Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
OLG Koblenz Az: 2 Ss 184/10 Unterhaltspflichtverletzung § 170 StGB vom 3.11.2010
#2
Allmählich haben wir eine echt gute Sammlung zu diesem Paragrafen. Auch das Koblenzer Urteil ist eine Vorlesung für die Amtsrichter und auch hier wird nicht ein Punkt als rechtsfehlerhaft gerügt, sondern sechs. Es reicht offenbar nicht mehr, wenn der Richter "Sie sind ja ein schäbiger Lump!" brüllt. Die Kurzfassung:

1. Im Falle eines Schuldspruchs wegen Unterhaltspflichtverletzung hat der Tatrichter zunächst den Umfang der Unterhaltspflicht festzustellen, welcher sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen bestimmt (§ 1610 Abs. 1 BGB).
2. Der Höhe des geschuldeten Unterhalts hat der Tatrichter die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten entgegenzustellen und darzulegen, ob und inwieweit dieser zur vollständigen oder zumindest zur teilweisen Erfüllung seiner Verpflichtungen in der Lage war.
3. Schulden können einkommensmindernd berücksichtigt werden; dabei kommt es auf den Zweck der Verbindlichkeiten, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung sowie die Kenntnis des Unterhaltsverpflichteten von seiner Unterhaltsschuld an.
4. Soll dem Angeklagten angelastet werden, sich gegen eine als unberechtigt angesehene Kündigung nicht zur Wehr gesetzt und dabei die Verschlechterung seiner Einkommenssituation in Kauf genommen zu haben, bedarf es der Darlegung, dass eine etwaige Kündigungsschutzklage aller Voraussicht nach auch Erfolg gehabt und der Angeklagte damit seinen Arbeitsplatz behalten bzw. wiedererhalten hätte.
5. Leistungsfähigkeit des Täters kann sich auch aus erzielbaren, wenn auch tatsächlich nicht erzielten Einkünften ergeben. In diesem Fall sind jedoch die Beschäftigungsmöglichkeiten sowie die Beträge festzustellen, die der Angeklagte durch zumutbare Arbeit hätte verdienen können. Die bloße Feststellung, er habe sich pflichtwidrig nicht als arbeitsuchend gemeldet bzw. keine genügenden eigenen Anstrengungen unternommen, reicht für sich nicht aus.
6. Das Tatgericht hat die in der Anklage bezeichnete Tat so, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt, abzuurteilen und deren Unrechtsgehalt voll auszuschöpfen, sofern dem keine rechtlichen Hindernisse entgegen stehen (§ 264 StPO). Für die als Dauerstraftat anzusehende Unterhaltspflichtverleztung bedeutet dies, dass sowohl das erstinstanzliche als auch das Berufungsgericht das Verhalten des Angeklagten bis zur letzten tatrichterlichen Verhandlung über die Schuldfrage zu überprüfen haben, soweit auch nur eine Einzelhandlung bereits im Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses begangen war.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
RE: OLG Koblenz Az: 2 Ss 184/10 Unterhaltspflichtverletzung § 170 StGB vom 3.11.2010 - von p__ - 17-02-2011, 10:34
Unterhaltspflichtverletzung - von Skippie - 13-10-2013, 19:17

Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  OLG Koblenz vom 12.01.2010 zum Wechselmodell, weitere Urteile anderer Gerichte lordsofmidnight 29 39.272 17-10-2015, 04:04
Letzter Beitrag: CheGuevara

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste