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Hat wer Erfahrungen mit dem Jugendamt?
#1
Hallo zusammen,

Ich hätte ein paar Fragen bezüglich Erfahrungen mit dem Jugendamt in Deutschland und dachte, das sei das Forum mit größter Aussicht auf befriedigende Antworten, zunächst jedoch die Ausgangssituation:

Eine gute Bekannte von mir hat nicht die besten Beziehungen zu Ihren Eltern (vor allem zum Vater besteht eine Eiszeit), zusätzlich ging in Ihrer Familie noch einige andere kuriose Dinge zu (keine Gewalt soweit ich es mitbekommen habe aber ein sehr striktes Familienregiment und andere bürokratische Angelegenheiten durch die die Familie schon einmal in den Kontakt mit dem Recht gekommen ist). Ich vermute durch Selbstanzeige ihrerseits ist das Jugendamt darauf aufmerksam geworden und hat sie in Obhut genommen. In den ersten drei Tagen konnte sie noch kommunizieren (Handy, SMSs und Co.) jedoch nicht mit ihren Eltern (kann ich soweit nachvollziehen, der elterliche Einfluss soll ja schließlich minimiert werden, damit sie ohne Druck und Angst im Rücken ausm Nähkästchen plaudern kann). Nun wurde Ihr am dritten Tag jegliche Kommunikation verweigert (das konnte sie noch vor der Abnahme des Handys mitteilen). Was geschieht nun? Ihre volljährige Schwester (deshalb nicht auch in Obhut genommen) und ich (sehr gut befreundeter Mitschüler) machen uns Sorgen was mit Ihr geschieht und ob und wann wir sie wiedersehen könnten. Nach Recherche habe ich die üblichen Horrorgeschichten über das Jugendamt gelesen, die die Isolation als Mittel zur einfacheren "Umsiedelung" in eine Pflegefamilie nutzen, obwohl dies oftmals kontraproduktiv ist.

Nun zu meinen Fragen: Wird der Kommunikationsentzug bloß als temporäre/disziplinarische Maßnahme eingesetzt oder soll aller Kontakt zu vorherigen Freunden/Geschwistern/Mitschülern abgebrochen werden? Ist das Ziel des Jugendamtes die Reintegration in die ursprüngliche Familie oder wird lieber (auch nach Prüfung unbegründet) in Pflegefamlilien "abgeschoben"? Dürfen die Betroffenen mit Dritten/Freunden über ihre Zeit im/beim Amt reden (ich habe es selber nur durch die Schwester (die die "Abführung" durch das Jugendamt gesehen hat) erfahren, nachdem sie sich hilfesuchend an mich gewendet hatte)?

Bin zurzeit etwas aufgewühlt, da ich nicht weiß wie es um meine gute Freundin steht. Vielen Dank an alle, die sich meinen Post durchgelesen haben, über Antworten bin ich noch viel froher!

P.S.: Habe dieses Forum durch einen freundlichen Reddit-Nutzer empfohlen bekommen, vielleicht habt Ihr deshalb das schon mal vor Augen gehabt, nicht wundern.
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#2
Nun, wir alle hier haben Erfahrungen mit dem Jugendamt. Allerdings keine guten.

Deine Fragen zielen darauf ab, ob das Jugendamt bestimmte Ziele mit dem "Komunikationsentzug" verfolgt - das weiß niemand. Es würde nämlich implizieren, daß das Jugendamt über so etwas wie planmässiges und zielgerichtetes Handeln verfügt - nach unserer Erfahrung ist das aber eigentlich nie der Fall. Es hängt vom jeweiligen Sachbearbeiter und seiner Tagesform ab, ob er Hunger hat, schlecht geschlafen, keinen oder nur schlechten Sex gehabt - such dir was aus.

Ansonsten wird es deiner "sehr gut befreundeten Mitschülerin" sicher nicht schaden, das Daddelhandy mal für eine gewisse Zeit nicht zu benutzen und stattdessen mit dem direkten Umfeld zu kommunizieren - verbal, nicht digital. Und sich mit Problemen selbst und direkt auseinander zu setzen und Konfliktbewältigung in der Praxis zu üben, nicht nur virtuell. Und zudem - nach wessen Einschätzung ist es denn kontraproduktiv, ein in Obhut genommenes Kind temporär vom bisherigen Umfeld abzuschirmen? Nach deiner Einschätzung, oder wer hat so was behauptet?

Fakt ist jedenfalls, dass in der gegenwärtigen Situation kaum Handlungsoptionen erkennbar sind. Vielleicht wartest du einfach ein paar Wochen ab; sie wird sich bei dir melden sobald sie kann. Oder auch nicht, ist schliesslich weiblichen Geschlechts, da weiß man nichts sicher......
Bibel, Jesus Sirach 8.1

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#3
Inobhutnahmen sind selten, weil sie sehr teuer sind. Es kostet Geld, eine Jugendliche ausserhalb der Familie unterzubringen, mehrer tausend Euro pro Monat, das Geld sitzt nicht so locker dass das eine häufige Option ist. Nur weil man nicht mit den Eltern klar kommt ist das normalerweise kein Grund für eine Inobhutnahme. Ich würde davon ausgehen, dass jemand drastische Vorkommnisse behauptet oder vermutet, die eine schnelle Inobhutnahme rechtfertigen.

Da gibt es normalerweise auch kein Kommunikationsverbot. Sollte Gewalt und aktive Schädigung im Raum stehen, ist Kommunikation natürlich zunächst mal abzulehnen. Es könnte ja sein, dass ein Familienangehöriger ihren Aufenthalt sucht, um ihr etwas anzutun und auch ihre Freunde abfragt, ob die etwas wissen. Dann sollte erst mal Ruhe herrschen. Aber das ist auch kein Dauerzustand, nach ein paar Wochen wenn klar ist was los ist wird sie reden können mit wem sie will.

Einen grundlosen Kommunikationsentzug gibt es nicht. Jugendliche kommen normalerweise in Wohngeimschaften, die von einem Sozialpädagogen betreut werden. Da geht es ganz normal zu und da herrschen auch Regeln. Wenn sie beispielsweise stundenlang am Handy hängt, wird sie dort Ärger bekommen. Vielleicht hat sie dir eine Nachricht geschickt, kurz bevor ihr deutlich gesagt wurde "Schluss mit dem Handy".

Du bist Dritter, dir wird das Jugendamt keine Auskünfte geben. Ich würde einfach abwarten. Deine Freundin macht nicht den Eindruck eines kleines Kindes, selbst wenn sie von den Eltern getrennt bleibt kommt sie in keine Pflegefamilie, für Jugendliche sind es wie gesagt Wohngemeinschaften mit 4-6 Bewohnern. Erst werden andere Optionen gesucht. Da spricht man miteinander, wenn es bloss aufgeschaukelte Konflikte zwischen Eltern und Tochter sind gibts auch andere Möglichkeiten. Verstärke Betreuung ausserhalb der Familie, Leben bei Verwandten, ein Internat...
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