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OLG Naumburg Beschluss vom 03.06.2009, Az. 3 WF 121/09
"Ein Zerspaner, der maximal 48 Wochenstunden zu leisten hat, hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe in einer unterhaltsrechtlichen Angelegenheit. Ihm ist vielmehr die Aufnahme einer Nebentätigkeit zuzumuten, aus der er zwischen 100 bis 150 Euro erlösen kann. Eine Berufung auf den Arbeitsvertrag, nach dem eine Nebentätigkeit nicht zulässig sei, ist nicht ausreichend, da der Arbeitgeber eine Nebentätigkeit nur verweigern darf, wenn Unternehmensinteressen entgegenstehen."
Es ging um Kindesunterhalt. Ich würde zur Verfassungsbeschwerde raten. Auch ein Beweis, dass normale Berufe schon lange nicht mehr ausreichen, um nicht Mangelfall zu werden. Zerspanungsmechaniker ist ein solider Ausbildungsberuf, wer bis zu 48 Stunden arbeitet, nun seinen Arbeitgeber verklagen muss damit er den Arbeitsvertrag ändert, sollte sich mal überlegen ob er den eingeschlagenen Weg so weitergehen will.
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na, wer hat das unterschrieben? Feldmann? Deppe-Hilgenberg? oder gar Bisping?
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Wenn wir schon dabei sind: Amtsgericht Flensburg vom 06.10.2009, Aktenzeichen 92 F 187/09 UK
"Bei einem vollschichtig tätigen Unterhaltsschuldner kommt die Zurechnung eines höheren Nebenverdienstes als 100,00 € monatlich regelmäßig nicht in Betracht"
Selbst die 100 EUR sind der höchst verzweifelte Versuch, aus einem Stein doch noch mit aller Gewalt einen Rest Saft herauszupressen. Nebenjob bei normaler Vollzeitarbeit war generell nicht Pflicht, aber die Halbwertszeit solcher Urteile ist kurz. Sofort beginnen die Richter wieder, das Limit zu drücken, zu quetschen, weiterzuschieben.
Sogar der BGH (!) hat am 20.02.2008 in Az XII ZR 101/05 versucht, die "teilweise ausufernde Tendenz der obergerichtlichen Rechtsprechung zu den Nebentätigkeitsobliegenheiten" zu stoppen. Vergeblich.
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(19-01-2010, 15:45)Ralf G. schrieb: na, wer hat das unterschrieben? Feldmann? Deppe-Hilgenberg? oder gar Bisping?
Den Volltext gibts in FamRZ 2010, Heft 2. Hab ich leider nicht, nur den Kurztext.
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[quote='p' pid='30507' dateline='1263907830']
OLG Naumburg Beschluss vom 03.06.2009, Az. 3 WF 121/09
Eine Berufung auf den Arbeitsvertrag, nach dem eine Nebentätigkeit nicht zulässig sei, ist nicht ausreichend, da der Arbeitgeber eine Nebentätigkeit nur verweigern darf, wenn Unternehmensinteressen entgegenstehen.
Für mich ein glatter Eingriff in die Tarifautonomie.Die mischen sich in alles ein, der Schaden ist dann aber gefälligst selbst zu entsorgen.
Was macht ein Busfahrer-Taxifahrer-Lkw Fahrer mit vorgeschriebenen
Lenk und Ruhezeiten ? Soll der den Gesetzesbruch verantworten ?
Der darf einfach nicht !!
Man Man Man ey , das ist ja zum brechen
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(19-01-2010, 15:45)Ralf G. schrieb: na, wer hat das unterschrieben? Feldmann? Deppe-Hilgenberg? oder gar Bisping? Laut GVP müßte es sich bei "3 WF" um Goerke-Berzau, Hellriegel, Thole und Materlik handeln. Die von Dir genannten sind im 8. Zivilsenat.
