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S 11 SB 555/11 Ein brandneuer Fall, diesmal vor dem Sozialgericht.
#6
So, jetzt habe ich den ganzen Ablehnungsbescheid meines Widerspruches in Word übertragen.

Falls Euch manche Sätze etwas wirr erscheinen, sie stehen wirklich so drin. Ich habe nur Klarnamen verändert, damit die Anonymität gewahrt bleibt.

Zitatanfang

Unser Zeichen 10/37/12335-25 W Datum 22.11.2011
Sehr geehrter Herr Camper

Ihr Widerspruch vom 21.10.2011 gegen den Bescheid im Schwerbehindertenverfahren des Zentrums Bayern Familie und Soziales – Region Schwaben – Versorgungsamt vom 19.10.2011 wird zurückgewiesen.
Die im Bescheid vom 19.10.2011 getroffene Kostenentscheidung wird dahingehend abgeändert. dass die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu 2/10 erstattet werden.

Gründe:
Das Zentrum Bayern Familie und Soziales – Landesversorgungsamt Bayreuth, entscheidet als vorgesetzte Stelle abschließend über Ihren Widerspruch gegen den Bescheid des Versorgungsamtes.
Sie begehren die Feststellung eines Grades der Behinderung von mindestens 90.

die angefochtene Entscheidung bzw. die nochmalige Prüfung im Widerspruchsverfahren berücksichtigen:
- die Befundberichte der Dres xalpha, xberta, xdelta, xaver , xanthippe,
-den Entlassungsbericht des Fachklinik für psychische Erkrankungen in xstatd
-das Gutachten des Dr. A. Prügel vom Juli 2011
sowie die versorgungsärztliche Auswertung dieser Unterlagen
Die vorliegende Behinderung wurde in Übereinstimmung mit den „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“ auf der Grundlage des § 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – (SGB IX ?mit einem GdB von 60 richtig bewertet.

Der gesamte, auf Ihre Gesundheitsstörungen zurückzuführende Beschwerdekomplex ist hier angemessen berücksichtigt.
Die seelische Störung wurde nach den damit einhergehenden Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit befundangemessen bewertet.

Es liegt eine stärker behinderte Störung mit wesentlicher Einschränkung von Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor, für die die Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen GdB-Rahmen von 30 bis 40 vorsehen. Mit dem vergebenen GdB wurde der Beurteilungsspielrahmen also bereits voll nach oben hin ausgeschöpft.

Die Argumentation im Hinblick auf das Gutachten vom Juli 2011 ist nicht geeignet, eine andere Entscheidung herbeizuführen.
Die Höhe des GdB richtet sich bei Herz-Kreislauferkrankungen weniger nach der Art der Erkrankung, sondern vielmehr nach der Leistungseinbuße aufgrund des Stadiums des vorliegenden Leidens. Bei der Bewertung wird daher vom klinischen Bild und den im Alltag vorliegenden Funktionseinschränkungen ausgegangen. Unter Berücksichtigung dieser Punkte ist ihr Herzleiden nicht zu gering bewertet.

Der vergebene GdB berücksichtigt eine Einschränkung der Herzleistung mit Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung vor.
Die arterielle Verschlusskrankheit wurde nach dem vorliegendem Stadium sowie unter der Berücksichtigung der noch möglichen Gehstrecke unter der bestehenden Beschwerden befundgerecht bewertet.

Bei Gesundheitsstörungen mit wechselndem Ausmaß der Beschwerden werden die durchschnittlichen Auswirkungen zugrunde gelegt. Der GdB berücksichtigt also die Phasen stärkerer Ausprägung als auch die beschwerdeärmeren Zeiten angemessen.

Mit bildgebenden Verfahren (z. B. Röntgen) festgestellte Veränderungen bzw. hiermit festgestellte zunehmende Veränderungen rechtfertigen für sich betrachtet noch nicht die Annahme bzw. die Anhebung des GdB. Maßgeblich ist in erster Linie der klinische Befund, welcher keinen höheren GdB rechtfertigt.

Eine Operation stellt als Behandlungsmaßnahme (d.h. als eine Maßnahme, die grundsätzlich zur Beseitigung oder Besserung einer Gesundheitsstörung oder zumindest zur Vermeidung einer Verschlimmerung durchgeführt wird) für sich alleine noch keine zu berücksichtigende Gesundheitsstörung im Sinne des SGB IX dar. Maßgeblich sind vielmehr die dan der „Therapie“ dauerhaft (d.h. über den Zeitraum von mehr als 6 Monaten) vorhandene Funktionseinbußen.

Weiter Gesundheitsstörungen im Sinne des SGB IX mit einem GdB von wenigstens 10 liegen laut sachverständiger versorgungsärztlicher Beurteilung bei Ihnen nicht vor.

Eine Sehbehinderung kann nicht berücksichtigt werden. Maßgeblich für die Einstufung sind die korrigierte Sehschärfe sowie eventuell vorliegende Gesichtsfeldausfälle bzw. Ausfall des Blickfeldes. Bei einem korrigierten Visus von 1,0 beidseits kommt ein GdB nicht in Betracht.

Bei Ihnen wird die Zuckerkrankheit durch Diät oder durch Diät und orale Antidiabetika welche allein nicht zur Hypoglykämie führen, eingestellt (Metformin oder vergleichbares Medikament) Hierfür ist nach den seit 22.0.2010 geltenden Versorgungsmedizinischen Grundsätzen kein GdB von 10 oder sogar mehr vorgesehen.

