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Meine Geschichte ist – wie jede andere auch – einmalig.
Die Frage zu eventuell vorhandenen Schnittmengen sei mir dennoch gestattet.
Was prägt ein Kind, wenn dies in ein Umfeld der Ära des Wertewandels geboren wird und dessen minderjährige Mutter zwar gerne ihren Freiheitsdrang äußert jedoch nicht leben darf und kann?
Ich wurde in eine Zeit geboren, als sich die Jugend kollektiv von den tradierten Werten und Lebensweisen ihrer Eltern und Großeltern zu lösen begann.
Hinderlich waren zu der Zeit jedoch die rechtlichen Barrieren, da die Volljährigkeit erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres einsetzte.
Meine Eltern waren zum Zeitpunkt meiner Geburt beide noch minderjährig, die Mutter 16 und der Vater 19 Jahre jung.
Die Beziehung der Beiden unterschied sich wohl kaum von denen zwischen Jugendlichen unserer Tage.
Ein wenig Posing auf beiden Seiten.
Mutti im handbreit unter der Scham endenden Mini und Vati als cooler Rocker, mit modifizierter Tolle, dicker Hose und cooler Rocker-Clique. Neugier und Lust auf sexuelle Freiheit und kein Gedanke verschwendet, auf das was nach einer gepflegten Nummer mit Kindesfolge wohl daraus erwachsen würde.
Dumm gelaufen, weil Schwanger!
Von Abtreibung war im elterlichen Umfeld die Rede. „Mensch, das Mädel ist doch selber noch ein Kind!“
Mutti entschied sich für die Geburt und Behalt des Kindes.
Zum Vormund wurde mein Großvater bestellt, der ohnehin noch dieses minderjährige Mädchen, nun auch noch selber Mutti, in seinem Haushalt zu versorgen hatte.
Mutti gab Vati, aus mir bis heute unerfindlichen Gründen, den Laufpass (es sollen nach meiner Geburt hormonelle Veränderungen, die zu unerklärlichen Wutausbrüchen führten, zur Degradierung meines Vatis dazu geführt haben?).
Vati beschränkte sich also in der Folgezeit auf das Bezahlen des Kindesunterhaltes und ließ sich bis zu meinem zwölften Geburtstag durchschnittlich jährlich einmal bei mir blicken.
Den Umgang zwischen Kind und Vater hat Mutti demnach nicht blockiert.
Dass hieraus kein inniges Band geschlossen wurde dürfte niemanden verwundern.
Das gilt bis zum heutigen Tag, wird hier nicht weiter behandelt und kommt ggf. später noch auf den Tisch.
Zurück zu Mutti!
Diese lernte mit 17 dann die nächsten zwei Männer mit dicker Hose kennen und beabsichtigte mit mir, einem der Männer und weiteren in eine Kommune zu ziehen.
Wieder dumm für die Mutti gelaufen, denn sie wurde – sie vermutet noch heute ein Komplott – in gefühlt erpresserischer Absicht vor die Wahl gestellt: Entweder allein, also ohne mich, oder gar nicht in diese neumodische Erscheinung, „wo jeder mit jedem rummacht!“.
Was Gewalt ist, daran erinnere ich mich noch heute.
Essen mit Gewalt:
Ich war in den ersten Lebensjahren beileibe kein Fleischfresser und die Suppeneinlagen mit grob-faserigem Rindfleisch wirklich nicht leicht mit den noch vorhandenen Milchzähnen zu zermahlen. Waren die Backentaschen erstmal voll ging erst recht nichts mehr. Schlucken unmöglich. Strafe für die „elendige Fresserei!“ Sitzen bleiben, bis aufgegessen wurde.
In dem Punkt war Mutti härter als ihre Eltern und auch sehr unnachgiebig.
Während Oma und Opa mich irgendwann den Faserklumpen haben ins Klo spucken lassen, bekam ich von Mutti nur noch mehr in den am Gelenk aufgedrückten Kiefer gestopft. Dabei ist mir noch heute der Klang des harten Löffels, der gegen meine Milchzähne stieß, in bester Erinnerung. Und wehe die Hälfte lief wieder aus dem ohnehin überfüllten Mund oder wegen Verschluckens, dann setzte es auch mal was von außen, dann knallte der Löffel auf´ s Porzellan und eine entnervte Mutti verließ laut schimpfend den Tisch, mit der wiederholten Order den Tisch erst verlassen zu dürfen, wenn denn der Teller leer gegessen wäre.
Gewalt gegen die Uhr:
Ab dem zarten Alter von nur einem Jahr wurde ich durch die halbe Stadt gezogen.
