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Ich habe eine Frage an die Rechtsexperten hier.
Ausgangslage: Scheidung in Deutschland 2013. Ich (deutscher Staatsangehöriger) zahle keinen nachehelichen Unterhalt an die Ex, jedoch Kindesunterhalt (nicht tituliert) für unseren 12-jährigen Sohn (DDT Stufe 1). Gemeinsames Sorgerecht liegt vor, ich sehe meinen Sohn regelmäßig und habe zu ihm ein gutes Verhältnis. Ganz anders als das zur Ex: es ist auf ihrer Seite von tiefstem Misstrauen mir gegenüber geprägt und meinerseits auf eine „angemessene Verachtung“ ihr gegenüber reduziert.
Habe seit 2013 Wohnsitze in Deutschland und Österreich. Steueransässigkeit und Sozialversicherungspflicht in Österreich. Da es mir aufgrund meiner wirtschaftlichen Lage zunehmend schwerer fällt, den hohen KU in Deutschland zu zahlen, überlege ich, den deutschen Wohnsitz aufzugeben und ganz nach Österreich zu gehen.
Wenn ich dies nun umsetze und anschließend die Zahlungen kürze, wird die Ex (bzw. das Jugendamt als ihr kostenloses Inkassobüro) vermutlich sofort klagen. Nach welchem Recht würde dann der KU ermittelt? Wir bewegen uns doch hier im Zivilrecht, und da hört meines Wissens nach die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit an der Grenze auf, oder sehe ich das falsch?
Hintergrund: in Österreich wird der KU individuell nach der finanziellen Lage des Unterhaltpflichtigen ermittelt und richtet sich nicht starr nach einer vollkommen weltfremden Tabelle. Sollte ich also nach österreichischem Recht zu KU verurteilt werden, würde dies vermutlich günstiger sein als der aktuelle Status.
Kennt sich da jemand aus?
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Bei Kindesunterhalt kann man sagen: Es gilt der Wohnsitz der Berechtigten, ausser am Wohnsitz des Pflichtigen gibt es noch mehr zu holen. Die Berechtigte kann den Gerichtsstand woanders hintricksen, der Pflichtige nicht.
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18-12-2017, 15:36
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 18-12-2017, 15:39 von Austriake.)
Erste Frage: weiss die Kindsmutter die Adresse in Österreich? Wenn nicht, wird sie diese auch nicht erfahren. In Österreich gilt noch bis Herbst 2018 das Bankgeheimnis, d.h. weder die KM noch das Jugendamt werden erfahren, ob ein Konto in Österreich existiert. Es sei denn, der derzeitige Kindesunterhalt wird von diesem österreichischen Konto aus überwiesen, dann steht es u.U. auf dem Überweisungsbeleg...
Zweite Frage: wenn der gezahlte Unterhalt, egal ob nach deutschen oder österreichischen Maßstäben, höher ist als der gesetzliche Mindestunterhalt (also wenn das Amt Unterhaltsvorschuß leisten würde, weil der Pflichtige nicht zahlt), dann macht sich der Pflichtige schon mal nicht strafbar, wenn er weiniger zahlt als in der Düsseldorfer Tabelle steht.
Ich würde versuchen, einen Vergleich mit der Mutter zu schliessen. Das Kind ist immerhin schon 12 Jahre alt. Wenn Mutter nicht will, Hauptwohnsitz verlegen und von dort aus den Betrag bezahlen, den man zu zahlen bereit ist (darauf achten, dass das Konto nicht über den Überweisungsträger ermittelt werden kann). Wenn das der Mutter nicht gefällt, muss sie aktiv werden. Am einfachsten wird es für sie sein, zum Jugendamt zu gehen und eine Beistandschaft einrichten zu wollen. Da der Kindesunterhalt bislang nicht tituliert ist, wird die Beistandschaft zuallererst versuchen, einen unbefristeten dynamischen Titel zu erwirken. Stellt sich die Frage, wie die Beiständin das praktisch umsetzen will, wenn der Pflichtige unbekannt ins Ausland verzogen ist und eine zustellfähige Adresse nicht bekannt? (wichtiger Hinweis: wenn man einen Anwalt hat, mit noch gültigem Mandat, dnn existiert auch eine zustellfähige Adresse in Deutschland). Die Ermittlung von Adressen im Ausland ist langwierig und kostenintensiv - und Jugendamtsbeistände haben auch so schon viel zu tun....
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Das Problem ist, dass Ex oder Jugendamt ziemlich einfach einen Titel nach deutschem Recht erzwingen können und wenns auch nur Stufe 1 ist. Und Vorsicht, auch Österreich hat ein zentrales Melderegister. Da wird man sehr schnell gefunden und ruckzuck exekutiert, wenn mal ein Titel da ist: http://www.wien.diplo.de/contentblob/396...eckung.pdf
Auch ein unentdecktes Konto nutzt da nichts, wenn man Arbeitnehmer ist. Dann wird halt beim Arbeitgeber gepfändet. Und wenn nicht genug zu holen ist, muss der Verpflichtete ein Vermögensverzeichnis vorlegen (in D nannte man das früher Offenbarungseid, heute eidesstattliche Versicherung). Und auch wie in D: Verweigert der Verpflichtete die Anfertigung oder Unterzeichnung eines Vermögensverzeichnisses, kann das Gericht eine Beugehaft von bis zu sechs Monaten verhängen.
Im unteren Bereich sind die österreichischen Unterhaltshöhen etwas niedriger, aber manchmal nicht graduell, manchmal schon, kommt drauf an wie es bei dir aussieht. Da werden je nach Alter 16-22% vom Netto fürs erste Kind fällig, Unterhalt wird immer nach Prozenten berechnet. Ein grosser Vorteil ist nur im oberen Bereich zu finden, die Luxusgrenze ist klarer und enger definiert, dann ist auch explizit keine Auskunftspflicht mehr vorhanden. Aber das betrifft dich ja nicht. Die österreichische Familienbeihilfe (in D: Kindergeld) könntest du in deiner Konstallation auch nicht abziehen, wenn es dir gelingen würde den Gerichtsstand zu verlegen.
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#Austriake: Meine Adresse in Österreich ist bekannt, sowohl bei der Kindsmutter, als auch bei allen relevanten deutschen Behörden (Jugendamt, Finanzamt, Rentenversicherung etc.). Ich habe je einen (Haupt-)Wohnsitz ganz offiziell in beiden Ländern. Der KU wird von einem deutschen Bankkonto aus überwiesen.
Es bestand schon einmal eine Beistandschaft beim JA. Die konnte ich aber dadurch beseitigen, dass ich der KM mehr Geld geboten hatte, als das JA damals ausgerechnet hatte, also etwas mehr als der Betrag gemäß DDT. Bedingung war, dass die KM die Beistandschaft dann beendet. Das hat auch ganz gut funktioniert, nur steigen ja jetzt die Bedarfssätze immer heftiger an, und da kam die Idee mit dem endgültigen Ortswechsel.
#P: Ich bin in Österreich offiziell als Selbständiger tätig, daher würde mir wohl im Fall der Fälle direkt ins Vermögen gepfändet. Interessant finde ich deine Aussage, das die Berechtigte den Gerichtsstand hintricksen kann. Wie muss ich mir das konkret vorstellen?
So wie ich euch verstehe, macht die Aufgabe des deutschen Wohnsitzes nicht wirklich Sinn. Danke aber trotzdem für eure Mühe!
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