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Wechselmodell im Bundestag
#1
Der Bundestag wird am 15. März ab 16.05 Uhr über einen FDP-Antrag für das "#Wechselmodell als Regelfall" beraten. TOP13: https://www.bundestag.de/tagesordnung# 
"Hoffnung ist eben nicht Optimismus, ist nicht Überzeugung, daß etwas gut ausgeht, sondern die Gewißheit, daß etwas Sinn hat - ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht." - Václav Havel
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#2
Die FDP stellt den Antrag aufs Wechselmodell als Regelfall, der Gegenantrag kommt von DIE LINKE: "Keine Festschreibung des Wechselmodells als Regelmodell". Links steht für Festhalten an urkonservativen, obsoleten, überkommenen Familienvorstellungen. Naja, nichts neues, Sozialisten eben. Mal mit "National" kombiniert, mal ohne...
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#3
Haette nie gedacht dass ich das je schreiben, aber DIE LINKE ist fuer mich unwaehlbar geworden! Habe ich dann bei der letzten Wahl auch nicht mehr getan. Traurig alles.
Heute: Alter weisser Mann, Klimaleugner, Covidiot. Morgen: Held der Freiheit. Haltet Stand!
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#4
Nun, sowohl DIE LINKE als auch die SPD haben sich überlebt. In den nächsten drei Jahren wird die SPD vollends an der GroKo krepieren. Das ist gut so, denn dann wird der Weg frei für etwas Neues.
Bibel, Jesus Sirach 8.1

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#5
Ist nur schön, dass Die Linke sich wie Mutti nicht mehr daran erinnert, was mal EU weit vereinbart wurde.....
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#6
So hat die Linke dem Vamv geantwortet:

Verfolgt Ihre Partei das Ziel, das Wechselmodell gesetzlich zu verankern? Wenn ja, wie genau?

Nein, eine gesetzliche Verankerung des Wechselmodells strebt DIE LINKE nicht an. Grundsätzlich steht das Kindeswohl im
Vordergrund, daher ist das Wechselmodell – insofern es nicht dem Kindeswohl schadet – eine wünschenswerte Betreuungsmodell.
Dazu müssen sich aber die Eltern auch verständigen können und möglichst Konfliktfrei miteinander für das Kind
zusammenarbeiten. Ein verordnetes Wechselmodell wäre aus unserer Sicht dem Kindeswohl nicht zuträglich.
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#7
Aber ein verordnetes Residenzmodell ist es?
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#8
Nein, auch hier muss jeder Einzelfall wohl geprüft werden. Es geht doch ums Kindeswohl da muss wirklich die ganze Armada für jedes Trennungskind mobilisiert werden.

Hier mal alle Fragen und Antworten:

https://www.vamv.de/fileadmin/user_uploa..._LINKE.pdf
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#9
Zur heute kommenden Debatte: https://www.welt.de/politik/deutschland/...inder.html

Der (guten) Ansicht der FDP wird viel Platz eingeräumt. Trotzdem ist das wieder so ein ganz typisches FDP-Ding. Wählerstimmen mit einem Thema einfangen, das die anderen Parteien ignorieren oder mit fehlerhaften Argumenten klein halten. Dann kommt die Partei wieder in den Bereich der Macht und -schwuppdiwupp- wird das Thema sofort aufgegeben. Seit ich denken kann, war das die Strategie der FDP. So eine Partei braucht man nicht, ich brauche keinen Blitzableiter der eifrig alles einfängt und sogleich erdet.

Die Linkspartei plädiert auf "Einzelfallprüfungen" und wiederspricht sich schon im nächsten Satz, indem das Wechselmodell endlos kritisiert wird. Eine ergebnisoffene Einzelfallprüfung können sich diese Figuren natürlich nicht einmal vorstellen! Denn dann müsste nicht nur das Wechselmodell im Einzelfall begründet werden, sondern auch das Residenzmodell. Ein Erfolgsgeschichte ist das Residenzmodell nun wahrlich nicht. Die Lügerei geht gleich weiter: "Und auch die Folgen für die Unterhaltszahlungen sieht die Linkspartei kritisch. In jedem Fall gelte es, „eine Benachteiligung des ökonomisch schlechter gestellten Elternteils zu verhindern“. Liebe Linkspartei, hat euch schon mal jemand gesagt dass Kindesunterhalt für das Kind ist und nicht angebliche ökonomische Ungleichgewichte der Eltern ausgleichen soll? Und dass Eure Weltsicht vom Einheitseinkommen, bei dem alle denselben Frass aus dem linken Blechnapf fressen auch nichts mit dem Kindesunterhalt zu tun hat?

Ein Gutes hat die Debatte: Darauf kann man immer gut verweisen, wenn Väter glauben so eine Partei hätte was für sie im Angebot. Das fetzt diesen Linkspartei-Kindeswohlmissbrauchern die Maske vom grinsenden Gesicht. Mit "linkspartei wechselmodell" wird man immer auf diese Debatte stossen.
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#10
Sie fordern explizit für das Wechselmodell einen Ausschluss bei Kindesmißbrauch.
Ca. 9 Tage die Kinder zu mißrauchen ist denen wohl genug. Oder warum nur im WM?
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#11
Blöder geht kaum noch!

https://www.bundestag.de/mediathek?video...=mod536668
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#12
Zwei Sachen bleiben hängen:

1. FDP hatte schwache Rednerin
2. AFD ist gegen Wechselmodell - das hatte sich im Wahlkrampf noch anders angehört,

Rest der Junta wie erwartet. Ist schon eine extreme zeitliche Übermacht FDP hat 6 von 38 Minuten.
remember
Don´t let the bastards get you down!

and
This machine kills [feminists]! 
(Donovan)
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#13
In der Summe habe ich nichts anderes erwartet, über die selben Phrasen, die alle anderen Parteien gemeinsam benutzten, war ich doch etwas erstaunt.
Kindeswohl, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit, Einzelfall, Kindeswillen, Voraussetzungen, Zwang, Eingriff, Wechselmodell grundsätzlich ja - aber etc. ...
Es wird sich die nächsten 20 Jahre nichts, überhaupt gar nichts ändern.
"Hoffnung ist eben nicht Optimismus, ist nicht Überzeugung, daß etwas gut ausgeht, sondern die Gewißheit, daß etwas Sinn hat - ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht." - Václav Havel
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#14
Gibts das auch als Text? Langatmige Videos sind grausam. Laut "Reden zu diesem Tagesordnungspunkt" hat gar keiner von der AfD dazu gesprochen?

Ah, jetzt hab ichs gesehen, die AfD haben sie gut versteckt.
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#15
Der AFD wird es wie den Piraten gehen - da ist bald nichts mehr da.

Völlig substanzlos!
remember
Don´t let the bastards get you down!

and
This machine kills [feminists]! 
(Donovan)
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#16
Wundert mich nicht, dass die sich bei so einer familienrechtlichen Entwicklung in die Riege der meisten anderen Parteien einreihen. Hat auch mit der politischen Herkunft nicht weniger AfDler zu tun, da sind viele ehemalige CDU-Mitglieder dabei. Und wo diese Familienrechts-Totalversager stehen und immer gestanden haben, ist ja bekannt.
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#17
Das glaube ich nicht. Den Kindern kann es viel nutzen. Aber beim Unterhalt sind die Juristen ja bereits mit Volldampf dabei, kafakeske Berechnungen zu erfinden um irgendwelche "Ausgleiche" beim Wechselmodell herbeizuführen. Der Streit um Unterhalt würde nicht weniger.

Streit um Umgang wirds genauso oft geben. Versuche, das Wechselmodell zu beenden, die üblichen Sabotagemethoden kennen wir ja. Eingebettet in die sonstige Familienrechtsrealität, die Fehlverhalten belohnt, strikt unterhaltsmaximierend handelt, eine stocksexistische Durchsetzungspraxis fährt, würden eine Reihe von Problemen ebenso fortbestehen.

