10-12-2010, 19:07
Beschluss Oberlandesgericht Düsseldorf, Az II-8 UF 46/10 vom 09.06.2010
Volltext: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duess...00609.html
Minderjähriges Kind lebt beim Vater, die Mutter soll Unterhalt zahlen. Das OLG Düsseldorf spricht sie mit einer tollen Rechnung davon gänzlich frei. Sie hat sich zwar nicht ernsthaft irgendwo beworben und arbeitet nur täglich 3-4 Stunden (sie führt der Schwester ihres neuen Freundes den Haushalt!), lebt mit einem neuen Typen zusammen, den Rest lässt sie sich mit ALG 2 vom Staat auffüllen, aber was solls. Dabei führt das OLG Düsseldorf auf anschauliche Weise seine eigenen Unterhaltstabellen und Leitlinien ad Absurdum:
"Sie müsste monatlich 1.905 € brutto verdienen, was einem Stundenlohn von 11,10 € entspricht, um monatlich netto bereinigt 1.234 € erzielen und mithin den titulierten Unterhalt von derzeit 334 € (= 426 – 92 €) zahlen zu können (vgl. Schürmann in FamRZ 2010, 423). Solche Einkünfte kann die Antragsgegnerin auch nicht annähernd erzielen, wie es auch das Amtsgericht erkannt hat. Nach den Erfahrungen des Senats aus anderen Unterhaltsverfahren erscheint ein Stundenlohn von brutto mehr als 7,50 € für Frauen mit vergleichbaren Voraussetzungen unrealistisch; in jüngster Zeit sind ihm bereits Fälle bekannt geworden, in denen nachweislich 6,00 € als Bruttostundenlohn gezahlt wurden. Angesichts der besonders ungünstigen persönlichen Voraussetzungen – unzulängliche Schulausbildung, fehlende Berufsausbildung und -erfahrung – schätzt er den für die Antragsgegnerin erzielbaren Stundenlohn auf allenfalls 6,50 € und das bereinigte Monatsnettoeinkommen auf etwa 800 €. Im Reinigungsgewerbe beläuft sich der tarifliche Stundenlohn derzeit zwar auf brutto 8,55 €; in diesem Bereich, der für die Antragsgegnerin in Betracht kommen könnte, werden aber ganz überwiegend Teilzeitkräfte beschäftigt. Auf die fehlenden bzw. nicht hinreichenden Erwerbsbemühungen kommt es bei dieser Sachlage nicht entscheidend an, da diese nicht ursächlich für die fehlende Leistungsfähigkeit sind. Im Senatstermin ist streitig geworden, ob die Antragsgegnerin mit einem Partner eheähnlich zusammenlebt. Diese Frage muss der Senat allerdings nicht aufklären. Denn die Zurechnung eines Versorgungsentgelts für den Fall, dass die Antragsgegnerin ihrem jetzigen Freund den Haushalt führen sollte, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. In der zur Haushaltsführung erforderlichen Zeit könnte die Antragsgegnerin nämlich keine Erwerbseinkünfte erwirtschaften, so dass sich kein höheres monatliches Nettoeinkommen ergibt" und so weiter. Danach kommt noch ein Rechtstrick mit der Titulierung, aber das spielt bei schon keine Rolle mehr.
Interessant, wie die das OLG Düsseldorf eine 40 Stunden - Woche ohne Nebenjob zugrundegelegt. Bei Vätern sind es 48 Stunden und Nebenjob. Und interessant, wie es den Selbstbehalt trotz einer nicht einmal halbschichtigen Tätigkeit plus Haushaltsersparnis wegen Zusammenleben oben lässt. Ebenfalls interessant, wie es fehlende Bewerbungsbemühungen ignoriert und die Mutter von jeder Beweislast freispricht. Das widerspricht den eigenen düsseldorfer Leitlinien! Ich erinnere mich da an den Fall OLG Dresden 24 UF 342/09, Vater ebenfalls ohne Ausbildung, langjährig Hilfsarbeiter oder arbeitslos, nicht einmal mit Führerschein. Dem werden 1000 EUR erzielbares Einkommen zugerechnet, verlangt wurde sogar noch deutlich mehr.
Ich würde ja gerne das obige Urteil für pflichtige Väter vor Gericht empfehlen, aber das wird nicht funktionieren. Wäre die Mutter vor dem OLG DD ein Vater gewesen, hätten ihn die Ex und die Rechtsindustrie längst totgeschlagen wie einen räudigen Hund. Erst einmal verurteilt zu vollem Unterhalt wegen fiktivem Einkommen. Dann jahrelange Pfändung in Grund und Boden. Dann eine Anzeige wegen §170 StgB samt Hausdurchsuchung, weil der Job bei der Schwester des Freundes nach Betrug unter Freunden stinkt. Danach Verweigerung der Insolvenz wegen strafbaren Handlungen. Und das alles begleitet von höhnisch-süffisanter Berichterstattung über die lebensunwerten Drückeberger-Väter.