Erst wenn die Therapie des Diabetes mellitus geeignet ist, eine Hypoglykämie auszulösen kommt eine Feststellung eines GdB in Betracht.
Mit dem festgestellten GdB von 60 sind zutreffend die Einschränkungen durch die einzelnen Gesundheitsstörungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der gegenseitigen Auswirkungen aufeinander zugrunde gelegt. Eine Addition der einzelnen Behinderungsgrade ist unzulässig. Auch andere rechnerische Methoden dürfen nicht angewandt werden.

Der GdB von 60 schöpft den ärztlichen Ermessensspielraum bereits voll nach oben hin aus, so dass kein Raum für eine weitere Anhebung des GdB auf 70 oder gar mehr vorliegt.

Ein GdB von 70 wird beispielsweise bei Verlust eines Oberschenkels oder eines Oberarmes oder bei einer Herabsetzung (der bereits korrigierten Sehschärfe) auf beiden Augen auf 10 % vergeben. Ein GdB von 80 steht z. B. zu bei Verlust beider Unterschenkel oder eines Oberschenkels im Hüftgelenk, bei einer beidseitigen Taubheit bzw. bei einer Krebserkrankung mit einem ungünstigen Tumorstadium und einer somit schlechten Prognose für die Zeit der Heilungsbewährung. Ihr Gesamtleidenszustand ist den beispielhaft gennannten Gesundheitsstörungen nicht vergleichbar.

Ein GdB von 90 wird definitiv nicht erreicht.

Berufliche Auswirkungen können bei der Feststellung nach dem SGB IX nicht zu Grunde gelegt werden. Bei der Beurteilung des GdB wird demzufolge nicht berücksichtigt, ob die bestehende Behinderung in einem bestimmten Beruf besonders hinderlich ist bzw. eine Berufsausübung gar gänzlich verhindert oder bei der Berufsausübung wenig, oder gar nicht stört.

Nach den maßgeblichen Richtlinien wird nicht unterschieden, ob jemand berufstätig ist, oder nicht. So würde auch bei einem Rentner oder einem Kind bei identischen Gesundheitsstörungen kein anderer GdB zustande kommen.
Die Anerkennung einer Erwerbsminderung durch einen Rentenversicherungsträger bzw. die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit ist zwar Folge der bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen, was aber keine Rückschlüsse auf einen bestimmten GdB erlaubt, da im Sozialversicherungsrecht andere Beurteilungsmaßstäbe gelten als im Behindertenrecht.

Die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft führt daher auch nicht automatisch zur Feststellung einer Erwerbsminderung durch den Rentenversicherungsträger.

Ihrem Widerspruch kann somit nicht abgeholfen werden.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch – (SGB X) werden die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen entsprechend dem Erfolg des Widerspruchs erstattet. Ihr Widerspruchsbegehren war die Feststellung eines GdB von mindestens 90. Erfolgreich war der Widerspruch insofern, als der GdB von 50 auf 60 angehoben wurde. Dementsprechend haben wir eine Quotelung mit einer Kostenerstattung von 2/10 vorgenommen.

Die im Abhilfebescheid getroffene Kostenentscheidung, nach der die Kosten in vollem Umfang erstattet werden sollten, wurde in der Annahme getroffen, dass der Abhilfebescheid ihrem Widerspruch vollständig abhelfe. Deshalb erging sie unter dem Vorbehalt, dass die Abhilfeentscheidung rechtsverbindlich werde. Da sich jedoch durch ihren erneuten Widerspruch gezeigt hat, dass ihr Widerspruchsbegehren tatschlich über das durch den Abhilfebescheid Gewährte hinausging, musste unter Abänderung der bisherigen Kostenentscheidung eine Quotelung vorgenommen werden, so dass die Kosten nur in dem Umfang erstattet werden, in dem ihr Widerspruch im Verhältnis zu dem von ihnen angestrebten Widerspruchsziel erfolgreich war.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Bescheid können Sie binnen eines Monats nach Bekanntgabe Klage erheben beim
Sozialgericht xdorf, xstraße, 00000 xdorf
und zwar nur schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts. Die Frist gilt auch dann als gewahrt, wenn die Klageschrift innerhalb der Frist bei einer anderen inländischen Behörde oder bei einem Versicherungsträger oder bei einer deutschen Konsularbehörde eingegangen ist.

Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde. Die Klage soll einen bestimmten Antrag enthalten und von dem Kläger oder einer zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Zeitangabe unterzeichnet sein. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid soll in Urschrift oder in Abschrift beigefügt werden.

Der Klageschrift den sonstigen Schriftsätzen und nach Möglichkeit den Unterlagen sollen Abschriften für die Beteiligten beigefügt werden.
Die Klageerhebung per E-Mail ist unzulässig

Mit freundlichen Grüßen

Aphrodite
Regierungsamtfrau

Hinweis
Die Akten wurden zwischenzeitlich wieder an das Zentrum Bayern Familie und Soziales - Region Schwaben. Tel (00 00)00 00-01 (Vermittlung)zurückgegeben.
Sollten sie Fragen zu Art oder Inhalt der vorliegenden ärztlichen Unterlagen oder zur versorgungsärztlichen Stellungnahme haben, bitten wir Sie, sich direkt an diese Regionalstelle zu wenden.
Ebenso bitten wir, künftige Neufeststellungsanträge direkt bei ihrer Regionalstelle zu stellen.
Ein erneuter Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid ist nicht möglich. Als zulässiger Rechtsbehelf kommt nur eine Klage vor dem Sozialgericht in Betracht.

Zitatende

Gottes Mühlen malen langsam, aber klitzeklein.

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RE: S 11 SB 555/11 Ein brandneuer Fall, diesmal vor dem Sozialgericht. - von Camper1955 - 01-12-2011, 20:29

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