Ein Staat, der bereits bei Trennungsfamilien im Residenzmodell so gnadenlos versagt wie Deutschland, dem fehlen sowieso noch viele, viele Schritte auf allen Familienrechtsebenen.
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#18
P wollte was zu lesen haben:

FDPKatrin Helling-Plahr (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Maries und Maximilians Eltern leben eine gleichberechtigte Ehe und kümmern sich beide liebevoll um ihre Kinder. Beide waren in Elternzeit. Auch danach haben sie sich die Betreuung und Erziehung der Kinder stets geteilt. Sie haben den Partnerschaftsbonus in Anspruch genommen und arbeiten seitdem beide wieder. Marie und Maximilian sind in die Kita gekommen. Zwei Tage in der Woche werden sie von ihrem Vater abgeholt, zwei Tage von der Mutter, und einen Tag kümmert sich eine Nachbarin.
Nun geht es Maries und Maximilians Eltern wie etwa 40 Prozent der Ehepaare in diesem Land: Sie trennen sich und wollen sich scheiden lassen.
Welches Leitbild sieht der Gesetzgeber für diese Situation vor? Unser BGB geht davon aus, dass sich ein Kind nur bei einem Elternteil gewöhnlich und dauerhaft aufhält,
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Falsch!)
bei nur einem Elternteil tatsächlich lebt,
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Auch falsch!)
während es den anderen Elternteil im Rahmen von Umgangskontakten besucht.
Was heißt das für Marie und Maximilian? Sie wohnen künftig nur noch bei Vater oder Mutter. Wenn ihre Eltern darüber in Streit geraten, bei wem von beiden das sein soll, kommt es zu einem Gerichtsverfahren. Marie und Maximilian haben das Gefühl, sich zwischen Mama und Papa entscheiden zu müssen. Schließlich kommt es dazu, dass beide bei der Mutter wohnen. Den Vater besuchen sie jedes zweite Wochenende. Er arbeitet in Vollzeit und zahlt Kindesunterhalt. Die Mutter, nun im Alltag für Haushalt und zwei kleine Kinder allein verantwortlich, muss beruflich deutlich kürzer treten und arbeitet nur noch ein paar Stunden die Woche. Der Vater zahlt deshalb auch für sie Unterhalt. Finanziell wird es auch bei ihm sehr eng. Vor allem aber ist er in die alltäglichen Nöte und Sorgen der Kinder deutlich weniger eingebunden, bekommt nicht mehr jeden Entwicklungsschritt mit. Kurzum: Die Mutter kontrolliert die ersten Hausaufgaben, der Vater geht in den Zoo.
Meine Damen und Herren, es gibt sicher Fälle, in denen genau diese Lösung passt. Aber ist das unsere Idee eines zeitgemäßen Familienbildes? Klar ist: Das Kindeswohlprinzip ist und bleibt das Maß aller Dinge. Es muss stets im Einzelfall geschaut werden, welche die beste Lösung für das Kind ist. Wenn die Linksfraktion Sie glauben machen will, unser Antrag sehe anderes vor, meine Damen und Herren, dann will sie Sie offenkundig in die Irre führen. Aber vor dem Hintergrund der eingangs erläuterten Realitäten einer erfreulicherweise immer stärkeren Einbeziehung beider Elternteile in die Erziehungsverantwortung und einer besseren beruflichen Einbindung beider Elternteile sowie in der Logik einer modernen Familienpolitik braucht unser Familienrecht dringend ein Update.
(Beifall bei der FDP)
Wir wollen, dass das Wechselmodell, wenn die Eltern keine andere einvernehmliche Regelung treffen, bei der Betreuung von Kindern nach der Trennung der Eltern zum Regelfall wird. Was hieße das für Marie und Maximilian? Wenn man das Wechselmodell streng paritätisch umsetzen würde, dann könnten die Eltern sie nach wie vor abwechselnd von der Kita abholen, oder sie wechseln sich wochenweise ab. Die Wochenenden verbringen die Kinder ebenfalls im Wechsel bei beiden Elternteilen. Vater und Mutter können in ihren Jobs bleiben. Vielleicht kommt es auch zu der Konstellation, dass der Vater, weil der Mutter vielleicht eine bessere Stelle angeboten wird, zu etwas mehr als 50 Prozent, vielleicht zu 60 Prozent, die Betreuung übernimmt. Sprich: Der Wechselmodell-Begriff ist nicht streng paritätisch, sondern flexibler zu interpretieren. Wer von beiden Elternteilen wie viel Barunterhalt zahlt, bestimmt sich anteilig nach dem Einkommen beider. Vater und Mutter prägen die Kinder gleichermaßen, sind im Alltag für sie da. Kurzum: Vater und Mutter kontrollieren die ersten Hausaufgaben, und beide gehen mal in den Zoo. Das ist gerechter, im Regelfall für die Kinder das Beste und auch international anerkannt.
(Beifall bei der FDP)

– Die Nächste ist für die CDU/CSU-Fraktion die Kollegin Mechthild Heil.
(Beifall bei der CDU/CSU)


