15-07-2011, 10:08
OLG Saarbrücken Beschluss vom 26.11.2010, 6 WF 118/10
Volltext: http://www.rechtsprechung.saarland.de/cg...sl&nr=3170
Leitsätze:
1. Im Rahmen der Vollstreckung eines Titels zur Herausgabe von Personen oder zur Regelung des Umgangs trägt der daraus Verpflichtete die Feststellungslast dafür, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat (§ 89 Abs. 4 S. 1 FamFG).
2. Bei der Bemessung des - nach Maßgabe des von § 89 Abs. 3 S. 1 FamFG eröffneten Rahmens festzusetzenden - Ordnungsgeldes sind Schwere und Ausmaß der Verletzungshandlung, deren Folgen für den Berechtigten, zeitlicher Umfang des Verstoßes, Grad des Verschuldens des Verpflichteten, spezialpräventive Aspekte (was ist erforderlich, damit der Verpflichtete sich künftig titelkonform verhält?) sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten zu berücksichtigen.
Der Fall:
Kind bei der Mutter. Die Eltern vereinbaren in einem Vergleich eine Umgangsregelung, in der auch Verschiebungen und Nachholtermine geregelt sind. Der Kindergeburtstag ist nicht explizit geregelt. Der Vater verschiebt gemäss Vereinbarung mit Begründung. Demnach findet der Nachholtermin ein Wochenende später statt. Da hat die Mutter die Geburtstagsfeier für das Kind angesetzt. Man habe schon Einladungskarten verschickt, das ginge nicht, sagt die Mutter und gibt das Kind nicht heraus. Vater beantragt Ordnungsgeld. Familiengericht verknackt Mutter zu 100 EUR, Mutter legt sofort Beschwerde ein. Und verliert: "Der nach § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässigen sofortigen Beschwerde bleibt in der Sache ein Erfolg versagt. Zu Recht hat das Familiengericht gegen die Mutter ein Ordnungsgeld von 100 EUR festgesetzt."
Der damals geschlossene Gerichtsvergleich benötige wegen wegen § 86 Abs. 3 FamFG keine Vollstreckungsklausel und die Mutter habe ihm unzweifelhaft zuwider gehandelt. Sie könne demnach nur absagen, wenn sie die Absage nicht zu vertreten habe und sei dafür beweislastbeschwert. Zum Vater:
"Der Vater hat – vorbildlich frühzeitig – seine Verhinderung am Umgangswochenende vom 27. bis 30. August 2010 unter Geltendmachung berechtigter Gründe angezeigt und sein Recht auf eine Nachholung des Umgangs angemeldet. Die Unvermeidbarkeit der Ausrichtung des Kindesgeburtstages von M. am darauf folgenden Wochenende hat die Mutter auch im Beschwerdeverfahren nicht ansatzweise nachvollziehbar erläutert, vielmehr liegt vor dem Hintergrund des gesamten Akteninhalts die Vermutung nicht fern, dass der Kindergeburtstag aus anderen als den von der Mutter vorgebrachten Gründen auf den 3. September 2010 anberaumt wurde, zumal der Vater – von der Mutter unbestritten – vorgetragen hat, M. habe zuvor nie einen Kindergeburtstag ausgerichtet. Hiernach kommt es auf die – vom Vater bestrittene – Behauptung der Mutter, diesem sei schon seit längerer Zeit bekannt gewesen, dass der Kindergeburtstag am Wochenende vom 3./4. September 2010 gefeiert werden würde, nicht entscheidungserheblich an, weil die Mutter kein Recht hatte, den Kindergeburtstag auf den 3. September 2010 zu legen. Davon unabhängig – und selbständig tragend – begründet das ihre Behauptung bezügliche Beweisangebot der Mutter, M. anzuhören, bei den vorliegend obwaltenden Gegebenheiten auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 26 FamFG) nicht die Pflicht des Gerichts hierzu. Denn es ist nicht einmal im Ansatz ersichtlich, weshalb M. hierzu sachdienliche Angaben machen könnte. Insbesondere ist weder dargetan noch ersichtlich, wann, von wem, unter welchen Umständen und mit welchem Inhalt dem Vater der Termin des Kindesgeburtstages „längere Zeit“ vor dem 3. September 2010 mitgeteilt worden sein soll."
Keine Verfahrenskostenhilfe für die Mutter, keine Erfolgsaussicht, keine Zulassung der Rechtsbeschwerde, dafür 100 EUR Ordnungsgeld.
Fazit:
Die Strategie, weder grosse noch kleine Sabotageakte und Abstriche am Umgang durch den betreuenden Elternteil hinzunehmen und konsequent zeitnah dagegen zu klagen, hat zweifellos ihre Erfolge. Das durchzuhalten ist allerdings für den umgangsberechtigten Elternteil keine leichte Aufgabe, deshalb lässt es die grosse Mehrheit irgendwann ermattet sein. Wer aber die Energie hat und das Glück, in der Eingangsinstanz nicht immer auf dieselbe taube Nuss als Richter zu treffen, kann durchaus auf den Gerichtsweg setzen, um eine Umgangsregelung wortgetreu und punktgenau durchzusetzen.
