21-01-2012, 22:18
(21-01-2012, 20:52)Exilierter schrieb: War doch mehr ein SpaesschenGanz meinerseits. Doch, Spässchen muss sein. Also meine erste Verhandlung war bisher schon einer der Höhepunkte in meinem Zahlvater-Dasein.
In der Kurzfassung (ohne dass ich die wörtliche Übereinstimmung mit dem protokollierten, mir nicht bekannten, bei dem Gericht archivierten, offiziellen Sitzungsprotokoll zusichern könnte):
Mit Aufruf begab ich mich auf den vorgesehenen Platz. Gegenüber nahm der Staatsanwalt Platz. Im für die Öffentlichkeit vorgesehenen Bereich hatten einige Bekannte und mein Kind sowie 2-3 nicht näher identifizierte Staatslehrlinge Platz genommen. Die Hauptzeugin musste draussen warten, äh sitzen bleiben. Es war ein sehr heißer Sommertag und vom Gerichtssaal aus hatte man direkte Aussicht auf den Gefängnisinnenhof, wo einige Häftlinge beim Sport waren oder sich mit nacktem Oberkörper sonnten.
Der Richter kam rein und eröffnete die Veranstaltung.
Er befragte mich zu meinen Personalien.
Richter: Welchem Beruf gehen Sie derzeit nach?
Ich: Väterfreiheitskämpfer
(ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube mich an Veränderungen in den Gesichtszügen von Richter und Staatsanwalt zu erinnern)
Richter: Na gut, dann frage ich Sie, welche Berufsabschlüsse Sie haben?
Ich: (beantwortete das selbstverständlich ebenso wahrheitsgemäß)
Sodann erklärte ich mich zur Sache äußern zu wollen und beantragte einen Pflichtverteidiger. Der Richter unterbrach die Verhandlung und zog sich (ich will nicht sagen fluchtartig) in sein Zimmer zurück. Als er zurückkam (ich weiß gar nicht was er dort gemacht hat) verkündete er, dass der Antrag abgelehnt sei, weil das in Aussicht stehende Strafmaß dies nicht rechtfertige. (Das hatte ich mir zwar schon vorher gedacht, aber darum ging es mir ja nicht).
Danach verlas der Staatsanwalt die Anklageschrift. Es gäbe einen Unterhaltstitel und ich hätte bei soundsoviel Einkommen diesen nicht bezahlt, usw. ....
Der Richter wandte sich nun erneut an mich:
Richter: Was sagen Sie zu dem Sachverhalt?
Ich: Ich war nicht leistungsfähig. Also ich hatte Fahrtkosten von .... zur Arbeit an x Tagen mal x Kilometer mal x, und ich hatte außerdem .... Euro Umgangskosten. Im übrigen liegt hier eine Verwechselung vor. Wenn Sie das angebliche Einkommen mit den regelmäßigen Zahlungseingängen auf den Bankdokumenten vergleichen, drängt sich mir der Eindruck auf, dass hier brutto mit netto vertauscht wurde.
(erneut glaube ich mich in dieser Situation an Veränderungen in den Gesichtszügen von Richter und mehr noch des Staatsanwaltes im unteren Gesichtsbereich erinnern zu können)
Der Staatsanwalt versuchte noch irgendwas mit "Auto bei der Steuer absetzen" oder so in deutlich weniger sebstbewußtem Ton zu sagen, aber im wesentlichen war damit die Veranstaltung gelaufen....
Der Richter fragte mich: Wie ist es denn heute?
Ich: Ich kann nach §11 .... Nr 7 SGBII den Kindesunterhalt von meinem niedrigen Einkommen absetzen und aufstockend dann wieder mehr kriegen.....
Da wollte der Richter das alles nur noch zu Ende bringen. Zum Abschluß bat der Richter die Hauptzeugin herein, um den Verfahrensstand zu verkünden:
Eingestellt, Kosten zu Lasten der Staatskasse.
Die Hauptzeugin begann daraufhin in einer der Würde eines deutschen Gerichts nicht angemessenen Form auf den Richter einzureden.....
Dies habe ich nicht mehr vollständig mitgekommen, weil ich da schon wieder zu meinem Kind unterwegs war, um den gemeinsamen Sommertag zu geniesen. Auch wenn es ein wenig Streß war und wir deswegen einen halben Badetag versäumt hatten, so hatte diese Verhandlung doch für mich den unschätzbaren Vorteil, dass mein Kind selbst erleben konnte, wie sich die jahrelangen boshaften Bemerkungen der Kimu in Luft auflösten. Ich betrachte das auch als einen Teil der notwendigen politischen Bildung meines Kindes, zur der sicher auch mal der Besuch eines echten Gerichtsverfahrens gehört.
# Familienrechtslogik: Wer arbeitet, verliert die Kinder. Wer alleinerziehend macht, kriegt alles. Wer Kindeswohl sagt, lügt #