MechthildHeilCDU/CSUMechthild Heil (CDU/CSU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, an den Anfang unserer Debatte gehört die Aussage: Die allermeisten Eltern in Deutschland schaffen es auch im Falle einer schmerzhaften Trennung, einvernehmlich ein Betreuungsmodell zu vereinbaren, ein Betreuungsmodell, mit dem die Kinder und die beiden Eltern gut leben können. Diesen Eltern gebührt unsere Anerkennung, weil sie sich in einer schwierigen Situation selbst zurücknehmen und das Wohl des Kindes oder der Kinder an die erste Stelle stellen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Genau das wollen auch wir als Gesetzgeber tun. Wir wollen das Wohl der Kinder an die erste Stelle setzen. Es muss klar sein und klar bleiben: Entscheidungen im Bereich des Umgangsrechts sind kein verlängerter Arm der bitteren Auseinandersetzungen zwischen zwei Eltern. Es geht nicht darum, was gerecht für die Eltern ist. Die Frage muss lauten: Was dient den betroffenen Kindern?
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und dann gibt es leider auch eben die Fälle, in denen die Entfremdung der gescheiterten Partner so groß ist, dass eine Einigung über Ort und Dauer des Aufenthalts der Kinder unmöglich ist. Recht, Gerechtigkeit und Hilfe sucht man dann bei der Justiz. Nur über diese seltenen, verfahrenen, zerstrittenen, perspektivlosen Konstellationen beraten wir als Gesetzgeber und eben nicht über Fälle von Eltern wie die von Marie und Maximilian, die Sie eben geschildert haben, in denen alles wunderbar läuft und man sich einigen kann.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Schon beim ersten Blick auf diese schwierigen Familiensituationen muss doch jedem klar sein: Darauf kann man nicht mit einem Regelfall antworten. Man kann diese Fälle nicht über einen Kamm scheren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Katrin Helling-Plahr [FDP]: Das will doch auch keiner!)
So hat es auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung Anfang letzten Jahres betont. Er hat entschieden, dass das Wechselmodell auch gegen den Willen eines Partners angeordnet werden kann, nämlich dann, wenn es dem Kindeswohl am besten dient.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für die Kinder bedeutet das Wechselmodell konkret, dass sie in den beiden Haushalten der getrennten Eltern zeitlich annähernd gleichwertig betreut werden. Das kann im Einzelfall die beste Lösung sein; aber es muss nicht immer die beste Lösung sein.
Dabei ist klar: Auch die Kinderbetreuung nach der Trennung von Eltern unterliegt einem gesellschaftlichen Wandel. Deutsche Familiengerichte müssen heute, im 21. Jahrhundert, wirklich nicht immer einfach noch davon ausgehen, dass die Kinder bei der Mutter automatisch immer besser aufgehoben sind,
(Katrin Helling-Plahr [FDP]: Aha!)
auch wenn das Modell immer noch das meistgelebte in Deutschland ist.
Es ist richtig, genau hinzusehen, sich die Einzelfälle, die Sonderfälle in der Gerichtspraxis genau anzuschauen und zu überlegen, ob sich daraus ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt. Genau das steht auch im Koalitionsvertrag.
Die Auswirkungen des Wechselmodells auf die Kinder werden zurzeit auch wissenschaftlich untersucht. Einig ist man sich unter den Wissenschaftlern schon heute, dass ein ständiger Wechsel des Aufenthaltsortes der Kinder nur dann eine positive Wirkung entfalten kann, wenn einige wichtige Voraussetzungen erfüllt sind: Die Eltern müssen in räumlicher Nähe zueinander wohnen. Die Arbeitszeiten der Eltern müssen sich an die wechselnde Kinderbetreuung anpassen lassen. Für dieses wirklich kostenintensive Modell müssen die nötigen Finanzmittel zur Verfügung stehen, und die Eltern müssen in einem konstruktiven Kommunikationskontakt zueinander stehen.
Häufig hilft es bei familiengerichtlichen Entscheidungen, einen Blick auf die Zeit vor der Trennung zu werfen. Wenn die Eltern sich da bereits beide um das Kind gekümmert haben, dann ist das sicherlich eine gute Prognose für den Erfolg eines Wechselmodells. In der Lebenswirklichkeit ist das aber trotz allem Wunschdenken längst noch nicht immer der Fall. Väter, die erfolgreich um Zeit und Aufenthalt ihres Kindes gestritten haben, dann aber die Erziehung ihres Kindes der neuen Partnerin überlassen, sind nur ein Beispiel für ein falsch verstandenes Wechselmodell.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Um es klar zu sagen: Engagierte Väter müssen ihren Platz bei und ihre Zeit mit ihren Kindern haben, genauso wie engagierte Mütter ihn haben müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Was Familien in Trennungssituationen hilft, sind gut ausgebildete Familienrichter. Wir brauchen unabhängige Gutachter und Verfahrensbeistände, und wir sollten unsere Familiengerichte darin stärken, am Einzelfall orientierte Entscheidungen zu treffen, statt neue Regelfälle zu definieren, wie es die FDP-Fraktion vorschlägt.
Aber seien wir ehrlich: Am Ende aller elterlichen Streitigkeiten geht es häufig auch um die Frage der Finanzen, um die Frage des Unterhalts.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Kommen Sie bitte zum Schluss.
MechthildHeilCDU/CSUMechthild Heil (CDU/CSU):
Wir werden uns deshalb als Koalition anschauen, ob wir den Unterhaltsbedarf und Selbstbehalt verbindlich, gerade auch im Hinblick auf unterschiedliche Umgangsmodelle, regeln können. Das könnte dazu beitragen, das gesellschaftlich umstrittene Thema Umgangsrecht zu befrieden.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Frau Kollegin, ein letzter Satz.
MechthildHeilCDU/CSUMechthild Heil (CDU/CSU):
Mit diesem Ansatz gehen wir gerne in die weiteren Beratungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Als Nächstes für die SPD die Kollegin Sonja Amalie Steffen.
(Beifall bei der SPD)


Sonja AmalieSteffenSPDSonja Amalie Steffen (SPD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Justizministerin Katarina Barley! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Tribüne! Trennungen und Scheidungen sind für alle Beteiligten fast immer schmerzlich. Sie sind es oft besonders für die Kinder. Das liegt in aller Regel daran, dass die Eltern es nicht schaffen, sich so zu trennen, dass die Kinder nicht darunter leiden.
Für die Entwicklung der Kinder ist es allerdings unheimlich wichtig, dass sie auch nach einer Trennung weiterhin Kontakt zu beiden Elternteilen haben. Am besten ist es, wenn die Eltern es nach einer Trennung hinbekommen, möglichen Streit nicht auf dem Rücken der Kinder auszutragen und weiterhin gemeinsam Eltern zu bleiben.
Ich denke, wir alle kennen entweder aus eigener familiärer Erfahrung oder aus dem Bekanntenkreis Familien, bei denen das gut funktioniert. Davon gibt es eine ganze Menge; Frau Heil hat schon darauf hingewiesen. Dann braucht es auch keine Jugendämter, es braucht kein Gericht, es braucht keine Verfahrensbeistände, und es braucht auch keine umfangreichen Gutachten.
In aller Regel ist es in Deutschland immer noch so, dass die Kinder nach der Trennung bei einem Elternteil leben und von dem anderen in der Hinsicht versorgt werden, dass Umgang ausgeübt wird. Das ist das sogenannte Residenzmodell.
Daneben gibt es das Nestmodell, das nicht so häufig praktiziert wird. Bei diesem Modell verlassen die Eltern das Elternhaus, und die Kinder bleiben dort. Das ist kompliziert, weshalb es wahrscheinlich auch nicht so weit verbreitet ist.
Und dann gibt noch das Wechselmodell, bei dem die Kinder in regelmäßigen Abständen – möglichst paritätisch – den Aufenthaltsort zwischen Vater und Mutter wechseln. Gerade in den Fällen, dass beide Elternteile arbeiten, wird dieses Wechselmodell zunehmend beliebter. Der Riesenvorteil des Wechselmodells besteht darin, dass die Kinder weiterhin beide Elternteile erleben – auch im Alltag. Voraussetzung für das Funktionieren dieses Modells ist allerdings immer, dass die Eltern eng beieinanderbleiben, dass sie miteinander reden können und dass sie räumlich nicht zu weit voneinander entfernt wohnen; denn bei einem Wechsel fehlt irgendetwas immer – sei es der Turnbeutel, sei es die Lieblingsjeans oder seien es die Schulsachen. Deshalb ist es total wichtig, dass die Eltern auch nach einer Trennung miteinander reden können.
Wenn dies gut klappt und wenn die Eltern ihre persönlichen Befindlichkeiten hintanstellen, dann – davon bin ich überzeugt – können Trennungskinder sogar glücklicher sein als Kinder in einer noch existierenden Beziehung, jedenfalls dann, wenn die Beziehung insgesamt schlecht ist.
Was ist jedoch, wenn sich die Eltern nicht verstehen, wenn sie sich nach der Trennung nicht einigen können, wo ihre Kinder leben sollen? Im Jahr 2017 gab es eine BGH-Entscheidung, die besagte, dass das Wechselmodell angeordnet werden kann. Bis 2017 haben die Gerichte gesagt, dass es zum Wechselmodell nicht kommt, wenn nicht beide Elternteile zustimmen.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Nicht alle Gerichte! Das ist falsch!)
Seit der Entscheidung des BGH im Jahr 2017 kann das Wechselmodell auch angeordnet werden – auch gegen den Willen eines Elternteils –, wenn es dem Kindeswohl entspricht.
Seitdem gibt es in der Rechtsprechung eine gewisse Unsicherheit. Es wird unterschiedlich geurteilt. Es gibt Richter, die nach wie vor gar nicht für das Wechselmodell entscheiden, und es gibt Richter, die davon viel Gebrauch machen. Deshalb ist es an der Zeit, dass wir uns hier auf den Weg machen, dieses Wechselmodell auch im Gesetz zu verankern. Auch die SPD-Fraktion will diese Möglichkeit schaffen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Ihr Antrag ist jedoch keine gute Idee. Meine Fraktion kann diesem Antrag nicht zustimmen. Ich sage Ihnen auch, warum das so ist.
Sie wollen nämlich – so steht es in Ihrem Antrag –, dass das Wechselmodell zum Regelfall wird. Wenn es um Kinder geht, dann kann es aber keine Regelfälle geben. Das individuelle Kindeswohl – und nicht das Vorliegen eines Regelfalls – ist absolut entscheidend.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für das Kind kann das Wechselmodell wirklich schrecklich sein, nämlich zum Beispiel dann, wenn es jeweils zur Hälfte der Zeit bei völlig zerstrittenen Elternteilen wohnt und immer dann, wenn es sich bei dem einen Elternteil aufhält, hört, wie furchtbar der andere ist, oder wenn es morgens und abends kilometerweit fahren muss, weil die Eltern zu weit auseinander wohnen.
Ich habe übrigens auch Ihren Begriff „multilokale Trennungsfamilie“ nicht verstanden. Darüber müssten wir im Ausschuss auch noch einmal reden.
Was ist, wenn das Kind von geliebten Halbgeschwistern zu lange und zu oft getrennt wird? Was ist, wenn es die neue Stiefmutter oder den neuen Stiefvater überhaupt nicht leiden kann und überhaupt nicht mit ihr oder ihm klarkommt? Was ist, wenn es ein Papa- oder ein Mama-Kind ist? Was ist letztendlich, wenn die Kinder 12, 13, 14 Jahre alt sind? Alle, die Kinder in diesem Alter hatten oder haben, wissen, dass sie irgendwann sagen: Du kannst uns mal. Ich will lieber mit meinen Freunden chillen, als mich bei Papa oder Mama aufzuhalten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Frau Kollegin.
Sonja AmalieSteffenSPDSonja Amalie Steffen (SPD):
Insofern denke ich: Diese Beispiele zeigen, dass der Einzelfall entscheidend ist. Es gibt bei Kindern keine Regelfälle.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Sie haben jetzt noch Zeit für einen Satz.
Sonja AmalieSteffenSPDSonja Amalie Steffen (SPD):
Deshalb: Wechselmodell ins Gesetz zur Klarstellung, ja, und zwar mit allem, was dazugehört, aber als Regelfall, nein.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Vielen Dank, Frau Kollegin Steffen.

