01-03-2013, 10:56
(01-03-2013, 04:38)Clint Eastwood schrieb: Lebt er noch, Dein Vater?
Vielleicht eine Chance, sich auszutauschen..
Leider nein. Er ist vor etwa 9 Jahren im Alter von 61 Jahren verstorben. Da war ich bereits Anfang 30. Die letzten Jahre vor seinem Ableben war er wegen regelmässiger Alkohlexzesse im Krankenhaus und es war oft sehr knapp. Zum Schluß versagte seine Bauchspeicheldrüse, er bekam Zucker, dann Absterben der Nervenenden und letztlich starb er gnädigerweise einen Sekundentod nachts im Bett. Er wog zum Schluß kaum mehr einen Zentner.
Ich hatte mich mit ihm wegen meiner Ehe verkracht, aber 2 Monate vor seinem Tod noch besucht und ausgesöhnt. Darüber bin ich heute dankbar.
Zusammenfassend kann man sagen, das er sich mit Beginn seiner eigenen nachehelichen Auseinandersetzung als Verlierer gesehen hat (wurde vor die Tür gesetzt). Das hat er bis zu seinem Tod nicht
verwunden.
(01-03-2013, 04:38)Clint Eastwood schrieb: Ich kenne ein Beispiel, wo ein 12-Jähriger keinen Bock auf Mama mehr hatte und zum Vater gezogen ist.
Das ist aber wohl die absolute Ausnahme.
Kennt jemand mehr davon?
Ich bin mit 15 zu meinem Vater gezogen. Wir hatten damals
ein sehr herzliches Verhältnis und meine Mutter liess bei mir dermaßen die Zügel schleifen, das ich eine Karriere als Berufskriminieller hätte beginnen können.
Ich sah die einzige Chance auf Besserung in diesem Umzug für mich.
Nach einem Jahr mußte ich feststellen, das mein Vater an der Flasche hing. Er war streng, forderte viel aber bemühte sich selber kaum. Da sank mein Respekt ihm gegenüber gegen Null.
Seine Beteuerungen, sich zuvor für mich eingesetzt zu haben, stellten sich aus meiner Sicht im Nachhinein als Retourkutsche gegen die Mutter heraus. Es ging nur darum, das ABR zu bekommen und der Mutter eine lange Nase für die erlittene Unbill zu machen. Echtes Interesse an einer Vater-Sohn-Beziehung hatte er scheinbar nicht.
Bis zu meinem Auszug mit Anfang 20 hatten wir oft Streit. Ich besuchte eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Alkohlkranken und spielte mit meiner Stiefmutter das Spiel der Co-Abhängigen.
Nur seiner neuen Ehefrau verdanke ich heute ein Fachabitur und eine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie ist heute mit einem
gebildeten, wohlhabenden und grosszügigen Mann verheiratet, was ich ihr absolut gönne.
Da sich bei meinem Vater damals mit 2. Ehefrau eine weitere Trennung anbahnte, habe ich nach einigen Vermittlungsversuchen
innerlich dichtgemacht. Das hätte mich sonst emotional an den Rand des Wahnsinns gebracht.
Durch das Verhalten meines Vaters damals habe ich mich meiner Mutter wieder angenähert. Sie sagt heute, das ihr bewußt ist, das die Kosten ihrer Ehe zu grossen Teilen zu Lasten der Kinder gingen.
Sie bedaure dies, kann es aber nicht revidieren, zu der betreffenden Zeit fehlte ihr dieses Bewußtsein. Man sei zu sehr mit sich selber beschäftigt gewesen. Damit kann ich zumindest jetzt leben. Mit meinem Vater bin ich soweit im reinen und ich trage ihm nichts nach.
Er hat es eben nicht besser "gekonnt" oder "gewußt". Ich mache ihm das nicht zum Vorwurf.