30-01-2016, 16:24
Das OLG Düsseldorf hatte sich vor zwei Jahren, am 20. Juni 2013 (AZ: II-7 UF 45/13), zum Thema geäußert: ".. Besteht ein paritätisches Wechselmodell zwischen den Eltern, ist der das Kindergeld beziehende Elternteil verpflichtet, das hälftige Kindergeld an den anderen Elternteil auszugleichen..." Klingt logisch. "... Eine Anrechnung auf den nach dem Einkommen beider Eltern ermittelten Bedarf des Kindes findet nicht statt..." Warum, verstehe ich noch nicht.
"... 50. Nach der von Klinkhammer vertretenen Auffassung (Wendl/Dose/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 2 RdNr. 450) ist der aus dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern ermittelte Bedarf zunächst um das gesamte Kindergeld zu kürzen, anschließend der verbleibende Bedarf anteilig auf die Eltern zu verteilen, sodann das hälftige Kindergeld dem Anteil des Kindergeldbeziehers hinzuzurechnen und zuletzt die Differenz zwischen den Elternanteilen hälftig einem Elternteil auszugleichen.
51. Dem gegenüber berechnen Bausch/Gutdeutsch/Seiler (Bausch/Gutdeutsch/Seiler in FamRZ 2012, 258 ff) den Ausgleich der Eltern untereinander, indem sie den aus dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern ermittelten Bedarf zunächst um das hälftige Kindergeld kürzen, anschließend den verbleibenden Bedarf anteilig auf die Eltern verteilen, sodann das gesamte Kindergeld dem Anteil des Kindergeldbeziehers hinzurechnen und anschließend die Differenz zwischen den Elternanteilen hälftig einem Elternteil ausgleichen.
52. Der Senat vermag sich keinem dieser Lösungswege anzuschließen. Zutreffend ist, dass nach Feststellung des Barbedarfs des Kindes unter Zusammenrechnung der Einkünfte der Eltern hierauf zunächst das gesamte Kindergeld anzurechnen ist. Dies ergibt sich aus § 1612 b Abs. 1 BGB. Denn nur in den Fällen, in denen ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt, erfolgt lediglich eine hälftige Anrechnung des Kindergeldes (§ 1612 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB). In allen anderen Fällen, und damit auch bei einer gleichwertigen Betreuung durch beide Elternteile, ist das Kindergeld insgesamt auf den Bedarf anzurechnen (§ 1612 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB). Damit kann die von Bausch/Gutdeutsch/Seiler vertretene Auffassung bereits nicht greifen, denn diese wollen das Kindergeld entgegen dem Gesetzeswortlaut nur hälftig auf den Bedarf anrechnen. Soweit Klinkhammer im Anschluss an die Ermittlung der Haftungsanteile dem Anteil des Kindergeldbeziehers nur das hälftige Kindergeld zurechnet, belässt er diesem Elternteil insgesamt ¾ des Kindergeldes und stellt ihn damit ohne ersichtlichen Grund besser als den anderen Elternteil.
53. Im Übrigen verkennen beide Auffassungen, dass durch die Anrechnung des Kindergeldes auf den Haftungsanteil der Eltern eine Verbindung/Verrechnung unterschiedlicher Ansprüche verschiedener Anspruchsinhaber erfolgt. Der Haftungsanteil der Eltern stellt den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen die Eltern dar, während das Kindergeld den Eltern zusteht und dieses bei der Durchführung eines Wechselmodells, folglich bei jeweils hälftiger Betreuung des Kindes auch zur Hälfte jedem Elternteil zustehen muss.
54. Zu bedenken ist außerdem, dass die Auszahlung des Kindergeldes an einen Elternteil nur aufgrund einer Erklärung beider Eltern gegenüber der Kindergeldkasse erfolgt kann. Dies darf aber nicht dazu führen, dass der der Auszahlung an den anderen Elternteil zustimmende Elternteil hierdurch Nachteile erfährt. Diese ergeben sich aber stets für den Elternteil, der nicht das Kindergeld erhält. Ihm steht bei der Berechnungsweise nach Klinkhammer stets ein geringer Betrag für den Unterhalt zur Verfügung, als dem anderen Elternteil. Dies ist jedoch nicht mit dem Wechselmodell in Einklang zu bringen. Bei dem auch die finanzielle Belastung der Eltern gleich hoch sein muss. Bei unterschiedlichen Einkünften der Eltern wird dieser Ausgleich ausreichend durch die nach den Einkünften der Eltern ermittelten Haftungsanteile sichergestellt.
55. Nicht nur im Hinblick darauf, dass das Kindergeld bei einem Wechselmodell hälftig auf die Eltern zu verteilen ist, sondern auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beteiligten in der Vergangenheit gerade diese hälftige Teilung praktiziert haben, wie die Anrechnung des hälftigen Kindergeldes von A. auf den Barunterhaltsanspruch von A. zeigt, ergibt sich, dass die Antragstellerin als Kindergeldbezieherin verpflichtet ist, für die Zeiten, in denen das Wechselmodell praktiziert wurde, das hälftige Kindergeld für beide Kinder an den Antragsgegner auszukehren..."
Ich folgere daraus:
1. Beide Eltern haben Anspruch auf die Hälfte des Kindergeldes.
2. Bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfes des Kindes wird das Kindergeld in voller Höhe abgezogen. Der Rest würde aufgeteilt (je nach Berechnungsmethode).
3. Es erfolgt ein Ausgleich bzw. die Auskehrung des Hälftigen Kindergeldes.
4. Die Methode nach Klinkhammer ist fragwürdig (siehe Abs. 54, AZ: II-7 UF 45/13) bzw. abzulehnen, da ein Elternteil hierdurch Nachteile erfährt.
