22-02-2018, 14:49
Details zu Vaterschaftsanfechtungen und -Feststellungen generieren ungebrochen einen breiten Strom von Urteilen bis zum BVerfG, ja sogar EGMR hinauf. Eine Goldgrube für die Justiz, die schon manchem Anwalt den Zweit-BMW finanziert hat. Ursache sind der völlig aus ihrer Zeit gefallenen Paragrafen §1600 BGB, an denen zwar immer wieder rumgemurkst wird, die aber eigentlich immer nur mieser, mehrdeutiger, unbrauchbarer geworden sind. Die Rechtspflege generiert unzählige verschiedene Arten von Vätern im Bemühen, sich dem Pendant von "Mutter die Frau, die das Kind geboren hat" zu verweigern, ein "Vater ist der Mann, der das Kind gezeugt hat" liegt in weiter Ferne.
Nun hat sich wieder mal der BGH damit beschäftigt, Beschluss vom 15.11.2017 Az XII ZB 389/16. Volltext.
Der Fall: Mutter und ihr Freund produzieren zwei Kinder. Sie leben zwar nicht in derselben Wohnung, führen aber eine Beziehung. Dann trennt man sich, weil sich Mutti mit einem neuen Freund zusammengetan hat. Der wird später vor Gericht gehen und deshalb ab jetzt "Antragsteller" heissen soll. Mit dem kommt sie auch gleich zur Sache und flugs wird ein drittes Kind produziert. Die Abstammung aller Kinder ist bewiesen und unstrittig: Kind 1 und 2 vom Freund, Kind 3 vom Antragsteller.
Aber nun trennt sich Mutti auch vom Antragsteller, kurz vor der Geburt des gemeinsamen Kindes. Der Neue war wohl doch nicht so toll. Mutti greift wieder zum Bewährten und der alte Freund wird zum neuen Freund. Kaum ist das Kind geboren, erkennt der die Vaterschaft dafür an, obwohl er nicht der biologische Vater ist, sondern der Antragsteller. Alle wissen das, Mutti stimmt der Lüge trotzdem zu. Wie jedes Jahr macht Mutti 12 Monate später wieder den Freundeswechsel und der Antragsteller darf nun wieder ins Bett zu ihr schlüpfen, während der Freund wieder mal zum Ex wird. Er will aber Umgang, führt deswegen ein Verfahren und sieht alle drei Kinder dann im Rahmen dieses erstrittenen Umgangsrechts. Der Antragsteller, frisch mit Mutti wiedervereint führt auch ein Verfahren, er fechtet die Vaterschaft des Freundes für Kind 3 an und möchte rechtlicher Vater seines Kindes werden.
Mutti wirft den Antragsteller in der folgenden Zeit immer mal wieder raus und anschliessend kommt man wieder zusammen. 2016 heiratet man sogar. Die Vaterschaftsanfechtung läuft weiter. Mutti ist alleinsorgeberechtigt für alle Kinder.
Das Amtsgericht lehnt den Antrag ab, den Vater zum Vater zu machen. Begründung: Eine sozial-familiäre Beziehung des Kindes zum Freund bestehe, siehe §1600 Abs. 2 BGB, also ist der Antragsteller nicht antragsberechtigt. Das OLG widerspricht. Der Antragsteller geht zum BGH. Das sieht die Sache so wie das Amtsgericht:
Weil in den paar Monaten nach der Geburt der Freund mit der Mutter zusammen war und da eine Vaterschaftsanerkennung unterschrieben hat, bestand eine "sozial familiäre Beziehung" und deshalb prallen alle Versuche des leiblichen Vaters ab, auch rechtlicher Vater zu werden. Das Jahr davor - egal. Die Zeit danach - egal. Es ist auch egal, dass der Freund gar nicht mit der Mutter zusammenlebte. Ferner ist es egal, wie lange, es würde keine "Mindestdauer" geben. Das seien alles nur Indizien und der der Richter könne das gemäss der Dicke seines Sitzpolsters auslegen. Einen Freifahrschein habe nur die Mutter, die habe immer ein Anfechtungsrecht, egal wie die verschiedenen Väter drumherum angeordnet sind.
Nun hat sich wieder mal der BGH damit beschäftigt, Beschluss vom 15.11.2017 Az XII ZB 389/16. Volltext.
Der Fall: Mutter und ihr Freund produzieren zwei Kinder. Sie leben zwar nicht in derselben Wohnung, führen aber eine Beziehung. Dann trennt man sich, weil sich Mutti mit einem neuen Freund zusammengetan hat. Der wird später vor Gericht gehen und deshalb ab jetzt "Antragsteller" heissen soll. Mit dem kommt sie auch gleich zur Sache und flugs wird ein drittes Kind produziert. Die Abstammung aller Kinder ist bewiesen und unstrittig: Kind 1 und 2 vom Freund, Kind 3 vom Antragsteller.
Aber nun trennt sich Mutti auch vom Antragsteller, kurz vor der Geburt des gemeinsamen Kindes. Der Neue war wohl doch nicht so toll. Mutti greift wieder zum Bewährten und der alte Freund wird zum neuen Freund. Kaum ist das Kind geboren, erkennt der die Vaterschaft dafür an, obwohl er nicht der biologische Vater ist, sondern der Antragsteller. Alle wissen das, Mutti stimmt der Lüge trotzdem zu. Wie jedes Jahr macht Mutti 12 Monate später wieder den Freundeswechsel und der Antragsteller darf nun wieder ins Bett zu ihr schlüpfen, während der Freund wieder mal zum Ex wird. Er will aber Umgang, führt deswegen ein Verfahren und sieht alle drei Kinder dann im Rahmen dieses erstrittenen Umgangsrechts. Der Antragsteller, frisch mit Mutti wiedervereint führt auch ein Verfahren, er fechtet die Vaterschaft des Freundes für Kind 3 an und möchte rechtlicher Vater seines Kindes werden.
Mutti wirft den Antragsteller in der folgenden Zeit immer mal wieder raus und anschliessend kommt man wieder zusammen. 2016 heiratet man sogar. Die Vaterschaftsanfechtung läuft weiter. Mutti ist alleinsorgeberechtigt für alle Kinder.
Das Amtsgericht lehnt den Antrag ab, den Vater zum Vater zu machen. Begründung: Eine sozial-familiäre Beziehung des Kindes zum Freund bestehe, siehe §1600 Abs. 2 BGB, also ist der Antragsteller nicht antragsberechtigt. Das OLG widerspricht. Der Antragsteller geht zum BGH. Das sieht die Sache so wie das Amtsgericht:
Weil in den paar Monaten nach der Geburt der Freund mit der Mutter zusammen war und da eine Vaterschaftsanerkennung unterschrieben hat, bestand eine "sozial familiäre Beziehung" und deshalb prallen alle Versuche des leiblichen Vaters ab, auch rechtlicher Vater zu werden. Das Jahr davor - egal. Die Zeit danach - egal. Es ist auch egal, dass der Freund gar nicht mit der Mutter zusammenlebte. Ferner ist es egal, wie lange, es würde keine "Mindestdauer" geben. Das seien alles nur Indizien und der der Richter könne das gemäss der Dicke seines Sitzpolsters auslegen. Einen Freifahrschein habe nur die Mutter, die habe immer ein Anfechtungsrecht, egal wie die verschiedenen Väter drumherum angeordnet sind.