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Rechtliche vs. biologische Vaterschaft im Ausland
#1
Auch beim Abstammungsrecht gibt es extreme nationale Unterschiede mit praktisch allen Variationen.

Das deutsche Recht dürfte im Forum im Groben bekannt sein. Der Vater in der Ehe ist automatisch der Ehemann. Grundsätzlich kann Vaterschaft vom rechtlichen Vater mit einer Frist von zwei Jahren angefochten werden, wenn er von Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen. Der biologische Vater hat sehr viel weniger Rechte, die Vaterschaft eines rechtlichen Vaters anzufechten, selbst eine Behörde kann die Vaterschaft manchmal leichter anfechten.

Ein interessantes Detail ist das Kind, das ebenfalls anfechtungsberechtigt ist, ab Volljährigkeit sogar schrankenlos. Das Kind kann also langjährig Unterhalt kassieren und später nach Belieben trotzdem auf den biologischen Vater umsteigen, selbst wenn der schon tot ist. Dann wird auch mal exhumiert. §1600d Abs. 5 BGB schliesst die Anfechtung bei künstlicher Befruchtung durch Vater oder Mutter aus, nicht aber durch das Kind. Solche Kinder können ab Volljährigkeit den Samenspender als rechtlichen Vater feststellen lassen. Der darf nach deutschem Recht nicht anonym sein.

Ein unrühmliches Kapitel war auch die zwangsweise "Entvaterung" durch Wegadoption gegen den Willen des tatsächlichen Vaters. Erst 1995 erklärt das BVerfG dies für nicht verfassungsgemäss und erst vor wenigen Jahren beseitigte der europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Reste dieser unseligen Tradition anhand des Falls Görgülü. Ebenso unrühmlich war die Nichtverwandtschaft des Vaters ohne Trauschein mit seinem Kind, die erst 1969 erste Risse bekam.

Unter Druck geraten sind die Länder, die dem biologischen Vater nach wie vor jedes Anfechtungsrecht verweigern. Dazu gehörten letztes Jahr noch Österreich, Niederlande und Schweden. Nicht viel besser sind die Länder, die bei einem ehelichen Kind keine Anfechtung erlauben, aber bei der Vaterschaftsanerkennung eines Anderen: Portugal, Schweiz, Italien. Auch diese Rechtsposition gerät unter Druck.

Ähnlich der deutschen Situation geht es in Belgien zu, das dem biologischen Vater ein Jahr lang ein Anfechtungrecht einräumt, aber nicht gilt, wenn eine soziale Beziehung zwischen Putativvater und Kind herrscht, ähnlich Spanien, das aufgrund einer erfolgreichen Verfassungsklage eben alles reformiert. Der Mann, der mit dem Kind zusammenlebt hat also den Statusbesitz der Vaterschaft. Erst wenn er sich trennt, kann der biologische Vater anfechten. Und nach fünf Jahren Statusbesitz ist die Anfechtung sogar grundsätzlich und endgültig ausgeschlossen. Wusste er nichts vom Kuckuckskind, hat er nach fünf Jahren ebenso Pech gehabt.

Immer mehr Länder erlauben ein unbeschränktes Anfechtungsrecht. Die Fristen dafür liegen aber unterschiedlich. In Slowenien ein Jahr, Griechenland zwei Jahre, in Frankreich nach einer Reform 2005 sind es fünf Jahre (Art. 333 Abs. 2 Code Civil), manchmal zehn Jahre. Russland und Norwegen kennen überhaupt keine Frist. England hat ein komplett anderes System, Verschaftsanerkennungen gibt es nicht, der Vater ist der Mann, der das Kind gezeugt hat. Im Zweifel gibts ein Abstammungsgutachten. Zweifelt keiner, führt das anhaltende Behandeln des Kindes als eigenes Kind zu einer Sorge- und Unterhaltspflicht.
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Rechtliche vs. biologische Vaterschaft im Ausland - von p__ - 09-01-2011, 23:08

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