Hat sich schon jemand mit dem Klinkhammer-Paradoxon beschäftigt? Stimmt es, dass unterschiedliche Werte ermittelt werden, in Abhängigkeit von der Person, an die das Kindergeld ausgezahlt wird?
"... 50. Nach der von Klinkhammer vertretenen Auffassung (Wendl/Dose/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 2 RdNr. 450) ist der aus dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern ermittelte Bedarf zunächst um das gesamte Kindergeld zu kürzen, anschließend der verbleibende Bedarf anteilig auf die Eltern zu verteilen, sodann das hälftige Kindergeld dem Anteil des Kindergeldbeziehers hinzuzurechnen und zuletzt die Differenz zwischen den Elternanteilen hälftig einem Elternteil auszugleichen.
51. Dem gegenüber berechnen Bausch/Gutdeutsch/Seiler (Bausch/Gutdeutsch/Seiler in FamRZ 2012, 258 ff) den Ausgleich der Eltern untereinander, indem sie den aus dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern ermittelten Bedarf zunächst um das hälftige Kindergeld kürzen, anschließend den verbleibenden Bedarf anteilig auf die Eltern verteilen, sodann das gesamte Kindergeld dem Anteil des Kindergeldbeziehers hinzurechnen und anschließend die Differenz zwischen den Elternanteilen hälftig einem Elternteil ausgleichen.
52. Der Senat vermag sich keinem dieser Lösungswege anzuschließen. Zutreffend ist, dass nach Feststellung des Barbedarfs des Kindes unter Zusammenrechnung der Einkünfte der Eltern hierauf zunächst das gesamte Kindergeld anzurechnen ist. Dies ergibt sich aus § 1612 b Abs. 1 BGB. Denn nur in den Fällen, in denen ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt, erfolgt lediglich eine hälftige Anrechnung des Kindergeldes (§ 1612 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB). In allen anderen Fällen, und damit auch bei einer gleichwertigen Betreuung durch beide Elternteile, ist das Kindergeld insgesamt auf den Bedarf anzurechnen (§ 1612 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB). Damit kann die von Bausch/Gutdeutsch/Seiler vertretene Auffassung bereits nicht greifen, denn diese wollen das Kindergeld entgegen dem Gesetzeswortlaut nur hälftig auf den Bedarf anrechnen. Soweit Klinkhammer im Anschluss an die Ermittlung der Haftungsanteile dem Anteil des Kindergeldbeziehers nur das hälftige Kindergeld zurechnet, belässt er diesem Elternteil insgesamt ¾ des Kindergeldes und stellt ihn damit ohne ersichtlichen Grund besser als den anderen Elternteil.
53. Im Übrigen verkennen beide Auffassungen, dass durch die Anrechnung des Kindergeldes auf den Haftungsanteil der Eltern eine Verbindung/Verrechnung unterschiedlicher Ansprüche verschiedener Anspruchsinhaber erfolgt. Der Haftungsanteil der Eltern stellt den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen die Eltern dar, während das Kindergeld den Eltern zusteht und dieses bei der Durchführung eines Wechselmodells, folglich bei jeweils hälftiger Betreuung des Kindes auch zur Hälfte jedem Elternteil zustehen muss.
54. Zu bedenken ist außerdem, dass die Auszahlung des Kindergeldes an einen Elternteil nur aufgrund einer Erklärung beider Eltern gegenüber der Kindergeldkasse erfolgt kann. Dies darf aber nicht dazu führen, dass der der Auszahlung an den anderen Elternteil zustimmende Elternteil hierdurch Nachteile erfährt. Diese ergeben sich aber stets für den Elternteil, der nicht das Kindergeld erhält. Ihm steht bei der Berechnungsweise nach Klinkhammer stets ein geringer Betrag für den Unterhalt zur Verfügung, als dem anderen Elternteil. Dies ist jedoch nicht mit dem Wechselmodell in Einklang zu bringen. Bei dem auch die finanzielle Belastung der Eltern gleich hoch sein muss. Bei unterschiedlichen Einkünften der Eltern wird dieser Ausgleich ausreichend durch die nach den Einkünften der Eltern ermittelten Haftungsanteile sichergestellt.
55. Nicht nur im Hinblick darauf, dass das Kindergeld bei einem Wechselmodell hälftig auf die Eltern zu verteilen ist, sondern auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beteiligten in der Vergangenheit gerade diese hälftige Teilung praktiziert haben, wie die Anrechnung des hälftigen Kindergeldes von A. auf den Barunterhaltsanspruch von A. zeigt, ergibt sich, dass die Antragstellerin als Kindergeldbezieherin verpflichtet ist, für die Zeiten, in denen das Wechselmodell praktiziert wurde, das hälftige Kindergeld für beide Kinder an den Antragsgegner auszukehren..."
Ich folgere daraus:
1. Beide Eltern haben Anspruch auf die Hälfte des Kindergeldes.
2. Bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfes des Kindes wird das Kindergeld in voller Höhe abgezogen. Der Rest würde aufgeteilt (je nach Berechnungsmethode).
3. Es erfolgt ein Ausgleich bzw. die Auskehrung des Hälftigen Kindergeldes.
4. Die Methode nach Klinkhammer ist fragwürdig (siehe Abs. 54, AZ: II-7 UF 45/13) bzw. abzulehnen, da ein Elternteil hierdurch Nachteile erfährt.
Hat sich schon jemand mit dem Klinkhammer-Paradoxon beschäftigt? Stimmt es, dass unterschiedliche Werte ermittelt werden, in Abhängigkeit von der Person, an die das Kindergeld ausgezahlt wird?