Eine vollwertige Ausbildung konnte meine Mutter nicht abschließen, war zu der Zeit der klassischen Rollenverteilung auch nicht unbedingt notwendig, Mutti noch jung und für so manchen Mann, trotz Balg, nicht unattraktiv.
Oma und Mutti teilten sich zu der Zeit einen Arbeitsplatz in der Innenstadt, während Opa das Haupteinkommen erzielte.
Nur so ließ sich dieses Familiengebilde finanzieren, eine Kinderbetreuung in der Krippe wäre zu teuer gewesen und entsprach zudem nicht den eigenen Ansprüchen mir gegenüber.
Der Gedanke ein Kind zu gebären um es sogleich ganztägig abzugeben erschien meinen Ahnen beknackt.
Für ein Kind unter drei Jahren, dessen Zehen gerade einmal den Boden berühren, wenn es mit ausgestrecktem Arm an der Hand von Muttern oder Oma mehr hängt, denn sich hält, ist das Tempo eines Erwachsenen, der immer auch die Anschlussbahn zu erreichen hat, immens hoch. Hier Schritt zu halten eine – wie sagt man heute so schön? – wahre „Herausforderung“.
Bei Oma ging das noch recht gut, während Mutti immer irgendwie gehetzt war.
Ich habe keine Ahnung wie viele Male ich in der Luft hing, mir am Arm gezogen wurde und an den Kopf geworfen wurde „Nun lass dich nicht immer ziehen! Geh´ zu! Wir haben keine Zeit!“
Man mag es kaum glauben, aber auch das Gezerre am Arm eines Kleinkindes kann diesem fies weh tun.
Das Problem am zeitweiligen Hängen ist, dass man so nur noch schlechter läuft.
Was zu erneuten Unmut des Schleifenden führt, was sich letztlich und wiederholt darin äußert, dass hängendes, nur noch nervtötend heulendes Bündel etwas auf den Hosenboden bekommt, welches den Effekt hat, dass sich das Bündel aufgibt, fallen lässt oder alternativ frustriert und laut heulend versucht weiteren Schlägen zu entkommen, indem es sein Bestes gibt, die an ihn gestellte Anforderung zu erfüllen.
Geheult hatte ich in dem Alter wohl reichlich, was mich, offensichtlich und neben einigen anderen Ereignissen mehr, zu einem „larmoyanten Vater“ werden ließ, der bisweilen auf entsprechend sich abwertend äußernde weibliche Kotzbrockinnen allergisch reagiert.
Später mehr, denn jetzt ist wieder Vater-Kind-Zeit!
16.02.2012, BILD: "Das Halbwahre ist verderblicher als das Falsche." (Ernst Freiherr von Feuchtersleben)
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Mit drei Jahren dann, kam ich in den Kindergarten.
Dieser war fußläufig gut erreichbar.
Mutti hatte sich auf ein Leben außerhalb ihrer Ursprungsfamilie vorzubereiten und das meiner Existenz geschuldete weiter hinderliche Zusammenleben mit ihren Eltern in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung sollte schließlich bald ein Ende haben.
Meine Beine waren mittlerweile länger und recht gut trainiert, was jedoch nichts an der Tatsache änderte, dass die Zeit noch immer zu knapp bemessen, mein Frühstücks-, Anzieh- und Lauftempo nicht ausreichend hoch war.
So wurde ich also bis zum mit fünf Jahren (Mutti 21) erfolgten Auszug in den Kindergarten getrieben, gebrüllt, mitunter gerissen und geschlagen.
Was passiert eigentlich, wenn in einer solchen Situation das Kind auf die Knie fällt und die frische Hose wohlmöglich ein Loch bekommt?
Ich verrate es euch: Es setzt dafür was, neben dem Vorwurf, was denn die Leute wohl denken mögen, kommt man doch so zerrissen an einen öffentlichen Ort!? Und die teure neue Hose hat nun gleich wieder ein Loch, usw. usf.!
Gewalt wenn ein Kind schwierig ist
Nach dem langersehnten Auszug von Mutti mit mir, änderte sich im Umgang zwischen uns nichts. Mutti war zwar nun bereits fünf Jahre älter, aber reifer?
Immerhin ging es nicht mehr in eine Kommune, sondern in eine gediegene Zwei-Zimmer-Wohnung.
Mutti hatte da noch was nachzuholen und ich war noch immer das Kind, das irgendwie nicht so funktionierte wie erwartet und auch immer irgendwie da war. Und wenn auch mit der „Fresserei“ sich nach und nach was zum Besseren ändern sollte, so wurden die alten Probleme mit mir durch neue ersetzt.
