19-10-2010, 10:29
(19-10-2010, 08:48)borni schrieb: Weil hier ein regelmäßiger Umgang mit dem Vater stattfindet
BGH rät: Umgang sabotieren, dann klappts auch mit dem Unterhalt...
Hoffen wir, dass die Entscheidung Reichweite entwickelt, denn leider wird alle paar Zeilen wird wieder das Lied von der "Einzelfallbetrachtung" gesungen. Die Betreuung für das Kind ist sehr weitreichend: Schule bis 15 Uhr, dann Hort, dann Grossvater und Vater. Äusserst günstige Situation also. Und die Mutter verdient netto so viel, dass sie keine Sozialleistungen kassieren kann.
Wenn man noch etwas positives herausdestillieren kann, dann den Satz, dass es keinen grundsätzlichen Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten gebe. Man merkt aber schon an der Formulierung, wie gummiartig sich das dehnen lässt mit dem Verweis auf den "Einzelfall". Was ist kindgerecht? Vorrang schon, aber nicht grundsätzlich?
Hätte das Kammergericht noch andere Begründungen ins Urteil geschrieben, wäre es anders gelaufen:
"Das Berufungsgericht hat eine vollzeitige Betreuung des gemeinsamen Kindes in einer kindgerechten Einrichtung allein im Hinblick auf das Alter des Kindes aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt. Individuelle Umstände, die diese Entscheidung rechtfertigen könnten, lässt das Berufungsurteil vermissen."
Am Wichtigsten aber vielleicht der Satz, den du schon oben zitiert hast, hier nochmal mit Referenz:
"Grundsätzlich ist auch der barunterhaltspflichtige Elternteil als Betreu- ungsperson in Betracht zu ziehen, wenn er dies ernsthaft und verlässlich anbietet (vgl. Empfehlung 5 des Arbeitskreises 2 des 18. Deutschen Familiengerichtstages). Maßstab dafür ist auch im Rahmen des § 1570 BGB das Kindswohl, hinter dem rein unterhaltsrechtliche Erwägungen zurücktreten müssen. Ist bereits eine am Kindeswohl orientierte Umgangsregelung vorhanden, ist diese grundsätzlich vorgreiflich (vgl. auch NK-BGB/Schilling 2. Aufl. § 1615 l Rn. 12).
Weil hier ein regelmäßiger Umgang mit dem Vater stattfindet und dieser das Kind ohnehin nach den vom Kammergericht in Bezug genommenen Feststellung des Amtsgerichts donnerstags nachmittags betreut, ist nicht nachvollziehbar, warum sich im Falle einer darüber hinaus gehenden Betreuung durch den Antragsgegner ein Loyalitätskonflikt für das Kind ergeben könnte. Die Grenze der Betreuungsmöglichkeit des Vaters dürfte allerdings u. a. in dessen eigener Erwerbstätigkeit zu erblicken sein. Insoweit fehlt es aber an ausreichenden Feststellungen des Berufungsgerichts."
Ausserdem kommt nach einer genaueren Rechnung zum Schluss heraus, dass ohnehin nicht viel Betreuungsunterhalt geflossen wäre, weil der Kindesunterhalt zu niedrig eingerechnet wurde. Vielleicht das entscheidende unausgesprochene Kriterium. Bei den heutigen Kindesunterhaltssätzen wird viel öfter über Mangelfälle gestritten wie über Geld, das über den Kindeshalt hinaus noch vorhanden sei.