(11-02-2015, 13:56)wackelpudding schrieb: @Theo
Wenn es denn nicht um´s Bemerken geht, will ich ´mal versuchen zu beschreiben, wo ich ein Problem sehe: Du lebst in einer WG (der Großteil der Vergewaltigungen soll ja im Nahbereich erfolgen), wo man sich gegenseitig mit Dingen aushilft. Eines Tages bekommst Du mit, dass jemand aus dem gemeinsamen Bastelraum Deinen Elektrobohrer wegnimmt, sagst aber nichts dazu. Als der Bohrer am nächsten Tag immer noch fehlt, erstattest Du Anzeige. Der Beschuldigte erklärt gegenüber den Ermittlungsbehörden, er hätte sich wie in der WG üblich verhalten, hätte aber davon abgesehen, wenn Du etwas gegen die Wegnahme gesagt hättest. Diebstahl?
Das ist die Frage. Und sie ist sicher nicht leicht zu beantworten. Es ist so ein Grenzfall, bei dem vielleicht sogar ein Richter so und der andere anders entscheiden würde.
Wie man sieht, gibt es also auch beim Delikt des Diebstahls Grenzfälle, bei denen es nicht ganz eindeutig zu entscheiden ist, ob einer vorliegt oder nicht. Trotzdem streicht man nicht das Delikt des Diebstahls aus dem Strafgesetzbuch, nur weil es solche Grenzfälle gibt.
Im analogen Fall des Geschlechtsverkehrs gegen den Willen des Opfers (ohne Nötigung) wäre es sicher auch so, dass es Grenzfälle gibt, die schwer zu entscheiden sind. Aber das kann ja kein Grund sein, die Sache an sich erst gar nicht ins Strafgesetzbuch aufzunehmen.
(11-02-2015, 17:09)p__ schrieb: So wie mir zuzumuten ist, "Nein" zu sagen, wenn jemand Geld von mir haben will, ist es anderen gesunden Erwachsenen zuzumuten, "Nein" zu sagen, wenn jemand was anderes will - anstatt "starr vor Schreck" sich aufs Bett zu legen und die Hose auszuziehen...
Es mutet Dir dies aber gar keiner zu. Diebstahl ist eben auch dann strafbar, wenn Du ihn "starr vor Schreck" geschehen lässt. Und das ist eben der große Unterschied zum Sexualstrafrecht, auf den Fischer eben gar nicht eingegangen ist.
(11-02-2015, 17:09)p__ schrieb: Der Unterschied zwischen Nötigung und "Handeln gegen den Willen" muss einem erst einmal klar werden, zum Glück erklärt Fischer mit vielen Beispielen.
Den Unterschied zwischen Nötigung und "Handeln gegen den Willen" macht Fischer klar, aber weshalb ein Eigentumsdelikt schon strafbar ist, wenn nur "Handeln gegen den Willen" stattfindet, ein Sexualdelikt aber nicht, vor dieser Antwort drückt er sich eben.
(11-02-2015, 13:32)raid schrieb: Dieser Vergleich hinkt. Denn es ist ein großer Unterschied, ob ich ggf. um 100 Euro beraubt oder (viel schlimmer) vergewaltigt werde. "Ich" muss als Gesetzgeber voraussetzen, dass einer Frau ihre körperliche Unversertheit wichtiger ist als 100 Euro.
Das würde bedeuten, dass ein Rechtsgut um so weniger durch das Gesetz geschützt werden muss, je höherwertiger es ist. Diesen Grundsatz gibt es im deutschen Recht nicht.