Man, was war ich schwierig!
Ich war so schwierig, dass ich meine schönste Zeit weiterhin mit meinem Opa verbrachte. Ausgerechnet!
Dieser Opa, der mir so anders, so ruhig, ausgeglichen und sanft begegnete war – wie mir später erzählt wurde zu Mutti streng, hart, mitunter wohl auch grob bis gewalttätig war.
Ausgerechnet der zeigte mir eine spannende Welt auf eine Weise die mein Interesse weckte, während Mutti mich zwar ebenfalls überall mit hin schleppte, jedoch kaum eines dieser Ereignisse ohne großes Theater ablief und ich außer Ohrfeigen und Kneifspuren an den Oberschenkeln (unterm Tisch, wg. Der Fresserei) selten eine positive Erinnerung und Erfahrung mit nach Hause nahm.
Am besten war Mutti drauf, wenn sie einen neuen Freund hatte. Dann zeigte sie dem anfänglich, was für eine tolerante und geduldige Mutter sie war.
Das fand ich dann immer klasse und nutzte dies wohl auch weidlich aus.
Zwangsläufig hielten sich Geduld und Toleranz dann nicht sonderlich lange, wie auch die Partnerschaften von Mutti.
Ich war quasi Schuld am Scheitern ihrer Beziehungen und froh, wenn eines lieben Abends wieder ein Neuer plötzlich auf Muttis Sofa saß!
Richtig schwierig wurde ich mit der Einschulung, denn dort, in der Grundschule, boten sich mir Räume, die es zu füllen galt.
Im Gegensatz zum Kindergarten, in dem mehrere Erzieherinnen mit strengem Blick und scharfen Worten das Regiment führten, bekam ich eine junge und unerfahrene Klassenlehrerin, die mit Begriffen wie AD(H)S noch auf Jahre nichts anfangen konnte und der Kinder von alleinerziehenden Müttern offensichtlich zuvor noch nicht begegnet waren.
Meine Schulzeugnisse sind voll mit Texteinträgen, die mir zwar eine überdurchschnittliche Intelligenz, jedoch Unaufmerksamkeit und Desinteresse am Unterrichtsstoff bescheinigten.
Ganz nebenbei störte ich den Unterricht, indem ich andere ablenkte, durch das Klassenzimmer tobte und letztlich gar das Klassenzimmer mehrfach ohne Erlaubnis verließ.
Man kann sich nach der bisher geschilderten Vorgeschichte ausmalen, was einem Elternabend oder -Gespräch folgte, wenn ich freiwillig früh zu Bett bin und Mutti wieder nach Hause kam.
Sie hatte s ja nur gut mit mir gemeint!
Kochlöffel wurden ab den frühen 1970ern aus Kunststoff gefertigt, was ihnen eine kürzere Haltbarkeit bescherte, wenn man sich auf das Rühren im Topf nicht beschränkte.
Mit der Hand zu schlagen gab Mutti zeitig auf, weil „… mir die Hand immer so schnell weh tat.“
War dann auch der Kochlöffel hin, setzte es noch einige Hiebe mit dem Hauslatschen.
Das waren so Teile mit hohen Kunststoffabsätzen, jedoch keine Clogs aus Holz, weil die in Mietwohnungen Schrittgeräusche machten und die Nachbarn hätten nerven können.
Das härteste, was im Alter von acht Jahren auf mich niedersauste war mein Wanderstock, denn ich mit sechs von meinen Großeltern in einem gemeinsamen Urlaub in Österreich bekam.
Diese Tracht Prügel kassierte ich, weil ich bei einem Freund gespielt und darüber die Zeit vergessen hatte. Mutti machte ich große Sorgen, dass mir etwas zugestoßen sei.
Irgendwann stand ich vor der verschlossenen Wohnungstür und irgendwann später kam Mutti mit Stiefpapa von der Suche heim.
Siefpapa verzog sich in die Küche, während die Schläge nieder prasselten, ich mich auf dem Boden wand und wie am Spieß schrie.
Ob´ s denn endlich mal geholfen hat?
Offenbar nicht, denn von da an hatte ich nicht mehr geweint, geschrien oder den Versuch unternommen den Schlägen auszuweichen.
Ich bevorzugte eine Sitzposition auf dem Fußboden, mit gekrümmtem Rücken, angezogenen Beinen und eingezogenem Kopf, jedoch zunächst noch mit den Händen über dem Kopf.
