01-08-2015, 12:20
(31-07-2015, 18:36)Paabel schrieb: Klär mich mal bitte einer auf, was Aufstocker bedeutet?
Was ist die Voraussetzung? Wie wird man das? Was sind Vorteile uns Nachteile?
Moin Paabel.
Die bisherigen Antworten auf Deine Fragen sind teils seltsam, teils unrealistisch.
Meine Antworten in groben Zügen:
Was bedeutet 'Aufstocker'?
'Aufstocker' werden Menschen genannt, die vom Staat zu ihrem Einkommen ergänzende Leistungen erhalten, 'Aufstockung' genannt. 'Aufstocker' sind KEINE Sozialhilfeempfänger!
Was ist die Voraussetzung?
Die Vorraussetzung zum Anspruch auf diese Leistung ist Bedürftigkeit iSd SGB. Sie ist dem Grunde nach gegeben, wenn der Bedarf zum Leben nicht vom Einkommen gedeckt werden kann.
Höhe der 'Aufstockung':
Es wird individuell ein sozialrechtlich definierter Bedarf zum Leben errechnet, dem dann ein anrechenbares Einkommen gegenüber gestellt wird. Die Unterdeckung ergibt die Höhe der 'Aufstockung', die ergänzende Leistung.
Wie wird man das?
Durch Antrag auf ergänzende Leistungen beim örtlichen Jobcenter.
Rechtsgrundlagen sind:
Menschenwürde aus Art. 1 GG
Sozialstaatlichkeit aus Art. 20 GG
Konkrete Bestimmungen im SBG II und anderen
Was sind Vor- und Nachteile?
Vorteile:
- man kann ein angemessenes Dach über 'm Kopf finanzieren, muß nicht verhungern,
- Anreiz, weiterhin arbeiten zu gehen. Das Lohnabstandsgebot wird über die Grundfreibeträge realisiert, die den Aufstocker vom Arbeitslosen unterscheiden.
- in die Bedarfsermittlung fließen ua die Kosten für die Wahrnehmung des Umgangsrechts ein (Wohnraum, Versorgung, Fahrtkosten für die Kinder)
- im anrechenbaren Einkommen werden Unterhaltspflichten berücksichtigt, sofern sie tituliert sind!
Nachteile:
Der Leistungsbezieher ist gehalten, in geeigneter Weise seine Bedürftigkeit zu beenden oder zumindest so gering wie möglich zu halten. Dazu ist er gründsätzlich verpflichtet, das überwachen die Jobcenter.
Es wird ggf Vermögen bis zur Schongrenze angerechnet.
Die Umgangskosten müssen genau belegt und nachgewiesen werden.
Die Unterhaltspflichten werden nur dann als sog. Absetzbeträge im Einkommen berücksichtigt, wenn sie tituliert sind (freiwllig beim JAmt, beim Notar oder durch Gerichtsurteil).
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Für Trenungsväter (gelegentlich auch Mütter), die zu Unterhalt bzw. Umgang verpflichtet sind, auch Bar- bzw. Naturalunterhalt genannt, ist die Aufstockung oft die einzige Möglichkeit, weiterhin menschenwürdig leben und die Pflichten aus Umgang und Unterhalt denen eigenen Kindern gegenüber erfüllen zu können.
Anspruch auf vorgenannte Leistungen haben nicht nur Geringverdiener. Die Umstände können selbst Bezieher von Einkommen Brutto > 3000 € zu Bedürftigen und damit zu Anspruchsberechtigten machen.
Das muß und kann im Einzelfall recht genau berechnet werden.
Dazu sind hier im Forum von mir und auch anderen ausführlichere Berechnungen zu finden.
S.
Geht die Sonne auf im Westen, muss man seinen Kompass testen.