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interessant, den "Görgelü-Senat" haben sie auseinander gepflückt
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20-01-2010, 12:09
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 20-01-2010, 12:12 von borni.)
Der Volltext hierzu:
http://www.iww.de/index.cfm?pid=1307&opv=093780
Materlik hat als Einzelrichter entschieden.
Habe die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die du nicht ändern kannst.
Habe den Mut, Dinge zu ändern, die du ändern kannst,
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Das ist ja noch schlimmer als der Kurztext. Die Argumentation des Vaters wird einfach als unzureichend abgetan, dabei sind das alles Begründungen, die in anderen Verfahren sehr wohl entscheidungsrelevant waren. Auch Beweislasten werden kurzerhand umgedreht. Wie soll denn der Vater beweisen, dass es keine Fahrgemeinschaft von seinem Wohnort in die Firma gibt? Die Sprache des Richters widert mich auch an, vom "Kinde" sprach man nur im dritten Reich und noch der 1950er Jahren. Ich dachte, diese schmierige und unglaublich arrogante Art sei endlich überwunden. In Naumburg offenbar nicht.
Beschwerde hat der Richter natürlich nicht zugelassen. Dagegen würde ich Verfassungsbeschwerde einreichen, vor allem im Licht der Serie der BVerfG-Entscheidungen zugunsten Pflichtigen dazu.
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Man muss aber auch sehen, dass er da Fehler gemacht hat, bzw. sein RA ihn anscheinend ins offene Messer hat rennen lassen:
Zitat:Ohne Erfolg wendet der Antragsteller ein, von seinem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 1.001,18 EUR seien berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von monatlich 283,80 EUR abzuziehen.
Ungeachtet dessen, dass diese, vermutlich für berufsbedingte Fahrten pauschal unter Zugrundelegung von 0,30 EUR je Kilometer, errechneten Aufwendungen nicht einmal substantiiert dargelegt worden sind, wäre deren tatsächliche Entstehung - so die Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg -, da hier ein Mangelfall vorliegt, auch nachzuweisen, was nicht geschehen ist.
Dass er das begründen und belegen muss, sollte ein RA ihm eigentlich sagen.
Zumindest, wenn er seine Interessen vertreten würde.
(20-01-2010, 12:09)borni schrieb: Materlik hat als Einzelrichter entschieden. Die üblichen Verdächtigen also.
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(20-01-2010, 13:08)blue schrieb: (20-01-2010, 12:09)borni schrieb: Materlik hat als Einzelrichter entschieden. Die üblichen Verdächtigen also. war im Senat mit Dr. Depp e-Hilgenberg im Fall Görgülü
habe auch einige Sachen, wo er mit unterzeichnet hat
(20-01-2010, 14:56)Ralf G. schrieb: (20-01-2010, 13:08)blue schrieb: (20-01-2010, 12:09)borni schrieb: Materlik hat als Einzelrichter entschieden. Die üblichen Verdächtigen also. war im Senat mit Dr. Depp e-Hilgenberg im Fall Görgülü Also im 14. Zivilsenat (3. Senat für Familiensachen), der aufgelöst wurde?!
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 21-01-2010, 21:10 von borni.)
Wenn ich mir den Volltext näher ansehe, halte ich den Leitsatz des Urteils und somit auch die Überschrift dieses Threads für irreführend. Im Volltext heißt es nämlich:
Zitat:Nach dem vorliegenden Arbeitsvertrag wird der Antragsteller gewöhnlich regelmäßig 40 Stunden je Woche mit seinem Hauptberuf beschäftigt. Da die regelmäßige Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz 48 Stunden wöchentlich beträgt, besteht für ihn auch ohne weiteres die Möglichkeit, ohne das gegen das vorgenannte Gesetz verstoßen würde, wöchentlich, z. B. am Wochenende, einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung, z. B. durch Austragen von Zeitungen, Gelegenheitskellnern etc., nachzugehen...