Diese Haltung perfektionierte ich später, indem ich die Hände nur noch vor´ s Gesicht hielt, weil Schläge auf Fingern dann doch noch eine eigene Qualität von Schmerz haben.
Ein dumpfer Schlag auf den Kopf hingegen macht nur ein wenig dösig.
Was immer also auf mich einschlug, es vermochte mir nicht mehr einen einzigen Ton zu entlocken.
Für heute soll´ s genügen!
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Die Ehe meiner Mutter war nach kurzer Zeit gescheitert.
Wenngleich sie sich nach eigener Aussage nichts hat zu Schulden kommen lassen, ließ sie sich als - damals suchte man noch eine/n Schuldige/n - schuldig am Scheitern der Ehe eintragen, um diese Angelegenheit so schnell wie nur möglich zu beenden.
Wer schuldig war, übernahm die Kosten der Scheidung.
Nach einiger Zeit standen für mich zwei weitere einschneidende Veränderungen an.
Mutti lernte, diesmal außerhalb meiner Reichweite, einen Mann kennen, der sie schwängerte und ich sollte auf´ s Gymnasium.
Meine Zeugnisse, meine soziale Herkunft, mein mittlerweile respektables Aggressionspotential, mein Aufmerksamkeitsdefizit sowie meine psychische Instabilität sprachen nicht unbedingt für einen solchen Weg, jedoch waren sich meine Lehrerinnen einig.
Auf dem Gym zeichnete sich mein Abstieg schnell ab.
Da standen nun immer strenge Herren in Anzügen und irgendwie ziemlich hoch vor mir, wo eben noch leger - schick gekleidete, milde Frauen an mir verzweifelten.
Mein Kunstlehrer war zunächst noch anders drauf und so wundert es kaum, dass mir dieses Fach einige Freude bereitete.
Der Rest war über seine Vermittler des Stoffs ebenso ablehnenswert wie das eigene Zuhause.
Mutti verkloppte mich zwar nun seltener, jedoch wuchsen meine Verpflichtungen im häuslichen Bereich.
Das kleine Würmchen zu belustigen war insoweit manchmal okay, weil ich meine kleinen neckischen Spielchen treiben konnte, jedoch kostete das Schieben einer Karre, zum damals noch recht neu etablierten Discounter, einige Überwindung.
Für einen, in der frühen Pubertätsphase sich befindenden Jungen, reichlich uncool.
Mit jedem Elterngespräch und Schulzeugnis kam auch entweder eine Herabsetzung, eine an den Latz, oder die Drohung mich in ein Heim zu geben, da sie, die Mutti, nicht mehr die Kraft habe mit mir fertig zu werden.
All diese Dinge waren zwar im Moment der Tat schlimm, jedoch wusste ich mittlerweile, dass diese Situationen nur zu überstehen waren, dann hätte ich wieder meine Ruhe.
Ich weitete meine Abwehr über die Schädigungen durch körperliche Angriffe auf die Ebene der noch verletzbaren Seele aus, indem ich mich reu- und demütig gab.
Ich hatte allerdings keine Ahnung wie kompliziert die menschliche Seele ist und dass meine zu dem Zeitpunkt bereits ausgiebig angefressen war.
Nun denn! So plötzlich wie die strengen Herren in Anzügen vor mir standen so schnell waren diese auch wieder davon, nach zwei Jahren Unterstufe.
Das kleine Brüderchen machte indes mehr Freude, weil bereits eine interaktive Kommunikation nicht nur möglich war, sondern ich irgendwie mehr war, als der große Bruder.
Es ist nicht so, dass ich keine guten Freunde in all den Jahren hatte, jedoch war diese Erfahrung mit dem kleinen Balg, dessen Unvoreingenommenheit, dessen beschützenswertes zartes Wesen, mir mehr gab als Fußballspielen oder Schwimmen gehen, mittlerweile zur lieb gewonnenen Nebensache angewachsen.
Ich ging nun auch mal gerne mit dem Zwerg zum Discounter, hatte mittlerweile an meinem Fahrrad einen Kindersitzhalter installiert und nahm den begeisterten Zwerg häufig freiwillig mit. Wo ich mit ihm hinkam erntete ich Anerkennung, im Discounter, bei den Mädchen, bei Mutti und dem Rest der Familie. Soziales Engagement ist cool, so mein Fazit.
So haute ich einmal einem Nachbarsjungen was auf´ s Maul, als mein kleiner Bruder diesem als Zielscheibe für seine Schüsse aus der Erbsenpistole diente und eine Erbse ins Auge bekam. Das ging ganz schnell und wiederholte sich nicht.