– Als nächste Rednerin erteile ich das Wort Frau Nicole Höchst von der AfD.
(Beifall bei der AfD)


NicoleHöchstAfDNicole Höchst (AfD):
Herr Präsident! Werte Kollegen! Die FDP reiht sich mit diesem Antrag in die Liste der naiven Staatsgläubigen ein,
(Christian Dürr [FDP]: Gähn!)
also in die Gemeinschaft derer, die staatlich verordneten ideologischen Konformismus als Allheilmittel sehen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE], an die FDP gewandt: Guck’ mal an! Jetzt seid ihr auch schon bei uns!)
Sie möchten das Wechselmodell nach Scheidung gesetzlich verbindlich verankern und an die Stelle des Residenzmodells setzen
(Zuruf der Abg. Andrea Lindholz [CDU/CSU])
und springen so als angeblich freiheitlich liberale Demokraten in die Bresche für die totalitäre Zwangsbeglückung aller in der Betreuungsfrage zerstrittenen Eltern,
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Falsch!)
letztlich zum Schaden der Kinder.
(Beifall bei der AfD)
Schauen wir genauer hin! Ja, die Gesellschaft befindet sich im steten Wandel. Scheidungen werden im Laufe des Lebens zunehmend zum Regelfall. Das ist sehr betrüblich. Die Kinder haben ein Recht auf Mutter und Vater. Erfreulicherweise nimmt das Interesse getrennt lebender Eltern am Wohl der Kinder und an der geeignetsten Art der Kinderbetreuung stetig zu. Dies kann, muss aber nicht zwangsläufig das Wechselmodell sein.
Ja, auch wir von der AfD sehen rechtlichen Regelungsbedarf, allerdings in der Umsetzung des freiwilligen Wechselmodells. Da gehen wir mit und sagen: Interessierten Eltern soll es sehr wohl einfacher gemacht werden, sich dafür gemeinsam zu entscheiden.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das gibt es doch schon!)
Ja, es muss unbedingt vom Kindeswohl aus gedacht werden. Aber nicht ein abstraktes Modell der Gleichheit zwischen Mutter und Vater sollte ausschlaggebend sein, sondern die konkreten Bedürfnisse der Kinder sollten im Vordergrund stehen: Gerechtigkeit statt Gleichmacherei.
(Beifall bei der AfD)
Kaum ein Elternteil kann sich vorstellen, auf längere Sicht zwischen zwei Lebensmittelpunkten zu pendeln. Was sich kein Erwachsener ernsthaft längere Zeit antun möchte, wird hier dem Kind als sein „Menschenrecht“ aufoktroyiert. Geht es noch? Es muss also im Einzelfall gute Gründe geben, dass diese Form der Betreuung tatsächlich den besten Interessen des Kindes entspricht. Und wichtig: Die Entlastung von Unterhalt oder – andersherum – der Anspruch auf Unterhalt darf hier nicht handlungsleitend sein.
Als Quintessenz aller Studien, die der Wissenschaftliche Dienst freundlicherweise herausgearbeitet hat, ist festzuhalten: Es gibt erhöhten Abstimmungsbedarf beim Wechselmodell – das können wir so ganz kühl betrachten – und somit einen steten Quell für immerwährende Streitigkeiten, die sich auf das Kindeswohl wie Gift auswirken; meine Vorrednerinnen haben das dargestellt.
Beide Elternteile treffen Alltagsentscheidungen gemeinsam – keine leichte Aufgabe für zerstrittene Paare. Fehlende Einigkeit ist schließlich allzu häufig das, was Eltern dazu bewegt, sich zu trennen und sich scheiden zu lassen. So aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, gelingt das Wechselmodell nicht. Das heißt, eine zwangsweise Anordnung für Eltern und Kinder ist bedenklich. Da gehen wir nicht mit.
Auch wird es mit der AfD keine Experimente mit Kindern geben. Nichts anderes ist dieser Versuch von Gesellschaftsingenieuren, hier die Ideologie von der abstrakten Gleichmacherei durchzudrücken:
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
zulasten von Kindern, Müttern und Vätern,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das habt ihr von der FDP noch nie gehört!)
aber auch zulasten der individuellen Rechtsprechung, die es – das haben die Zwischenrufer gerade auch schon deutlich gemacht – ja schon gibt; meine Vorrednerinnen haben das dargestellt.
Wir möchten diese individuelle Rechtsprechung nicht aus der Verantwortung entlassen, indem wir ein neues sogenanntes Allheilmittel rechtlich für alle verankern. Wir unterstützen jeden Ansatz, die individuelle Schieflage, die häufig von Vätern beim Antragsmodell für die Sorgerechtsentscheidung empfunden und erlebt wird, anzugehen.
Die AfD ermuntert die Bundesregierung ausdrücklich, eine Rechtslage zu schaffen, die geeignet ist, Eltern dabei zu unterstützen, die beste individuelle Betreuungsform für ihre zerbrochene Familie zu finden und auf Augenhöhe zu vereinbaren.
Die Lösung hierfür kann aber nicht zwangsbeglückender Konformismus sein – ganz egal, ob es sich hierbei um das zwangsbeglückende Wechselmodell oder das zwangsbeglückende Residenzmodell handelt. Diese Betreuungsformen sollten gleichberechtigte Alternativen sein.
Zu guter Letzt: Liebe sogenannte freiheitliche liberale Demokraten, dem Staat steht es keinesfalls an, Eltern – auch nicht geschiedene – zu erziehen, wie Sie es in Ihrer Antragsbegründung unverblümt fordern. Geschiedene Eltern sind in ihrer Ehe zwar gescheitert, aber dennoch mündige Bürger, die selbst entscheiden können, was für sie gut ist.
Vielen Dank.