Volltext: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/duess...00609.html
Minderjähriges Kind lebt beim Vater, die Mutter soll Unterhalt zahlen. Das OLG Düsseldorf spricht sie mit einer tollen Rechnung davon gänzlich frei. Sie hat sich zwar nicht ernsthaft irgendwo beworben und arbeitet nur täglich 3-4 Stunden (sie führt der Schwester ihres neuen Freundes den Haushalt!), lebt mit einem neuen Typen zusammen, den Rest lässt sie sich mit ALG 2 vom Staat auffüllen, aber was solls. Dabei führt das OLG Düsseldorf auf anschauliche Weise seine eigenen Unterhaltstabellen und Leitlinien ad Absurdum:
"Sie müsste monatlich 1.905 € brutto verdienen, was einem Stundenlohn von 11,10 € entspricht, um monatlich netto bereinigt 1.234 € erzielen und mithin den titulierten Unterhalt von derzeit 334 € (= 426 – 92 €) zahlen zu können (vgl. Schürmann in FamRZ 2010, 423). Solche Einkünfte kann die Antragsgegnerin auch nicht annähernd erzielen, wie es auch das Amtsgericht erkannt hat. Nach den Erfahrungen des Senats aus anderen Unterhaltsverfahren erscheint ein Stundenlohn von brutto mehr als 7,50 € für Frauen mit vergleichbaren Voraussetzungen unrealistisch; in jüngster Zeit sind ihm bereits Fälle bekannt geworden, in denen nachweislich 6,00 € als Bruttostundenlohn gezahlt wurden. Angesichts der besonders ungünstigen persönlichen Voraussetzungen – unzulängliche Schulausbildung, fehlende Berufsausbildung und -erfahrung – schätzt er den für die Antragsgegnerin erzielbaren Stundenlohn auf allenfalls 6,50 € und das bereinigte Monatsnettoeinkommen auf etwa 800 €. Im Reinigungsgewerbe beläuft sich der tarifliche Stundenlohn derzeit zwar auf brutto 8,55 €; in diesem Bereich, der für die Antragsgegnerin in Betracht kommen könnte, werden aber ganz überwiegend Teilzeitkräfte beschäftigt. Auf die fehlenden bzw. nicht hinreichenden Erwerbsbemühungen kommt es bei dieser Sachlage nicht entscheidend an, da diese nicht ursächlich für die fehlende Leistungsfähigkeit sind. Im Senatstermin ist streitig geworden, ob die Antragsgegnerin mit einem Partner eheähnlich zusammenlebt. Diese Frage muss der Senat allerdings nicht aufklären. Denn die Zurechnung eines Versorgungsentgelts für den Fall, dass die Antragsgegnerin ihrem jetzigen Freund den Haushalt führen sollte, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. In der zur Haushaltsführung erforderlichen Zeit könnte die Antragsgegnerin nämlich keine Erwerbseinkünfte erwirtschaften, so dass sich kein höheres monatliches Nettoeinkommen ergibt" und so weiter. Danach kommt noch ein Rechtstrick mit der Titulierung, aber das spielt bei schon keine Rolle mehr.
Interessant, wie die das OLG Düsseldorf eine 40 Stunden - Woche ohne Nebenjob zugrundegelegt. Bei Vätern sind es 48 Stunden und Nebenjob. Und interessant, wie es den Selbstbehalt trotz einer nicht einmal halbschichtigen Tätigkeit plus Haushaltsersparnis wegen Zusammenleben oben lässt. Ebenfalls interessant, wie es fehlende Bewerbungsbemühungen ignoriert und die Mutter von jeder Beweislast freispricht. Das widerspricht den eigenen düsseldorfer Leitlinien! Ich erinnere mich da an den Fall OLG Dresden 24 UF 342/09, Vater ebenfalls ohne Ausbildung, langjährig Hilfsarbeiter oder arbeitslos, nicht einmal mit Führerschein. Dem werden 1000 EUR erzielbares Einkommen zugerechnet, verlangt wurde sogar noch deutlich mehr.
Ich würde ja gerne das obige Urteil für pflichtige Väter vor Gericht empfehlen, aber das wird nicht funktionieren. Wäre die Mutter vor dem OLG DD ein Vater gewesen, hätten ihn die Ex und die Rechtsindustrie längst totgeschlagen wie einen räudigen Hund. Erst einmal verurteilt zu vollem Unterhalt wegen fiktivem Einkommen. Dann jahrelange Pfändung in Grund und Boden. Dann eine Anzeige wegen §170 StgB samt Hausdurchsuchung, weil der Job bei der Schwester des Freundes nach Betrug unter Freunden stinkt. Danach Verweigerung der Insolvenz wegen strafbaren Handlungen. Und das alles begleitet von höhnisch-süffisanter Berichterstattung über die lebensunwerten Drückeberger-Väter.