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OLG Bremen 27.08.2012, Az.: 4 UF 89/12: Tante hat kein Umgangsrecht
#1
OLG Bremen 27.08.2012, Az.: 4 UF 89/12
Volltext: http://www.oberlandesgericht.bremen.de/s...anonym.pdf

Tante passt monatelang auf die Baby-Nichte auf. Der Vater (=ihr Bruder) stirbt. Damit endet der Kontakt. Die Tante will das Kind aber wieder sehen, Mutter verweigert, Tante klagt.

Abgelehnt. Weil sie Tante ist. Unter Verwandten sie die Kinderbetreuung normal, deswegen sei das keine" sozial-familiäre Beziehung" nach § 1685 Abs. 2 BGB. Es steht zwar nicht im Gesetz, aber das gelte nur für irgendwelche Möchtegern-Väter, alles andere sei "Umgangstourismus". Ausserdem sei das Verhältnis zur Mutter beschädigt, weil sie auf Umgang geklagt habe. Deswegen sei auch das Kindeswohl schnurzegal: "Ob ein Kontakt zwischen der Antragstellerin und S. dem Kindeswohl dient, war nicht zu prüfen, da die Antragstellerin nicht Umgangsberechtigte im Sinne des § 1685 Abs. 2 BGB ist.".

Mein Kommentar: §1685 Abs. 2 BGB abschaffen. Ein typischer Alibi-Paragraf der verlogenen Sorte. Klingt frei und gut, wird in der Praxis aber durch die Justiz zur nie anwendbaren Nullität kastriert. Leider ist diese Justiz zu feige, um das zuzugeben, man versteckt sich also hinter den üblichen "Einzelfallentscheidungen". Weder Grosseltern, Stiefeltern, Verwandte und schon gar nicht die Kinder haben etwas von diesem potemkinschen Paragrafen.
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#2
@"p"

Klugscheissermodus on

Ich habe die Entscheidung durchgelesen. Sie hat auch einen Verfahrenskostenhilfeantrag gestellt, wenn ich das richtig verstanden habe. Mit anderen Worten. Sie hat wenig Einkommen.

Wenn sie nun das Umgansrecht vom Gericht ausgeurteilt bekommen hätte, dann würde ihr wiederum im Sozialrecht eine größere Wohnung, sowie die Erstattung der Umgangskosten zustehen, sofern sie dadurch unter das sozialrechtliche Existenzminimum rutscht.

Natürlich darf das Familiengericht nicht die § 21 Abs 6 SGB II, und 22b Abs 3 Punkt 2 SGB II erwähnen. Aber darauf läuft es hinaus.

Klugscheissermodus off
Gottes Mühlen malen langsam, aber klitzeklein.

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#3
(21-11-2012, 07:02)Camper1955 schrieb: Natürlich darf das Familiengericht nicht die § 21 Abs 6 SGB II, und 22b Abs 3 Punkt 2 SGB II erwähnen. Aber darauf läuft es hinaus.

Bei der Entscheidung ging es IMHO weniger um die Sozialisierung
der Scheidungsfolgekosten, sondern darum, allen anderen väterlichen Verwandten keinen Präzedenzfall zu liefern, um erfolgreich Umgang (auf Staatskosten) einzuklagen.

Da hat wohl eher das Gericht das Kind zwischen den Fronten der Familiengerichtsbarkeit gesehen und schnell die Akte zugeschlagen. Das passiert auch Vätern, die gerne und oft die Kindsmutter vor den Kadi zerren, weil sie nicht mehr wissen, wie die eigenen Kinder aussehen.
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#4
(21-11-2012, 09:48)Sixteen Tons schrieb: Da hat wohl eher das Gericht das Kind zwischen den Fronten der Familiengerichtsbarkeit gesehen und schnell die Akte zugeschlagen. Das passiert auch Vätern, die gerne und oft die Kindsmutter vor den Kadi zerren, weil sie nicht mehr wissen, wie die eigenen Kinder aussehen.

Na die Kindesmütter werden dann zurecht vor den Kadi gezerrt, wenn sie das Recht des Kindes auf Umgang mit dem leiblichen Vater verweigern. Oft aus den fadenscheinigsten Gründen.

Viele Mütter betrachten im Fall einer Trennung die Kinder als ihr Eigentum und wollen einfach nicht wahr haben, dass es sich um selbständige Wesen handelt, die Recht auf beide Elternteile haben.

lg

Robert
Gottes Mühlen malen langsam, aber klitzeklein.

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#5
(21-11-2012, 10:23)Camper1955 schrieb: Na die Kindesmütter werden dann zurecht vor den Kadi gezerrt, wenn sie das Recht des Kindes auf Umgang mit dem leiblichen Vater verweigern.

Das meinte ich eher mit einem Anstrich von Ironie. Prozesshanseln entzieht man möglicherweise irgendwann das Sorgerrecht. Damit nimmt man ihnen weitgehend die Möglichkeit, noch irgendwelche nennenswerte Einflußnahme auf die eigenen Kinder per Gerichtsentscheid zu haben.
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#6
Das Urteil zum §1685 BGB ist das Thema.

§1685 BGB ist auch für Enkel/Grosseltern nutzlos: http://www.trennungsfaq.com/forum/showth...p?tid=1205

Und auch für Geschwister, wie das Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 12.10.2011, Az. 21 UF 0581/11 weiss.

Ein bitterer Fall. Bruder acht Jahre, Schwester sechs Jahre, leben ein Jahr in Familie zusammen. Schwester wird adoptiert. Seither kein Kontakt mehr, die Geschwister wollen sich aber sehen. Das OLG Dresden sagt: Richtig so. Umgang wegen §1685 Abs. 1 BGB würde nicht greifen, denn die beiden seien nach der Adoption nicht mehr miteinander verwandt, durch § 1755 Abs. 1 BGB erlöschen mit der Adoption alle bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse.

Umgang wegen §1685 Abs. 2 BGB geht auch nicht, denn "der Bruder habe für seine Schwester keine Verantwortung im eigentlichen Sinne getragen. Zwar möge der Bruder in einem kindlich-spielerischen Sinn gelegentlich der "Beschützer" seiner kleinen Schwester gewesen sein. Eine Übernahme von Verantwortung liege darin jedoch nicht. Dies könne allenfalls bei älteren Geschwistern mit größerer Reife in Betracht kommen."

Ausserdem "sei zu berücksichtigen, dass die Integration in die Adoptivfamilie durch einen Umgangsrecht gefährdet sei."

Dem Recht ist also Genüge getan worden, wie schön.
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#7
(21-11-2012, 12:41)p schrieb: Und auch für Geschwister, wie das Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 12.10.2011, Az. 21 UF 0581/11 weiss.

Ein bitterer Fall. Bruder acht Jahre, Schwester sechs Jahre, leben ein Jahr in Familie zusammen. Schwester wird adoptiert. Seither kein Kontakt mehr, die Geschwister wollen sich aber sehen. Das OLG Dresden sagt: Richtig so.

Entsetzlich. Das gehört wirklich abgeschafft.
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