Die Linke die Kollegin Katrin Werner.
(Beifall bei der LINKEN)


KatrinWernerDIE LINKEKatrin Werner (DIE LINKE):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Eltern sich trennen, geht es immer um folgende Fragen: Wie geht es weiter? Was ist das Beste für das Kind?
Heutzutage gibt es verschiedene Betreuungsmodelle. Wenn ein Kind hauptsächlich bei einem Elternteil lebt, sprechen wir vom sogenannten Residenzmodell. Vom Wechselmodell sprechen wir, wenn das Kind zu gleichen Teilen bei beiden Eltern wohnt. Das Kind wechselt dann zum Beispiel wöchentlich oder alle zwei Wochen den Wohnsitz. Dazwischen existieren viele weitere Möglichkeiten, die man als erweiterten Umgang bezeichnet.
Die meisten Familien entscheiden das selbstständig. Bei anderen gibt es Konflikte. Diese landen vor Gericht. Genau deshalb reden wir heute darüber.
Seit Jahren wird in der Öffentlichkeit über eine gesetzliche Festlegung des Wechselmodells als Regelfall diskutiert. Wir sehen das sehr kritisch. Denn ob ein Wechselmodell im Sinne des Kindeswohls funktioniert, hängt von sehr vielen Faktoren ab.
Dass Eltern miteinander reden, ist Voraussetzung dafür, dass es nicht zulasten der Kinder geht. Ein Wechselmodell funktioniert nämlich nur dann, wenn viel gemeinsam organisiert wird und gut miteinander geredet wird. Sind Erwachsene hochzerstritten – das wurde schon gesagt –, geht es immer zulasten der Kinder. Dann ist es für sie unerträglich, zwischen den Eltern zu pendeln.
Liebe FDP, Konfliktmanagement per Gesetz kann nicht funktionieren. Das Kind muss im Mittelpunkt stehen.
Im Übrigen habe ich noch eine Frage. Wie soll eigentlich ein Wechselmodell funktionieren, wenn Eltern noch nie zusammen gewohnt haben?
Meine Damen und Herren, mitentscheidend ist doch die sichere, starke Bindung des Kindes zu beiden Elternteilen. Ist diese vor der Trennung weniger ausgeprägt, ist eine Verbesserung im Rahmen eines Wechselmodells ziemlich unwahrscheinlich. Es kommt nicht darauf an, wie häufig und wie lange ein Kind bei einem Elternteil ist, sondern darauf, wie stark und wie gut das Verhältnis zueinander ist. Somit muss jede Bindung individuell geprüft werden.
Natürlich spielt der Kindeswille eine zentrale Rolle. Wenn ein Kind gegen das Wechselmodell ist, sollte es grundsätzlich nicht angeordnet werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Darüber hinaus sind das Alter des Kindes und die räumliche Nähe der Elternhaushalte zueinander, aber auch die Erreichbarkeit von Betreuungseinrichtungen wie der Schule ausschlaggebend für das Gelingen eines solchen Modells. Es kann also nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass das Wechselmodell immer den Interessen der Kinder am besten gerecht wird.
(Zuruf von der FDP: Wer sagt denn das?)
Es eignet sich daher auch nicht als Regelmodell. Genau deshalb sprechen wir uns gegen eine Festschreibung als Regelmodell aus.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Liebe FDP, in Ihrem Antrag geht auch so einiges durcheinander. Sie verwechseln den erweiterten Umgang mit dem Wechselmodell.
Im Übrigen fordert die Resolution des Europarats auch keine Festschreibung des Wechselmodells als Regelfall, sondern lediglich die Möglichkeit, es leben zu können. Das ist in Deutschland schon längst möglich.
(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für den Fall, dass Sie Unstimmigkeiten in Ihrem Antrag nach einer Anhörung bereinigen möchten, darf ich Ihnen einen kleinen Hinweis geben: Viele Dinge finden Sie schon in unserem Antrag.
Denn wir sind nicht gegen das Wechselmodell. Ganz im Gegenteil: Wir begrüßen es, wenn Familien sich auf dieses Betreuungsmodell einigen, insbesondere dann, wenn es ausdrücklicher Wunsch des Kindes ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Genau deshalb müssen Familien im Vorfeld der Konflikte bei der Entscheidung für ein geeignetes Modell und bei der Umsetzung bestmöglich unterstützt und begleitet werden.
Dafür brauchen wir erstens flächendeckend eine bessere personelle und sachliche Ausstattung der Jugendämter und Familiengerichte. Wir brauchen zweitens flächendeckend ausreichendes und gut ausgebildetes psychologisches Personal und mehr Mediatorinnen und Mediatoren.
Drittens müssen wir flächendeckend Richter und Richterinnen sowie Gerichtspfleger und -pflegerinnen hinsichtlich der kinderfreundlichen Gestaltung eines Gerichtsverfahrens professionell schulen. Genau das finden Sie übrigens in der Europaratsresolution unter den Punkten 5.9 und 5.10.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.
KatrinWernerDIE LINKEKatrin Werner (DIE LINKE):
Darauf müssen wir unseren Fokus legen, weil Kinder immer im Vordergrund stehen müssen.
Danke.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Werner.

Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Katja Keul.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