Das ist nichts Neues, dass hatten wir beim Urteil des OLG Köln schon einmal.
Der Vater wird hier nämlich nicht verpflichtet, mehr als 48 Stunden in der Woche zu arbeiten. Dies wäre nach dem Arbeitszeitgesetz auch unzulässig, da gesundheitsschädlich.
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Im Volltext klingt aber an, dass er einen Vertrag hat, der bis zu 48 Stunden Arbeit vorsieht und das auch mal verlangt wurde, so wie die Schichtarbeit. Zum Zeitpunkt der Antragstellung waren es aber 40 Stunden und keine Schichtarbeit. Sicher ist auch das arbeitsvertragliche Nebenjobverbot. Im Detail wäre die Sachlage im Amtsgerichtsurteil und den Anlagen zu klären.
Wer solche Betriebe kennt, weiss dass sich das je nach Auftragslage sehr schnell drehen kann. Dann möchte ich mal sehen, was der Arbeitgeber antwortet, wenn ihm der unterhaltspflichtige Arbeitnehmer sagt, er müsse sich da leider ausklinken, weil er in einem Nebenjob jetzt die Zeitung austrägt, weil es von ihm verlangt wird.
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22-01-2010, 00:31
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22-01-2010, 08:09 von Bluter.)
Zunächst halte ich @borni´s Einwand für angemessen.
Allerdings halte ich die anwaltliche Vertretung des Zahlesels für eine glatte 6!
Berufsbedingte Aufwendungen wären immer und zu jedem Fall vorzutragen - und zwar minutiös.
In seinem Fall sind das 26km, einfache Wegstrecke.
Diese 26km liegen innerhalb der 30km-Grenze, außerhalb der die Pauschale regelmäßig abgesenkt wird.
Die Nachbarn vom Thüringer OLG zahlen nicht mehr als 40km und sprechen dann erst von einem möglicherweise notwendigen Umzug, in Richtung Arbeitsplatz. Toll, zwei-drölf Kilometer weiter (OLG-Bezirk) bekommt die Kiste also einen ganz neuen Anstrich?
Interessant werden solche Einzelfallbetrachtungen wenn der Verpflichtete einer Einsatzwechseltätigkeit nachgeht, also an ständig wechselnden Orten irgendwie tätig zu sein hat.
Das Gericht bügelte hier verzweifelt und unangemessen hart ab, was die anwaltliche Vertretung verbrockt hatte. ÖPNV und Fahrgemeinschaft, alles hilflos hinausgebrülltes Geschwätz.
Naja! Im Namen des deutschen Volkes erging im einzigartigen Einzelfall das folgende Urteil: Mindestens Mindestunterhalt, um Himmels Willen kein Mangelfall!
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(22-01-2010, 00:31)Bluter schrieb: Allerdings halte ich die anwaltliche Vertretung des Zahlesels für eine glatte 6! was diesen aber nicht hindern wird, eine Rechnung zu präsentieren. Wer war es denn?
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22-01-2010, 08:28 von Bluter.)
Zitat:Wer war es denn?
Kein Plan, zu weit entfernt. Aber du hast Recht, wenn ich mir deine Frage so durch den Kopf gehen lasse, kann ich auch zu einem anderen Ergebnis kommen. Möglich wäre auch, dass die anwaltliche Vetretung ihren Mandanten durchaus auf das Beibringen von Belegen hingewiesen hat, dieser aber es nicht für notwendig hielt, dem nachzukommen?
Meine Anwältin nahm mich seinerzeit und diesbezüglich recht hart ran.
Einen Beigeschmack erhält der Fall auch aus der Tatsache, dass der Verpflichtete seine Arbeitszeit von Schichtbetrieb auf Tageszeit umstellte, als das Verfahren anhängig war oder sich abzeichnete.
Nun, alles Spekulationen und deshalb bin ich mal wieder weg.
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