Ein paar weitere Informationen: Es gibt ein Thesenpapier mit 50 Thesen zum Kindschaftsrecht, das "dringend einer grundlegenden Reform" bedürfe. Genannt werden unter anderem:
- Die elterliche Sorge soll den rechtlichen Eltern eines Kindes von Anfang an gemeinsam zustehen.
- Die elterliche Sorge soll nicht mehr entzogen werden können. Elternkonflikte sollen durch Regelung der Ausübung der elterlichen Sorge entschieden werden. Dies gilt insbesondere auch für die Betreuung des Kindes.
- Es soll kein gesetzliches Leitbild für ein bestimmtes Betreuungsmodell eingeführt werden. Vielmehr sollen alle Betreuungsformen bis hin zum Wechselmodell im Rahmen einer am Kindeswohl orientierten Einzelfallentscheidung angeordnet werden können.
- Einer Sonderregelung für das Wechselmodell bedarf es deshalb nicht.
- Es kann, wenn es dem Kindeswohl am besten entspricht, wie jede andere Betreuungsform folglich auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden.
- Der Willen des betroffenen Kindes soll eine größere Rolle bei der Betreuung spielen
Die elterliche Verantwortung soll gestärkt und einvernehmliche Lösungen sollen erleichtert werden.
Hier die Mitglieder dieser Arbeitsgruppe:
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/D...recht.html
Es sind ganz oder fast ganz Juristen. Eines wird also ganz sicher nicht dabei herauskommen: Familienverhältnisse zu normalisieren statt die bis ins absurde gesteigerten Verrechtlichung beizubehalten.
Das Thesenpapier im Volltext:
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads...onFile&v=1
Ein paar Presseartikel basierend auf einer AFP-Meldung gibts es auch, z.B.
https://www.tagesspiegel.de/politik/sorg...68032.html
Soweit ich das Thesenpapier durchgegangen bin, sind darin folgende Punkte wichtig:
Die rechtliche Elternschaft begründet das
Sorgerecht. Aus den sechs unterschiedlichen Väterstufen zwischen Verheiratetem Vater bis zum Samenspender hinunter in allen Abstufungen könnten damit fünf werden. Kein Wort über die Probleme des Sorgerechtsbegriffs in anderen Rechtgebieten, z.B. Irrelevanz der elterlichen Sorge bei einem ertrotztem Umzug.
"
Betreuung" kann alles oder nichts sein. Alles Einzelfall in extremo. Kein Wort über eine veränderte Durchsetzung von ignorierten Betreuungszeiten.
Mediation: Alles freiwillig, kann, könnte, sollte, würde. Im Grund alles, wie es schon theoretisch ist aber nie in der Realität ankam. Man kann die grosse Furcht der Arbeitsgruppenjuristen mit Händen greifen, die lukrativen Gerichtsvorgänge mit ihren teuren Kindeswohl-Laien und irre teuren Gutachten ja nicht in Frage zu stellen. Lösungen wie in Norwegen, wo die Gerichte Zugangsschwellen haben sind hier undenkbar. Zahlen wird alles wie üblich der Vater. Punkt lautet "
Mediationskostenhilfe sollte eingeführt werden" und wurde von den Juristen in Abstimmung abgelehnt. Um das Unterhaltsrecht ging es nicht. Wie das beispielsweise durch ein Wechselmodell angepasst werden muss, darüber schweigen im Walde.
Der
Kindeswille steht ganz vorne. Das wird wohl die bewählte Manipulationstaktik bindungsintoleranter Eltern zusätzlich befeuern. Damit die Verfahren noch lukrativer und komplexer werden, sollen jetzt noch die Kinder selber ein Antragsrecht bekommen. Allerdings erst ab 14 - da war auch jetzt schon mehr was gegen den erklärten Willen der Kinder zu machen.
Ich würde mal einen Pluspunkt für den Vorschlag der gemeinsamen Sorge vergeben, die seit 42 Jahren eine schwelende Wunde bei getrennten Eltern ist und wo wir die üblichen 25 Jahre Verzögerung gegenüber weiter entwickelten europäischen Nachbarn bald erreicht haben.
Einen dicken Minuspunkt gibt es für die Ausklammerung der Durchsetzung und Realisierung von Punkten in Betreuung und Sorge, die bisher schon nicht durchgesetzt werden oder einfach ignoriert wie das Sorgerecht in anderen Rechtsgebieten.
Einen weiteren Minuspunkt für den dritten Versuch, Mediationen "irgendwie" zu installieren aber ja nicht mit Auswirkungen und ja nicht am heiligen Juristengericht kratzend. Auch beim Geld: Verfahrenskostenhilfe für die Gerichtsjuristen immer, Geld für Mediation nie.
Ein Minuspunkt für die blosse Umdefinierung von Begriffen, das hat zwar Tradition im deutschen Familienrecht aber die Umetikettierungen waren immer nur Etikettenschwindeleien. So lügt sich der ganze Haufen z.B. durch den Kindeswohlbegriff hindurch um Eigeninteressen damit zu verdecken und ignoriert dabei, dass der sehr wohl wissenschaftlich fundierten (!) Inhalt hat, z.B. durch das Kimiss-Projekt
https://www.kimiss.uni-tuebingen.de/index.html