KatjaKeulBÜNDNIS 90/DIE GRÜNENKatja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer auch immer die Zufriedenheit von Kindern getrennter Eltern untersuchen will, wird eins feststellen: Kinder, die im sogenannten Wechselmodell hälftig betreut werden, sind im Schnitt zufriedener als andere Trennungskinder. Das ist allerdings wenig überraschend und kein Anlass für gesetzgeberische Aktivitäten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Eltern, die tatsächlich eine hälftige Betreuung ihrer Kinder leben und organisieren, haben alle etwas gemeinsam: Sie einigen sich zum Wohle ihres Kindes, und das in einem überdurchschnittlichen Maße. Denn es erfordert eine hohe Kommunikations- und Konfliktfähigkeit, sich über den Alltag eines Kindes von den Verabredungen über die Sportaktivitäten bis hin zum schulischen Besprechungsbedarf Tag für Tag auszutauschen und ihn mit geteilter Verantwortung zu organisieren. Deswegen funktioniert das praktisch auch so selten, nämlich in weniger als 5 Prozent der Trennungsfamilien.
Bei der großen Mehrheit dieser Familien können die Kinder froh sein, wenn die Eltern sich über die Umgangszeiten einigen, sich bei der Übergabe nicht auch noch streiten und sich ihrer Verantwortung als Eltern nach der Trennung weiter bewusst sind. Wo auch immer die Eltern das nicht schaffen, ist es für das Kind eine furchtbare Belastung.
Diese Belastung ließe sich aber noch einmal erheblich steigern, würde man zerstrittenen Eltern eine wechselseitige Betreuung des Kindes gegen den Willen eines Beteiligten auferlegen, obwohl die erforderliche hohe Kooperationsfähigkeit gar nicht vorhanden ist. Das wäre ein echter Albtraum für das Kind.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Dabei geht es nicht darum, ob eine anderweitige Umgangsregelung gerecht ist oder nicht. Es geht eben nicht um Elterngerechtigkeit, sondern allein um das Wohl des Kindes.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Worum es schon gar nicht geht, ist die Frage, ob der Kindesunterhalt gerecht ist. Bei manch einem besonders engagierten Vertreter des Wechselmodells werde ich den Verdacht nicht los, dass die Empörung über den als ungerecht empfundenen Kindesunterhalt größer ist als die laut vorgetragene Sorge um das Kindeswohl.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
An all diesen Erkenntnissen ändert auch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom Februar 2017 nichts. Der BGH hat festgestellt – ich zitiere –:
Eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, wird vom Gesetz nicht ausgeschlossen.
Zitat Ende. Es ist also völlig klar: Das Gesetz gibt den Eltern keine Beschränkung auf, und deswegen können sie sich auch jetzt schon darauf einigen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Der BGH hält es sogar ganz theoretisch für denkbar, das Wechselmodell gerichtlich zu beschließen, wenn es dem Kindeswohl entspricht, ohne dass er dies aber in dem konkret zu entscheidenden Fall bejaht hätte. Im Gegenteil, die theoretische Möglichkeit schränkt er gleich wieder ein – ich zitiere –:
Die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung setzt eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus … Dem Kindeswohl entspricht es daher nicht, ein Wechselmodell zu dem Zwecke anzuordnen, eine Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit erst herbeizuführen. … Ist das Verhältnis der Eltern erheblich konfliktbelastet, so liegt die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Anordnung in der Regel nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zitat Ende. Am Ende verweist er dann das Verfahren wegen fehlender Anhörung des Kindes an das Oberlandesgericht zurück.
Ungeachtet des Streits darüber, ob ein gerichtlich angeordnetes Wechselmodell überhaupt jemals zum Wohle eines Kindes sein kann, gilt unstreitig, dass es keine gesetzliche Priorität für irgendein wie auch immer genanntes Betreuungsmodell gibt.
Die Rechtsprechung hat sich allein am Kindeswohl und an der gemeinsamen elterlichen Verantwortung zu orientieren, und das ist auch gut so. Weder bleibt das hinter der gesellschaftlichen Realität zurück, noch braucht es dazu irgendeinen Paradigmenwechsel. Was es braucht, sind Unterstützungsleistungen, um Eltern eine partnerschaftliche Aufteilung der Erziehungsaufgabe zu ermöglichen, und gute Beratung durch qualifizierte Jugendamtsmitarbeiter in ausreichender Zahl.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Auch Familienrichterinnen und -richter und Sachverständige müssen entsprechend qualifiziert sein. Wir Grünen plädieren daher auch für gesonderte Einstiegsvoraussetzungen für eine Tätigkeit am Familiengericht.
Außerdem muss der umgangsbedingte Mehrbedarf im SGB II endlich anerkannt werden, damit den Eltern nicht aus finanzieller Not heraus die Einigung über den Umgang mit dem Kind erschwert wird.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Insoweit teilen wir die im Antrag der Linken geäußerte Ansicht. Anders als die Linken sehe ich derzeit allerdings keinen Bedarf, unterhaltsrechtliche Regelungen zu ändern; denn auch für das Wechselmodell hat die Rechtsprechung bereits eine Lösung.
Fazit: Über den Antrag der Linken können wir reden. Die gesetzliche Festschreibung des Wechselmodells, wie es die FDP fordert, lehnen wir Grüne auf jeden Fall ab.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Frau Kollegin Keul, herzlichen Dank.
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#19
– Wir kommen jetzt zum einzigen Wechsel im Geschlecht der Redner, zu dem Kollegen Marcus Weinberg für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)


MarcusWeinbergCDU/CSU(Hamburg)Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU):
Vielen Dank, Herr Präsident, für diese charmante Einführung. Bin ich tatsächlich der erste Mann, der dazu reden darf? Das gibt es doch gar nicht! Das mache ich aber gerne, weil es wichtig ist.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ehrlich gesagt: sogar der einzige!)
Wie wir gehört haben, geht es Marie und Maximilian gut. Wir sagen ganz deutlich: Das ist doch hervorragend. In Fällen wie diesem haben sich die Eltern geeinigt. Es gibt keinen Konflikt. Dann gibt es das Wechselmodell auch als Angebot. 120 000 Kinder erleben jährlich in Deutschland, erstens dass sich ihre Eltern streiten, zweitens dass sich ihre Eltern trennen und dass dann ihre Eltern über die Betreuung möglicherweise streiten. Deswegen ist es wichtig, dass wir für jedes Kind und für jeden einzelnen Fall eine Einzelprüfung vorsehen. Als Lösung kann das Wechselmodell in Betracht kommen. Aber was für Marie und Maximilian gut ist, ist für andere schlecht. Bei hochstrittigen Eltern ist das Wechselmodell schlecht. Zu diesem Ergebnis kommen auch die von Ihnen häufig angeführten Studien: Bei Eltern, die sich verstehen und deren Trennung einvernehmlich verläuft, ist das Wechselmodell – darauf hat Frau Keul zu Recht hingewiesen – richtig. Aber in den Studien wird auch warnend darauf hingewiesen, dass dieses Modell bei hochstrittigen Eltern und hochstrittigen Familiensituationen nicht kindeswohlstärkend, sondern kindeswohlgefährdend wirkt. Deswegen müssen wir den Einzelfall betrachten.
Selbstverständlich müssen nach einer Trennung Vater und Mutter die Möglichkeit haben, sich um das Kind zu kümmern, egal ob sie nun an einem Strang ziehen, miteinander reden, Werte teilen oder ob sie sich gegenseitig ausbremsen. Das ist uns wichtig. Das ist übrigens auch Ausdruck des gesellschaftlichen Wandels. Wir haben heute eine andere Situation als vor 30 Jahren, als es nur das Residenzmodell gab. Deswegen gibt es heute neben dem Wechselmodell unter anderem ein Pendelmodell und ein Doppelresidenzmodell, und, und, und; ich erspare mir den siebten Teil der Vorlesung darüber, welche Modelle es in Deutschland gibt. Wichtig ist nur, dass für jedes Kind das richtige Modell gefunden wird.
Die entscheidende Frage lautet – das haben die Kolleginnen vor mir in Breite ausgeführt –, welche Zeit Mama und Papa mit dem Kind verbringen. Entscheidend ist nicht die Quantität, sondern die Qualität der Betreuung. Alle Studien haben – auch länderübergreifend – ergeben, dass die Qualität der Zeit für das Kind wichtiger ist als das Zeitmanagement oder die Zeiteinteilung. Nicht der Elternwille zählt, sondern das Kindeswohl. Das sei auch denjenigen gesagt, die als Vertreter der Väterlobby oder der Mütterlobby dieser Debatte zuschauen. Wir sagen ganz deutlich: Ja, wir verstehen eure Intention und euer Interesse, und wir nehmen das mit auf. Aber für uns stehen das Kindeswohl und die Entscheidung für das Kind im Vordergrund. Danach werden wir uns richten. Bindung, Liebe und Vertrauen sind wichtiger als Quantität oder die Interessen einzelner Elternteile.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vor diesem Hintergrund war es klug und wichtig, dass wir in der Koalitionsvereinbarung für den gesamten Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch für den Bereich familiengerichtlicher Verfahren festgelegt haben, dass darauf zu achten ist, dass die Familienrichter gut ausgebildet sind, dass sie sich qualifizieren und weiterbilden. Nur dann lässt sich identifizieren, was für das jeweilige Kind wichtig ist. Es kommt ferner auf die Gutachten an. Es war klug, dies im Koalitionsvertrag mit der SPD so zu formulieren. Daran werden wir uns orientieren. Weil die Entscheidung für das Kind und für die Zukunft des Kindes so wichtig ist, brauchen wir die bestmöglichen Voraussetzungen bei familiengerichtlichen Verfahren. Es gibt viele Kinder, die trotz ausgiebiger Zeit mit einem Elternteil eine bessere Bindung zu dem anderen, weniger präsenten Elternteil haben wollen. Wir kennen auch Mütter und Väter, die während ihrer Zeit die Kinder vor allem von Computer und Fernseher betreuen lassen; das ist ein Problem. Die Fifty-fifty-Regelung wirkt dem Anschein nach zwar gerecht. Das ist sie aber nicht, wenn sich darin nicht die individuellen Bedürfnisse des Kindes widerspiegeln.
Noch eine Bemerkung zum Ende meiner Redezeit, da immer wieder Studien angeführt werden, die angeblich belegen, dass nur und ausschließlich das Wechselmodell der Regelfall sein soll. Man muss die Studien vergleichen, beispielsweise die Studien aus Australien. In Australien wird das Wechselmodell anders definiert als in Deutschland. Bei vielen Studien –
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Herr Kollege.
MarcusWeinbergCDU/CSU(Hamburg)Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU):
– um als erster Mann, der hier reden durfte, zum Schluss zu kommen, Herr Präsident –
(Heiterkeit)
hat man nicht konflikthafte Situationen überprüft; aber das muss unsere Aufgabe sein.
Von daher kann ich sagen: Über eine Klarstellung können wir reden, lieber Koalitionspartner; Anträge bringen wir ja gemeinsam ins Parlament ein. Aber ein Wechselmodell als Regelfall – Entschuldigung, liebe FDP – würde bedeuten, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Das wollen wir nicht.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Die geschlechterspezifische Solidarität sollten Sie nicht überstrapazieren.