Ansonsten war außerhäusliche Gewalt nicht so mein Thema.
Es gab die eine und andere übliche Rangelei. Die Blaue-Augen-Statistik wies 2:1 zu meinen Gunsten aus und war somit respektabel. Ich mischte mich eher dort schlichtend ein, wo vermeintlich Schwächere getriezt wurden.
Ein heftiger Tritt, von einem Mädchen, zwischen meine Beine, im Alter von zwölf Jahren jedoch, der blieb mir in schmerzhafter Erinnerung.
Diesen bekam ich einfach mal so, am langen Arm, spielerisch ringend.
In der Realschule lief´ s einigermaßen, jedoch waren Lehrer im Allgemeinen noch immer nicht so mein Ding. Denen gegenüber wurde ich zunehmend respektlos, was irgendwann, neben einem mehrtägigen Verweis zu einer erneuten Tracht Prügel von Mutti führte.
Im Anschluss wurde ich von meinen Großeltern abgeholt. Meine Platzwunde an der Stirn trug ich wie eine Auszeichnung auf dem langen Weg zwischen den Wohnungen.
Ich ließ es nicht zu, dass die Wunde bedeckt oder abgetupft wurde.
Nein, die Welt sollte wissen woher die kam und wohin ich mit ihr ging.
Nach sechs Wochen fragten mich meine Großeltern ob ich es noch mal versuchen wollte und ich willigte ein. Ich wollte weder denen zur Last fallen, noch meinen Bruder im Stich lassen und überhaupt sollte diese Geschichte wohl bei Mutti etwas bewirkt haben.
Nach einem weiteren halben Jahr jedoch war endgültig Schluss, Ende, Aus.
Nach einem jeden Einkauf erfolgte eine Abrechnung, mit Kassenbon, der mitunter auch mal vergessen wurde.
Diesmal lag er mit dem Wechselgeld auf dem Tisch.
Mutti beklagte eine Differenz um – keine Ahnung – irgendwas um fünfzig Pfennig.
Mit nun 15 Jahren war ich ihr über den Kopf gewachsen.
All die Jahre, in denen ich für uns manch Einkauf erledigte, wurde abgerechnet.
Selten fehlten einige Pfennige und nun soll ich sie betrügen wollen?
Nach einigen Minuten des gewaltfreien Hin und Her, erhob Mutti die Hand, um mir eine zu scheuern.
Ich packte ihr Handgelenk.
Sie hob die andere Hand, ich packte das andere Handgelenk.
Fünfzehn Jahre, und ich hielt Mutti nun an beiden Handgelenken fest.
Ich hatte keinen Bock mehr auf diese sinnlosen Schläge. Ich war mir sicher, dass diese Schläge auch unangemessen waren, war ich mir keiner Schuld bewusst und hatte ich schließlich kein Geld unterschlagen.
Eine kurze Ewigkeit standen wir uns so am langen Arm gegenüber, bis sie diese Ewigkeit mit einer Bewegung beendete, die mir vor drei Jahren üblen Schmerz zubereitete.
Noch während ihr Knie nach oben ging, ließ ich ihre Handgelenke los, drehte mich seitlich und schob sie mit einem schnell ausgefahrenen Arm über den Küchentisch.
Noch bevor sie sich aufrappeln konnte, war ich in meinem Zimmer verschwunden, eingeschlossen und somit in Sicherheit.
Ich hörte meine Mutter telefonieren und nutzte die Gelegenheit wieder die Bühne zu betreten.
Mutti telefonierte gerade mit der Polizei, um denen mitzuteilen, dass ihr Sohn sich anschicke sie umzubringen.
Hat man da noch Worte?
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16.02.2012, BILD: "Das Halbwahre ist verderblicher als das Falsche." (Ernst Freiherr von Feuchtersleben)
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Die Polizei kam damals nicht.
Stattdessen wurde sie beruhigt und sie sollte sich erneut melden, würde die Situation wiederholt eskalieren.
Die Schilderung des Tathergangs muss demnach unzureichend gewesen sein.
Wartete sie nun mit dem viel gepriesenen Heim auf?
Nein.
Erneut kamen meine Großeltern mich zu holen und diesmal sollte es so bleiben.
Ich verbrachte die Zeit bis zu meiner Volljährigkeit bei und mit ihnen, schaffte meine mittlere Reife und begann eine Ausbildung.
Die häusliche Gewalt begegnete mir nicht in diesem gemäßigten Umfeld.