Volltext: http://www.rechtsprechung.saarland.de/cg...sl&nr=3170
Leitsätze:
1. Im Rahmen der Vollstreckung eines Titels zur Herausgabe von Personen oder zur Regelung des Umgangs trägt der daraus Verpflichtete die Feststellungslast dafür, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat (§ 89 Abs. 4 S. 1 FamFG).
2. Bei der Bemessung des - nach Maßgabe des von § 89 Abs. 3 S. 1 FamFG eröffneten Rahmens festzusetzenden - Ordnungsgeldes sind Schwere und Ausmaß der Verletzungshandlung, deren Folgen für den Berechtigten, zeitlicher Umfang des Verstoßes, Grad des Verschuldens des Verpflichteten, spezialpräventive Aspekte (was ist erforderlich, damit der Verpflichtete sich künftig titelkonform verhält?) sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten zu berücksichtigen.
Der Fall:
Kind bei der Mutter. Die Eltern vereinbaren in einem Vergleich eine Umgangsregelung, in der auch Verschiebungen und Nachholtermine geregelt sind. Der Kindergeburtstag ist nicht explizit geregelt. Der Vater verschiebt gemäss Vereinbarung mit Begründung. Demnach findet der Nachholtermin ein Wochenende später statt. Da hat die Mutter die Geburtstagsfeier für das Kind angesetzt. Man habe schon Einladungskarten verschickt, das ginge nicht, sagt die Mutter und gibt das Kind nicht heraus. Vater beantragt Ordnungsgeld. Familiengericht verknackt Mutter zu 100 EUR, Mutter legt sofort Beschwerde ein. Und verliert: "Der nach § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässigen sofortigen Beschwerde bleibt in der Sache ein Erfolg versagt. Zu Recht hat das Familiengericht gegen die Mutter ein Ordnungsgeld von 100 EUR festgesetzt."
Der damals geschlossene Gerichtsvergleich benötige wegen wegen § 86 Abs. 3 FamFG keine Vollstreckungsklausel und die Mutter habe ihm unzweifelhaft zuwider gehandelt. Sie könne demnach nur absagen, wenn sie die Absage nicht zu vertreten habe und sei dafür beweislastbeschwert. Zum Vater:
"Der Vater hat – vorbildlich frühzeitig – seine Verhinderung am Umgangswochenende vom 27. bis 30. August 2010 unter Geltendmachung berechtigter Gründe angezeigt und sein Recht auf eine Nachholung des Umgangs angemeldet. Die Unvermeidbarkeit der Ausrichtung des Kindesgeburtstages von M. am darauf folgenden Wochenende hat die Mutter auch im Beschwerdeverfahren nicht ansatzweise nachvollziehbar erläutert, vielmehr liegt vor dem Hintergrund des gesamten Akteninhalts die Vermutung nicht fern, dass der Kindergeburtstag aus anderen als den von der Mutter vorgebrachten Gründen auf den 3. September 2010 anberaumt wurde, zumal der Vater – von der Mutter unbestritten – vorgetragen hat, M. habe zuvor nie einen Kindergeburtstag ausgerichtet. Hiernach kommt es auf die – vom Vater bestrittene – Behauptung der Mutter, diesem sei schon seit längerer Zeit bekannt gewesen, dass der Kindergeburtstag am Wochenende vom 3./4. September 2010 gefeiert werden würde, nicht entscheidungserheblich an, weil die Mutter kein Recht hatte, den Kindergeburtstag auf den 3. September 2010 zu legen. Davon unabhängig – und selbständig tragend – begründet das ihre Behauptung bezügliche Beweisangebot der Mutter, M. anzuhören, bei den vorliegend obwaltenden Gegebenheiten auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 26 FamFG) nicht die Pflicht des Gerichts hierzu. Denn es ist nicht einmal im Ansatz ersichtlich, weshalb M. hierzu sachdienliche Angaben machen könnte. Insbesondere ist weder dargetan noch ersichtlich, wann, von wem, unter welchen Umständen und mit welchem Inhalt dem Vater der Termin des Kindesgeburtstages „längere Zeit“ vor dem 3. September 2010 mitgeteilt worden sein soll."
Keine Verfahrenskostenhilfe für die Mutter, keine Erfolgsaussicht, keine Zulassung der Rechtsbeschwerde, dafür 100 EUR Ordnungsgeld.
Fazit:
Die Strategie, weder grosse noch kleine Sabotageakte und Abstriche am Umgang durch den betreuenden Elternteil hinzunehmen und konsequent zeitnah dagegen zu klagen, hat zweifellos ihre Erfolge. Das durchzuhalten ist allerdings für den umgangsberechtigten Elternteil keine leichte Aufgabe, deshalb lässt es die grosse Mehrheit irgendwann ermattet sein. Wer aber die Energie hat und das Glück, in der Eingangsinstanz nicht immer auf dieselbe taube Nuss als Richter zu treffen, kann durchaus auf den Gerichtsweg setzen, um eine Umgangsregelung wortgetreu und punktgenau durchzusetzen.