Esther Dilcher für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)


EstherDilcherSPDEsther Dilcher (SPD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wechselmodell als Regelfall – das lehnt die SPD-Fraktion ab. Eine gesetzliche Regelung für den Umgang des Kindes mit den Eltern findet sich bereits in § 1684 BGB; – Juristen sagen: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Dort steht in Absatz 1:
Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil ...
In Absatz 3 steht dann – und das ist entscheidend –:
Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung ... näher regeln.
Davon haben die Gerichte bisher mehr oder weniger Gebrauch gemacht. Einige waren so mutig und haben das schon angeordnet, teilweise auch im Wege der einstweiligen Anordnung unmittelbar nach der Trennung. Andere waren sich unsicher und haben das abgelehnt. Der BGH hat nunmehr klargestellt, dass das durchaus möglich ist und dass alle Modelle von § 1684 BGB umfasst sind. Das Kindeswohlprinzip ist ebenfalls im Gesetz geregelt. Das heißt, dass alle Entscheidungen, die zu treffen sind, immer das Kindeswohl im Blick haben müssen. Eine gesetzliche Regelung in Ihrem Sinne braucht es nicht. Im Übrigen wundert mich, dass eine freiheitlich-demokratische Partei hier ein ganz bestimmtes Modell vorgeben und den Menschen die Entscheidungsfreiheit nehmen möchte.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zutreffend ist auch, dass sich Eltern, die ihr gemeinsames Sorgerecht zum Wohle des Kindes ausüben, auf ein Wechselmodell ohne gerichtliche Klärung einigen können und dies auch bereits getan haben. Diese Fälle kommen erst gar nicht vor Gericht; die sehen wir gar nicht.
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Frau Kollegin Dilcher, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Helling-Plahr?
EstherDilcherSPDEsther Dilcher (SPD):
Ja.
KatrinHelling-PlahrFDPKatrin Helling-Plahr (FDP):
Frau Kollegin, es entsteht unweigerlich der Eindruck, dass sowohl Sie als auch die Kollegen unseren Antrag nicht gelesen oder nicht verstanden haben oder ihn auch nicht verstehen wollten. Es geht uns nicht darum, dass wir jeder Familie ein Wechselmodell aufdrücken wollen. Wir haben klargestellt, dass in jedem Einzelfall Prüfungen des Kindeswohls stattfinden müssen. Wir wollen das Wechselmodell zum Regelfall machen – nicht mehr und nicht weniger –, von dessen Basis aus, wie derzeit auch, der konkrete Fall beurteilt werden muss. Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, zu Ihrer bisherigen Aussage noch einmal Stellung zu nehmen.
(Beifall bei der FDP)
EstherDilcherSPDEsther Dilcher (SPD):
Vielen Dank. – Ich denke, Sie haben Ihre Frage gerade selbst beantwortet in dem Augenblick, wo Sie gesagt haben, Sie wollten das als Regelfall. Genau das wollen wir nicht.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
In der Mehrzahl der Fälle ist es so, dass die überwiegende Betreuung durch einen Elternteil und der Umgang des anderen Elternteils an Wochenenden und einzelnen Wochentagen leider immer noch die Regel ist, weil die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen es heute gar nicht anders zulassen. Wo gibt es denn Möglichkeiten einer zuverlässigen Betreuung, wenn beide Elternteile Vollzeit, und das eventuell noch im Schichtbetrieb, arbeiten wollen? Wo ist der finanzielle Ausgleich, wenn beide Elternteile vorübergehend in Teilzeit arbeiten wollen? Diese Voraussetzungen, diese Rahmenbedingungen müssen wir schaffen. Daran werden wir arbeiten, um ein Wechselmodell aufbauen zu können, und das nicht nur für mehr Eltern, sondern insbesondere für mehr Kinder, weil wir das Kindeswohl im Blick haben.
Auch die Forderung der Linken nach Änderung des Unterhaltsrechts bzw. dessen Anpassung ist für mich noch ein bisschen zu kurz gedacht; da müssen wir noch eine ganze Menge mehr erarbeiten. Wer bezahlt dann noch den Kindergarten, die Schulbücher, die Schulausflüge, Geschenke für Freunde, Bekleidung, Vereinsbeiträge, Taschengeld? Das sind strittige Fragen, die sicherlich noch weiter diskutiert werden. Wenn sich Eltern streiten wollen, dann finden sie auch etwas, worüber sie sich streiten können.
Am wichtigsten für die Kinder sind die Bindung des Kindes zu beiden Elternteilen, deren Kommunikation und die gemeinsame Sorge. Lassen wir also den Eltern und den Gerichten Spielraum, um bestmögliche Voraussetzungen für die Befriedigung der individuellen Bedürfnisse eines jeden Kindes zu schaffen, und bringen wir verbesserte Rahmenbedingungen auf den Weg.
Meine Damen, meine Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Vielen Dank, Frau Kollegin Dilcher.

– Zum Schluss der Debatte erteile ich das Wort der Kollegin Andrea Lindholz für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)


