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BGH IX ZB 163/09: Keine Restschuldbefreiung für verletzte Unterhaltspflichten
#8
(23-10-2010, 12:51)p schrieb: §170 StGB erfordert keinen Vorsatz im Sinne der späteren versagten Restschuldbefreiung und bedingt auch keinen. Es wurden Leute genauso verurteilt, die nachweislich im Glauben waren, richtig zu handeln: 900 EUR verdient, ist ja der Selbstbehalt, und trotzdem verurteilt. Dann kommt der fette Richter und trompetet was vom "letzten Hemd", das mit dem armen Kindelein zu teilen wäre. Sankt Martin in der Justiz. §823 BGB ist der generelle Schadenersatzparagraf: Wer was kaputtmacht, muss es ersetzen, einfach gesagt.
Bei 170 StGB geht es um die "Leistungsfähigkeit".
Wer nicht leistungsfähig ist, kann nach 170 StGB nur verurteilt werden, wenn er
a) schuldhaft seine Leistungsunfähigkeit herbeigeführt hat oder
b) es schuldhaft unterlassen hat, sie abzuwenden!

Das hatte der Strafrichter vorliegend -unwidersprochen- festgestellt.
Danach liegt eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und schuldhafte Unterhaltspflichtverletzung vor, die nach geltendem Recht bestraft wird (ob uns das gefällt oder nicht).
Und um wegen § 170 StGB bestraft werden zu können, bedarf es Vorsatz (Eventualvorsatz genügt). Auch den hatte der Strafrichter -unwidersprochen- festgestellt.

Das Verschulden in § 823 Abs. 2 BGB bezieht sich auf die Verletzung des Schutzgesetzes! Grundsätzlich ist der subj. Tatbestand (dort wird ganz überwiegend der Vorsatz geprüft) des SchutzGesetzes auch für die Schadensersatzpflicht gem. Abs. 2 maßgeblich. Ist Vorsatz zur Strafbarkeit beim Schutzgesetz nicht erforderlich, gilt der Verschuldensbegriff des BGB, (§ 823 Abs. 2 S.2 BGB).

Vom Insolvenzrecht (Restschuldbefreiung) sind alle Forderungen ausgenommen, die aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung, § 823 BGB resultieren.
Soweit sind wir uns sicher einig!

p schrieb:Der Eventualvorsatz hilft hier nicht weiter. Dieser Begriff ist eine typische Juristenidee, in einfach alles hineingeworfen wird, was man gerne bestrafen möchte aber eben kein tatsächlicher Vorsatz für die Tat bestand. Du wirst ja wahrscheinlich die vielfältigen Konstruktionen kennen, mit denen man das hinbiegt, Möglichkeitstheorie, Wahrscheinlichkeitstheorie, Gleichgültigkeitstheorie, Vermeidungstheorie und so weiter. Mit dem Insolvenzrecht hat das nichts zu tun.
Leider doch!
Der (bedingte-) Vorsatz hat schon seine Berechtigung!
Um diese zu verstehen, empfehle ich immer gerne "Jescheck (Strafrecht AT, Lehrbuch).
Die von Dir aufgezählten Theorien sollen die oftmals schwierige Abgrenzung vom bedingten Vorsatz zur groben Fahrlässigkeit ermöglichen helfen.
Grundsätzlich bedeutet Vorsatz das "Wissen und Wollen" der Verwirklichung eines Tatbestands.
Beim Eventualvorsatz reicht es aus, wenn der Täter um die Tatbestandserfüllung weiß (oder zumindest wissen musste) und hinsichtlich seines Wollens gleichgültig ist ("na wenn schon" oder "vielleicht gehts ja gut").

Dieser Vorsatz ist auch für § 823 BGB erforderlich. Er muss sich auch auf die Rechtswidrigkeit erstrecken, wenn es um Schadensersatz geht.

Dieser Vorsatz muss auch vorliegen, wenn es um die Strafbarkeit nach § 170 StGB geht.

p schrieb:Alle Schulden werden mit Eventualvorsatz gemacht, wenn das ziehen würde, dürfte es niemals eine Restschuldbefreiung geben.
Das stimmt nicht!
Schulden werden oftmals aus Gleichgültigkeit und Fahrlässigkeit heraus gemacht.
In gewerblichen Angelegenheiten entstehen sie oft bei Absatzschwierigkeiten oder sind das Ergebnis von Fehlkalkulationen.
Dann kommt oftmals Eines zum Anderen ....

Die vorsätzlich gemachten Schulden hingegen erfüllen i.d.R. den Tatbestand des Betruges, § 263 StGB oder den der Untreue, § 266 StGB und führen ebenso wenig zu einer Restschuldbefreiung, wie die, die aus einer vorsätzlichen Verletzung des § 823 BGB resultieren.

Der Sinn einer restschuldbefreienden Insolvenz ist ja nicht, "Knackies" zu belohnen, sondern den "redlichen" Verbraucher vor lebenslanger finanzieller Ausweglosigkeit zu bewahren!

Ibykus

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RE: BGH IX ZB 163/09: Keine Restschuldbefreiung für verletzte Unterhaltspflichten - von Ibykus - 23-10-2010, 17:03

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