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BGH: Unterhaltsansprüche vom anderen Ufer
#1
Urteil vom 16. April 2008 – Aktenzeichen XII ZR 7/05

Der Fall: Frau und Mann 26 Jahre miteinander verheiratet, fünf eheliche Kinder geboren, Frau zieht aus, direkt in die Wohnung ihrer lesbischen Loverin. Kinder bleiben beim Vater. Frau hätte trotzdem gerne Unterhalt für sich kassiert und klagt deswegen 2003, das OLG Brandenburg spricht ihr 2004 welchen zu. Nun, 2008, spricht der BGH.

Ob sie überhaupt Kindesunterhalt zahlt, ob sie selber arbeitet steht nirgends. Der BGH stellt auch nicht darauf ab. Er verweist die Sache ans OLG zurück ab, greift dazu aber tief in die Mottenkiste der kuriosen Begründungen, nämlich den Härtefall nach § 1579 Nr. 7 BGB: Lesbisch zu werden sei Privatsache, aber aus der Ehe direkt zur Loverin auszubrechen könnte ein schwerwiegendes Fehlverhalten sein.

"Der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtegrundes ist dabei nicht in der Trennung als solcher zu sehen; es steht dem Unterhaltsberechtigten frei, die eheliche Lebensgemeinschaft aufzuheben. Wesentlich ist vielmehr, dass er sich zu seinem Verhalten in Widerspruch setzt, wenn er sich einerseits aus den ehelichen Bindungen löst, andererseits aber die eheliche Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordert. Insofern wird das Prinzip der Gegenseitigkeit verletzt, wenn der Berechtigte sich gegen den Willen seines Ehegatten einem anderen Partner zuwendet und jenem die dem Ehegatten geschuldete Hilfe und Fürsorge zuteil werden lässt. Eine in dieser Weise erfolgte Abkehr von der Ehe, die vor allem in der Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft oder der Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses liegen kann, führt dazu, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint."

Das ist natürlich ein Treppenwitz des Unterhaltsrechts, denn jeder Ehebruch mit Unterhaltsforderung würde dann zur Unterhaltsverwirkung führen und das Schuldprinzip wäre wieder eingeführt. Der BGH traut sich auch nur, so etwas für den höchst seltsamen Fall einer Ehe mit fünf Kindern und lesbisch gewordenen Frau zu urteilen und gibt damit indirekt auch den Tip, erstmal nicht gleich offzielle ins fremde Bett zu hüpfen, sondern erst noch einen Zwischenstopp im nächsten Frauenhaus oder eigenen Wohnung einzulegen, damit alles "seine Richtigkeit" hat.
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#2
Der Vollständigkeit halber ist zu ergänzen, dass das OLG Brandenburg hier jetzt den Trennungsunterhalt nur um die Hälfte kürzte, da es einen Teil der "Schuld" auch beim Mann gesehen:

Zu Lasten der Ehefrau wurde vom Gericht auch berücksichtigt, dass sie heimlich auszog, ihren Auszug also weder rechtzeitig und gegenüber allen Beteiligten thematisierte und die in ihrem Aufgabenbereich liegende weitere Versorgung und Betreuung der noch schulpflichtigen Kindern nicht sicherstellte.

Zu Lasten des Ehemannes, dass er die langjährige Unzufriedenheit der Ehefrau mit der Ehe ignorierte und sich nicht um den Erhalt der Ehe bemühte.

http://www.haufe.de/SID115.C5V1~z9iSoE/n...View=Recht

Wer sich um den Erhalt der Ehe nicht bemüht, ist also im gleichen Maße "schuldig", wie derjenige, der die Versorgung und Betreuung der Kinder nicht sicherstellt. Confused
Habe die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die du nicht ändern kannst.
Habe den Mut, Dinge zu ändern, die du ändern kannst,
und habe die Weisheit, das Eine von dem Anderen zu unterscheiden.
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#3
Ich möchte den Mann sehen, der heimlich abhaut, seine Frau mit 5 Kindern alleine lässt und dann noch Unterhalt einklagen kann.

Das deutsche Unterhaltssystem ist unlogisch, unsozial und sexistisch! Cool
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#4
(09-01-2010, 04:40)Mus Lim schrieb: Das deutsche Unterhaltssystem ist unlogisch, unsozial und sexistisch! Cool
Wer hat denn gesagt, dass Gerichte fair urteilen oder sich an Recht halten.

Vom Gericht bekommt man ein Urteil. Damit kann man sich zufrieden geben oder es in die nächst höhere Instanz weiterziehen. Mit Gerechtigkeit oder Recht hat das nichts zu tun.

Wenn ein Rechtssystem aber derart monogenderisch geprägt ist, wie das unsere, dann urteilt die nächst höhere Instanz häufig genau das, was vorher schon entschieden wurde - die Pinguine bekommen dabei noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen.
https://t.me/GenderFukc
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#5
(09-01-2010, 16:59)Petrus schrieb: Wenn ein Rechtssystem aber derart monogenderisch geprägt ist, wie das unsere, dann urteilt die nächst höhere Instanz häufig genau das, was vorher schon entschieden wurde
Du solltest allerdings die Gesetzgeberin nicht vergessen.

Ein Zitat von Prof. Dr. Anne Lenze Darmstadt aus einer jüngsten Ausgabe der FamRZ

Jenseits des Basis-Betreuungsunterhalts hat sich das Recht in seinen praktischen Auswirkungen in ein „Billigkeits­recht” verwandelt. Was billig ist, wird dem Urteil des Richters überlassen, der insoweit einen vom Revisionsgericht nicht überprüfbaren Spielraum hat. Das Gesetz selber schweigt sich zu allen zentralen Fragen aus. Es legt sich nicht einmal darauf fest, ob ab dem dritten Geburtstag des jüngsten Kindes eine Voll- oder eine Teilzeittätigkeit gefordert ist. Zudem spricht es nur von der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, nicht aber von den Fällen, in denen mehrere Kinder vorhanden sind, von denen das jüngste älter als drei Jahre ist.
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