AndreaLindholzCDU/CSUAndrea Lindholz (CDU/CSU):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute einen Antrag, mit dem die FDP das familienrechtliche Wechselmodell, also die hälftige Betreuung der Kinder, zum Beispiel nach der Trennung als Regelfall einführen möchte.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Als Fachanwältin für Familienrecht habe ich viele Jahre in diesem Bereich gearbeitet und vieles erlebt. Es ist ein Rechtsgebiet, das wie kaum ein anderes von menschlichen Schicksalen begleitet ist und das von allen Beteiligten, auch den Richtern, Anwälten und Mitarbeitern beim Jugendamt, ein hohes Maß an sozialer Kompetenz und an Mediationsfähigkeit fordert. Ich bin deshalb froh, dass wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, dass wir die Fortbildung von Richterinnen und Richtern im Bereich des Familienrechts gemeinsam mit den Ländern stärken wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
CDU und CSU unterstützen es sehr, wenn Väter und Mütter auch nach einer Trennung ihre Kinder gemeinsam betreuen. Das ist heute zum Glück immer öfter die Regel, und das ist ein wichtiger gesellschaftlicher Fortschritt. Selbstverständlich sind beide Elternteile, Vater und Mutter, gleichermaßen in der Lage, ihre Kinder zu erziehen und zu betreuen. Das Gesetz sieht die gemeinsame elterliche Sorge auch als Regelfall vor. Auch das Umgangsrecht ist geregelt als Recht und Pflicht beider Eltern. Das Kind hat einen Anspruch auf Umgang mit beiden Elternteilen; zum Glück können sich viele Eltern in Trennungssituationen einigen. Das Wechselmodell kann gerichtlich angeordnet werden, ebenso wie erweiterte Umgangsregelungen. Es kann sogar gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden. Deshalb ist eine gesetzliche Klarstellung zwar nicht notwendig, aber eben auch nicht schädlich. Auch im Koalitionsvertrag steht ein Satz zu diesem Punkt.
Jede Form der Umgangsvereinbarung muss sich aber zuerst nach dem Kindeswohl, dann nach den Interessen der Eltern und erst ganz zum Schluss nach finanziellen Erwägungen ausrichten. Ich kenne verschiedenste Fälle, in denen die exakt hälftige Betreuung gerade nicht funktioniert. Ich will die jeweiligen Gründe gar nicht bewerten; das können räumlich-technische Gründe sein. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ist es nicht zielführend, das von Ihnen geforderte Wechselmodell bei Trennung ohne Elternkonsens – so steht es in Ihrem Antrag – als Regelfall zu verankern; denn im Fall des Konsenses haben wir gar kein Problem mit unserem Gesetz.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn sich Eltern nicht über das Umgangsrecht einigen können – genau darüber reden wir hier –, dann müssen eben zunächst Aspekte des Kindeswohls wie Alter des Kindes, Wille des Kindes, Bindung an die Eltern, die bisherigen Abläufe, neue Strukturen, Kooperationsfähigkeit der Eltern und vieles mehr geprüft werden. Wenn man Ihrem Antrag folgte, hätten Eltern auch Anspruch darauf, ein vier Monate altes Kind von Anfang an hälftig zu betreuen, selbst wenn sie noch nicht einmal zusammengelebt haben.
Ihr Antrag lässt verdammt viele Fragen offen. Er ist auch nicht geeignet, Streitpotenzial zu vermeiden. Im Gegenteil: Er ist sehr stark von Geldfragen geprägt. Bei einer Ehe, in der gleichberechtigt die Möglichkeit gegeben war, seinem Beruf nachzugehen, haben wir auch heute im Unterhaltsrecht kein Problem. Aber wenn Frauen – es können auch Männer sein – zurückstehen und weniger arbeiten, dann haben wir die Probleme, auch wenn wir die von Ihnen geforderten Änderungen vornehmen würden.
Ich will noch einen letzten Punkt zum Unterhalt ansprechen und nehme als Beispiel den schönen Begriff „erweitertes Umgangsrecht“. In diesen Fällen – das glaube ich auch – gibt es tatsächlich unterhaltsrechtlichen Regelungsbedarf. Da ist noch zu vieles zu unklar geregelt. Deswegen haben wir gemeinsam mit der SPD vereinbart, dass wir uns die Unterhaltsregelungen nochmals anschauen; das ist auch gut so. Letztlich sollten wir eines machen: Wir sollten dafür sorgen, dass in den Beratungen vor Ort den Eltern Mut gemacht wird, ihre Kinder gemeinsam zu betreuen und vielleicht auch neue und unkonventionelle Wege zu gehen. Das ist der richtige Schritt, nicht die gesetzliche Verankerung des Wechselmodells per se im Gesetz.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Vielen Dank, Frau Kollegin Lindholz.

– Mit diesen Worten schließe ich die Aussprache.
Wir kommen nun zur Abstimmung über die Überweisungen, und zwar zunächst zu Tagesordnungspunkt 15 a. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 19/1175 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Nun kommen wir zu Tagesordnungspunkt 15 b. Die Vorlage auf Drucksache 19/1172 soll an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse überwiesen werden; die Federführung ist jedoch strittig. Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, AfD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen wünschen Federführung beim Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz. Die Fraktion Die Linke wünscht Federführung beim Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Ich lasse zuerst über den Überweisungsvorschlag der Fraktion Die Linke – Federführung beim Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – abstimmen. Wer stimmt diesem Überweisungsvorschlag zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Überweisungsvorschlag gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke mit den Stimmen der übrigen Fraktionen dieses Hauses abgelehnt.
Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, AfD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen – Federführung beim Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz – abstimmen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist ebenfalls mit der Mehrheit der Fraktionen dieses Hauses gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke der Überweisungsvorschlag angenommen.
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#20
Jetzt kommt irgendwann die Veröffentlichung von Stefan Rücker. Da wird wenig Überraschendes stehen.

Dann kommen ein paar Landtagswahlen und dann beginnt der Wahlkampf zur nächsten Bundestagswahl.

Deutschland ist im Familienrecht und wohl in allen anderen Bereichen aus sich heraus nicht reformfähig.
remember
Don´t let the bastards get you down!

and
This machine kills [feminists]! 
(Donovan)
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#21
Inhaltlich braucht man wohl nicht viel dazu sagen, Familienrecht in Deutschland halt. Diese Mischung aus Ahnungslosigkeit, Dummheit und Rückwärtsgerichtetheit ist uns nur allzu bekannt.

Interessant fand ich, dass einige dieser Politiker immerhin gemerkt haben, dass sie in einem Rückzugsgefecht sind. Irgendwie ist das Wechselmodell selbst in D bereits zu präsent geworden. Sie spüren dass der Deckel nicht mehr so leicht zugeht. Man muss sich damit notgedrungen beschäftigen. Die CDU-Rednerin will das Unterhaltsrecht verändern und das Wechselmodell einbauen, die SPD-Frau will es "zur Klarstellung" ins Gesetz haben, die AfD-Person will "eine Rechtslage" schaffen, die Frau der LINKE redet im Kreis rum will aber irgendwas im Unterhaltsrecht ändern, die GRÜNE-Frau macht ebenfalls verbalen Kreisverkehr, der einzige Mann in der Debatte von der CDU (Quote! Quote!) will auch gesetzliche "Klarstellung", die zweite SPD-Frau will nix, die Frau der CDU ist Familienrechtsanwältin und sieht "unterhaltsrechtlichen Regelungsbedarf".

Da lässt sich was nicht mehr wegdiskutieren, es kam etwas auf das noch inkompatibler mit dem Familienrecht ist wie viele andere sinnvolle Entwicklungen.

Ach ja, sowohl Antrag als auch Rednerin der FDP fand ich elend schlecht formuliert und nicht durchdacht. Das war schon peinlich. Kein gutes Bild. Ich habe den starken Eindruck, die FDP wollte das Thema einfach mal beackern weil es gerade gärt und sich damit profilieren, weil es keine andere Partei macht. Aber eigentlich haben sie Null Ahnung und sind auch nicht daran interessiert, kompetenter zu werden.
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#22
Doch, die FDP hat schon Ahnung von dem Thema, die haben nur ne ahnungslose Liesel laufen lassen - die hätten 15 bessere gehabt.

Das habe ich dem Föst auch gleich mal gemailt.

Die Liesel fängt mit Marie und Maximilian an ... statt gleich auf die strategische Dimension von Streit und Konflikt einzusteigen- dumme Anwältin halt!
remember
Don´t let the bastards get you down!

and
This machine kills [feminists]! 
(Donovan)
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#23
Die Rede im Bundestag des Antrags durch Madame Helling Bindestrich Plahr war mies, da sind wir uns einig. Aber auch der Antrag ist keine Glanzleistung. Er lässt den traurigen familienrechtlichen Kontext ausser acht, ist sehr unbestimmt fomuliert (hangelt sich an Schlagworten entlang). Die Begründungen sehen besser aus wie der Antrag. Aber sie machen auch den Eindruck, als wären sie von anderen Urhebern per Cut & Paste hinzugefügt worden.
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#24
Soweit bin ich nicht vorgedrungen...

Sie hätten jedenfalls die notwendige Unterstützung der Szene erhalten - wenn sie darum gebeten hätten. Da bin ich mir sicher - und die Kontakte bestehe - das weiß ich.
remember
Don´t let the bastards get you down!

and
This machine kills [feminists]! 
(Donovan)
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#25
Bei der Abgeordneten Werner sollte mal die Imunität aufgehoben werden wegen Ordnungsgeld/haft im Rosenkrieg.
Smile
https://www.berliner-kurier.de/berlin/ki...r--1222420
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