Wohl war ich nicht pflegeleicht – woher auch?
Es gab zunächst noch leichte Übergangsschwierigkeiten, aber eine erste feste Freundin folgte ebenso, wie mehrfache persönliche Neuorientierungen, in Sachen Freunde und Hobbys.
Zu den Übergangsschwierigkeiten gehörte ein Zusammenbruch von Mutti, irgendwann nachdem ich sie angeblich hatte umbringen wollen.
Gemeinsam mit meinen Großeltern besuchte ich sie im Krankenhaus.
Mutti kriegte im Anschluss die Kurve nicht mehr und nachdem ich endlich aus dem Spiel und einigermaßen in der Spur war, bekam sie Panikattacken, Sozialphobien und schloss sich ein.
Ich kann mich nicht mehr erinnern ob die Worte gleich zu Beginn oder etwas später gefallen waren?
„Du weißt, dass ich deinetwegen hier bin?“
Es sollte die letzte inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema, für die kommenden, rund 25 Jahre, gewesen sein.
Ich weiß nicht einmal mehr was ich ihr in dem Moment geantwortet hatte, so wie ich mich an den Rest dieser Begegnung ebenfalls nicht mehr erinnere.
Offenbar fiel in dem Moment die letzte Klappe dieser Mutter-Kind-Beziehung.
Meine erste feste Freundin verließ ich nach mehr als einem Jahr, nach einem Streit.
Wortlos.
Das war meine neue Konfliktstrategie: Umdrehen, weggehen und nicht mehr zurück blicken.
Mit 18 Jahren war ich nun volljährig, mein Großvater ging in den Ruhestand und ich bezog meine erste eigene Wohnung. Drei Jahre jünger, unreifer und immer auch latent aggressiv, als Mutti zu ihrer Zeit.
Die ersten Jahre waren hart, man mag es glauben.
Mit einer mageren Ausbildungsvergütung, dem Kindergeld und Barunterhalt der beiden Eltern plötzlich alles allein bestreiten zu sollen war nicht einfach. Falsche Freunde machten sich bei mir breit, nachdem ich diese bereitwillig in meine kleine Wohnung ließ und es folgte ein herber Abstieg. Meine zunächst noch liebevoll gepflegte Butze wurde zur Müllhalde, der Ausbilder meinte mich billig verkaufen zu können, worauf hin ich den Laden, erneut reichlich wortlos, schmiss und ich wollte nur noch raus.
Das kann es doch nicht gewesen sein?
Mein Großvater besorgte mir zunächst einen Job.
Das war goldrichtig, denn ich hatte mit einem Schlag ein prall gefülltes Bankkonto und konnte mir so ziemlich alle meine bescheidenen Wünsche erfüllen.
Eine neue Partnerin betrat mein Leben und weil die so scharf war, dass sich auch jeder andere sämtliche Finger nach ihr leckte, war ich mordsmäßig eifersüchtig.
Ich durfte zum ersten Mal so richtig leiden, wenn sie mit den anderen Jungs kokettierte und ich denke wohl, an so ziemlich jedem Wochenende gab es von mir hässliche Szenen.
Nicht, dass ich ihr den Umgang mit den anderen verbot, nur diese quälenden Flirts sollten bitteschön aufhören.
Die „Ich bin dann mal weg“- Strategie zog hier nicht. Ich schaffte es nicht, mich von ihr zu lösen. Ich hatte jedoch auch keinen Plan, was genau mich bei ihr hielt.
Es dauerte zwar einige Zeit, jedoch hatte ich mich hier am Ende durchsetzen können.
Ich begann erneut eine Ausbildung.
Diese verlangte von mir so ziemlich alles ab, was ich leisten konnte, war jedoch von hoher Qualität und ich erkannte meine wohl letzte Chance.
Ich, der Täter
Meinem Großvater ging es bescheiden.
Er hatte einen stillen Infarkt.
Was der 2. Weltkrieg nicht schaffte, seine Familie hatte es hin bekommen.
All der Mist der vergangenen rund 40 Jahre, nach der Geburt seiner Tochter, hatte ihm zu sehr zugesetzt.
Nun saß er also im Haus und sollte sich schonen.
Kunststück!
Mutti, noch immer psychosomatisch am Boden, forderte ihre Wiedergutmachungen. Brüderchen musste gleichfalls unterstützt werden und ich bekam erneut Zoff, mit meiner nunmehr Verlobten.
Worum es diesmal im Detail ging weiß ich nicht mehr. Nur, dass wir immer wieder stritten und ich mindestens sexuell unbefriedigt war.
