerbseinkommen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als sog Aufstocker erhält, diese Tatbestandsmerkmale erfüllt, ist von weiteren Voraussetzungen abhängig, nicht aber die automatische Folge einer Nichtzahlung auf Unterhaltsrückstände, wenn die laufenden Unterhaltspflichten erfüllt werden.
Anmerkung von mir: SGB II Aufstocker sind per Definition des BSG "Nicht leistungsfähig" (ansonsten benötigt es "weitere Voraussetzungen") und damit nicht per se Unterhaltspflichtverletzer! Damit argumentiert das BSG, das dem Unterhaltsschuldner strafrechtlich erstmal nichts passieren wird und eine Anrechnung der Zahlungen auf Unterhaltsschulden kann unterbleiben.
Rz. 29
Die Regelung des § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB II aF trägt im Übrigen durch ihre Bezugnahme auf den in dem Unterhaltstitel festgelegten Betrag auch Gründen der Verwaltungspraktikabilität Rechnung, weil durch die Vorlage des Titels und des Nachweises der Zahlung der Absetzbetrag relativ einfach zu bestimmen ist (BSG vom 9.11.2010 - B 4 AS 78/10 R - BSGE 107, 106 = SozR 4-4200 § 11 Nr 35, RdNr 16). Dies ist aber nicht mehr der Fall, wenn über den titulierten Betrag hinausgehende Zahlungen auf Unterhaltsrückstände als Abzugsbetrag berücksichtigt werden, wie es nach der Entscheidung des LSG der Fall wäre.
Anmerkung von mir: Die Behörden wollen es sich einfach machen und nur die Zahl aus dem Titel in ihre EDV reinschreiben.
Hier noch der Beschluß.
B 14 AS 53/12 R | Sozialgerichtsbarkeit Bundesrepublik Deutschland
Az.: B 14 AS 53/12 R v. 20.02.2024
Wir haben das damals auch hier im Forum diskutiert.
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Quelle: http://de.wikiquote.org/wiki/Vater
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