Es kam im Zuge dieses Streits zu einer Entlobung und einer Aufforderung meinerseits bitteschön die Wohnung zu verlassen, und dies bitteschön pronto.
Es ist nun nicht so, dass sie aufgrund meiner Eifersucht keine Freunde mehr gehabt hätte.
Die hatte sie - und auch in der Nähe.
Allerdings wollte sie an genau diesem Abend keine dieser Freunde mit ihrer Anwesenheit belästigen und eröffnete mir, dass sie sodann zu meinen Großeltern gehen würde.
Hat es eine Stunde gebraucht?
Kein Plan!
Ich redete auf sie ein, das bitte zu unterlassen. Wieder und wieder.
Ich bot ihr nicht an noch die eine Nacht zu bleiben.
Ihre Anwesenheit war nicht drin und ich wollte den Schnitt – hier und jetzt.
Nö, dann ginge sie zu meinen Großeltern.
Sie selbst kannte die Geschichte meiner Familie aus dem „ff“ und hatte zu allen ein gutes Verhältnis.
So wurde ich zum Täter häuslicher Gewalt.
Die Folgen waren verheerend.
Nicht nur für sie, körperlich, sondern auch für uns beide, psychisch.
Es war das letzte Mal, dass ich meine Hand gegen einen anderen Menschen erhoben hatte.
Wir trennten uns tatsächlich und meine Großmutter erzählte mir erst vor wenigen Jahren von einem Gespräch, dass sie mit meiner Ex-Freundin führte.
Im Verlauf dieses Gespräches stellte meine Ex-Freundin heraus, dass sie mich bis auf´ s Blut reizte und sich mit verantwortlich für die Tat fühlte. Sie meinte mich bewusst provoziert zu haben; sie hätte schließlich auch ohne eine entsprechende Ankündigung einfach zu ihnen gehen können.
Es mag zunächst befremdlich klingen, aber meine Tat gegen meine damalige, große und unglückliche Liebe sollte mir später mehr als nur meinen Allerwertesten retten.
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16.02.2012, BILD: "Das Halbwahre ist verderblicher als das Falsche." (Ernst Freiherr von Feuchtersleben)
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Eine neue Chance
Das Thema Gewalt hatte sich für mich als Problemlösungsstrategie endgültig erledigt, zudem ich von der Mutter meiner Ex-Freundin noch einen Roman, der auf Tatsachenberichten beruhte, zur Lektüre erhalten und gelesen hatte: Truman Capote – Kaltblütig.
Ich zweifelte zwar bereits sehr früh am Sinn der Todesstrafe und bis zum heutigen Tage bin ich mir nicht endgültig sicher.
Jedoch brachte mich dieser Roman, in Verbindung mit der eigenen Tat, auf ein anderes Gleis.
Seither hinterfrage ich (auch meine eigenen) Ziele, häufig und intensiv.
Ich suche nach Ansätzen, gangbaren Wegen und dies auf Basis von Konsens und Kompromissen, was mir selbstverständlich nicht immer gelang,
diese dann auch entsprechend gemeinsam umzusetzen, wenn mein(e) Gegenüber dies nicht zuließ(en).
Das hat bis heute den Effekt, dass ich mich irgendwann entnervt und ausgiebig kommentiert abwende und ich Kontakte zu solchen Menschen beende oder auf ein noch für notwendig erachtetes Maß reduziere.
So geschah es dann auch in der viel später gelebten Ehe.
Zur Ehe mit meiner Exe gäbe es zwar eine Menge zu erzählen, aber würden diese Sachverhalte fast ausnahmslos nicht zum hier behandelten Thema passen.
Die Ausnahmen allerdings sind eine kleine Aufbereitung wert.
Da mich Exe, vermutlich bis in alle Ewigkeit, über meine ehelichen Verfehlungen im Dunkeln tappen lassen wird, bleiben mir ihre Motive zu ihrem Verhalten voraussichtlich auch zukünftig verborgen.
Eifersucht, und mit ihr Ausgrenzungen, waren und sind ihre Strategie, wenn ein anderer Mensch nicht so funktioniert, wie sie es für richtig hält.
Gemeinsame Lösungsfindungen sind nicht ihre Stärke und somit keine Bestandteile ihrer Durchsetzungsstrategien.
Nachdem sie bereits vor der Ehe meinem Bekanntenkreis siebte und ich mir das bieten ließ, was zweifelsohne mein eigenes Verschulden war, ging es nach der Eheschließung erst richtig zur Sache und in die Familie hinein.
Da ich gerne und viel offen rede, war ihr sie über das schwierige Verhältnis zu meiner Mutter im Bilde, was ihre eigene Wahrnehmung offenbar äußerst negativ beeinflusste.
Sie war im Bilde, zu früheren Beziehungen, beruflichem Werdegang und so ziemlich alle meine Ansichten, zu ziemlich allen Themen.
Sie hatte kein Wissen über das hohe Maß an Gewalt, das mich bis ca. 10 Jahre vor unserer Beziehung begleitete.
Damit fehlte ihr ein wesentlicher Baustein mich richtig und vollständig einschätzen zu können.
Die Frage heute lautet: Ist das gut oder nicht, wenn der andere Partner nicht vollständig informiert ist und ich tendiere in diesem Fall zu einem etwas zögerliche „Ja, es ist okay, weil es dir den Ar... retten kann!“.
Es kommt schließlich darauf an was der Partner mit dem Wissen um den anderen in welcher Situation anfängt.
Auf der anderen Seite könnte ein vollständiges Wissen auch präventive Wirkung entfalten.
Dies aber nur dann, wenn die Gegenseite überhaupt in der Lage ist mit dem Wissen um den anderen verantwortungsvoll im beiderseitigen Interesse umzugehen.
Nun, Exe entschied sich, nachdem ich das Handtuch endlich schmiss, für ein Experiment.
Sie schuf in einer insgesamt angespannten häuslichen Situation eine filmreife Szene, auf die ich hier nicht detailliert eingehen werde, und platzierte unser Kind in die Mitte der Handlung.
Meine Reaktion hierauf viel jedoch nicht wie erwartet ausreichend heftig aus.
Anstatt mit einem heftigen Ausraster zu reagieren, der in Anbetracht der Situation und mit einem hier unzureichend geprägten Berichterstatter durchaus hätte real werden können, beließ ich es bei ein paar harschen Worten und der Bitte, diese Situation wieder aufzulösen.
Selbst der Versuch hier stur zu bleiben scheiterte, weil ich kurzzeitig einfach mal die Bühne verließ.
Wieder zurück, schmiss sie mir ein paar „Fakten“ zu ihren Freiheiten und Rechten an den Kopf, worauf ich ihr in normalem Ton entgegnete, dass mit Freiheiten und Rechten auch Einschränkungen und Pflichten verbunden wären, denen sie seit geraumer Zeit nicht nachkäme.
Sie nahm unser gemeinsames Kind dann auf den Arm, wechselte den Standort und verkündete fest entschlossen, dass für sie nun die Sache erledigt wäre und mit den Kindern fortziehen werde.
Ich beglückwünschte sie zur neu gewonnenen Erkenntnis, dass unsere Ehe tatsächlich und längst gescheitert wäre - sonst hätte ich ihr das schließlich nicht drei Wochen zuvor eröffnet - und ging auf das Thema Fortzug, mit Kindern, in dem Moment überhaupt nicht ein.
Sie räumte das Feld und nahm unser Kind mit.
Die Szene war beendet.
Ob die damalige Szene auf ihrem eigenen Mist gewachsen war oder nicht, wäre interessant zu wissen.
Viel interessanter allerdings dürfte sein, dass es keine Szene gebraucht hätte, wäre sie über meine Vergangenheit vollständig im Bilde gewesen.
Ein knapp formulierter Vorwurf, nebst einer entsprechend abgespeckten Darstellung eines vorausgehenden Tatbestandes hätte hier bereits genügt mich alt aussehen zu lassen - unser gemeinsames Kind und mich in Teufels Küche gebracht.
Unser Kind bereits zu diesem Zeitpunkt in die Vaterlosigkeit entlassen und mich als ewigen Täter abgestempelt.
So blieben Kind und mir die mittlerweile etablierten Spießrutenläufe durch die Gänge deutscher Mütterämter - und wenn, zunächst überhaupt – begleitete Umgangskontakte mit unserem Kind erspart.
Aus meinen eigenen Erfahrungen heraus sind es dann auch Themen um Missbrauch und Misshandlung, die mich besonders bewegen.
Insbesondere der mittlerweile unkontrolliert wuchernde Missbrauch mit dem Missbrauch und die Figuren, die sich hierüber profilieren und sogar ihren Lebensunterhalt hiermit bestreiten.
Was also dem einen die Justiz, ist mir der organisierte Kindesmissbrauch von Lobby-, Verbands – und Amtswegen.
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16.02.2012, BILD: "Das Halbwahre ist verderblicher als das Falsche." (Ernst Freiherr von Feuchtersleben)
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