26-12-2014, 14:00
OLG Karlsruhe Beschluß vom 3.7.2014, 18 WF 11/14 Volltext: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rec...w&nr=18322
Ein Fall, der gut illustriert, welchen Mechanismus Missbrauchsvorwürfe ausnutzen und wie sehr sich das nach wie vor als Universalwaffe einsetzen lässt.
Vater bekommt vom Gericht eine Umgangsregelung für jeden dritten Sonntag tagsüber. Mutter passt auch das nicht, nimmt aber Beschwerde dagegen zurück.
Vater beantragt ein Jahr später Umgang alle 14 Tage, Übernachtung, Ferienumgang. Mutter beantragt Umgangsausschluss. Der Vater hätte das Kind vor fast zwei Monaten "mit der Hand an der Scheide berührt und es aufgefordert haben, ihn an seinem entblößten Glied zu küssen.". Sie geht mit dem Kind zur Kriminalpolizei, dort wird das Kind vernommen.
Der Vater bietet daraufhin an, sein Umgangsrecht nicht geltend zu machen und schlägt begleiteten Umgang vor. Mutter lehnt sogar dies ab. Vater sagt, wenn sie sogar das ablehnt, macht er Umgang auf Grundlage des früheren Beschlusses geltend.
Gericht bestellt Verfahrensbeistand, der schlägt auch begleiteten Umgang vor. Mutter verweigert alles, kein Umgang. Vater beantragt Ordnungsgeld, dann Ordnungshaft. Schliesslich beschliesst das Gericht e"in halbes Jahr ist seither vergangen), die Mutter habe die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten. Die Gewährung eines Umgangs sei der Antragsgegnerin vorliegend unzumutbar, kein Ordnungsgeld. Der Vater legt sofortige Beschwerde ein. Der bloße Verdacht des sexuellen Missbrauchs rechtfertige keinen Umgangsausschluss. Für ihn gelte die Unschuldsvermutung. Der von ihm angebotene begleitete Umgang sei von der Mutter abgelehnt worden. Einen Eilantrag auf Aussetzung des Umgangs habe die Mutter nicht gestellt.
Fast zeitgleich wird auch Anklage gegen den Vater wegen Kindesmissbrauch erhoben. Ein halbes Jahr später wird er davon freigesprochen. Dem Gericht genügt aber die Behauptung, um die Anträge des Vaters abzulehnen:
Damit hat die Antragsgegnerin neue Tatsachen vorgetragen, die geeignet sind, einen Antrag auf Abänderung der Ausgangsentscheidung zu stützen. Der zulässige Antrag der Antragsgegnerin auf Ausschluss des Umgangs ist nicht von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg. (...) Unter diesen Umständen bestehen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Umgangsregelung im Beschluss vom 27.06.2012 keine dem Wohl des Kindes dienliche Umgangsregelung mehr enthält, sondern eine - den neuen Umständen, namentlich dem im Raum stehenden Verdacht des sexuellen Missbrauchs - entsprechende Abänderung des Titels geboten ist.
Der Vater habe die Umgangsregelung ausserdem selbst nicht mehr als durchsetzbar erachtet: Bereits die Mitteilung des Antragstellers im Schriftsatz vom 10.07.2013, sein Umgangsrecht zunächst bis Ende August 2013 (zur Deeskalation) nicht einzufordern und insbesondere sein Vorschlag, den Umgang ab September 2013 begleitet beim Kinderschutzbund in … fortzusetzen, zeigt, dass auch er die Umgangsregelung vom 27.06.2012 als derzeit nicht (mehr) durchsetzbar erachtet hat. Ihre Vollziehung konnte somit - nach dem Abänderungsantrag - nicht mehr mit Ordnungsmitteln durchgesetzt werden (so auch OLG Frankfurt FamRZ 2009, 796 Rn. 5).
Der reine Vorwurf sexuellen Missbrauchs bricht jede Umgangsregelung sofort. Fast jede Reaktion des Beschuldigten ist danach falsch. Hier wollte der Vater deeskalieren, das hat ihm zusätzlich das Genick gebrochen. Den Freispruch später hat das Beschwerdegericht ebenfalls nicht mehr interessiert, es durfte sich nur auf Vorträge stützen, die damals bekannt waren.
Ein Fall, der gut illustriert, welchen Mechanismus Missbrauchsvorwürfe ausnutzen und wie sehr sich das nach wie vor als Universalwaffe einsetzen lässt.
Vater bekommt vom Gericht eine Umgangsregelung für jeden dritten Sonntag tagsüber. Mutter passt auch das nicht, nimmt aber Beschwerde dagegen zurück.
Vater beantragt ein Jahr später Umgang alle 14 Tage, Übernachtung, Ferienumgang. Mutter beantragt Umgangsausschluss. Der Vater hätte das Kind vor fast zwei Monaten "mit der Hand an der Scheide berührt und es aufgefordert haben, ihn an seinem entblößten Glied zu küssen.". Sie geht mit dem Kind zur Kriminalpolizei, dort wird das Kind vernommen.
Der Vater bietet daraufhin an, sein Umgangsrecht nicht geltend zu machen und schlägt begleiteten Umgang vor. Mutter lehnt sogar dies ab. Vater sagt, wenn sie sogar das ablehnt, macht er Umgang auf Grundlage des früheren Beschlusses geltend.
Gericht bestellt Verfahrensbeistand, der schlägt auch begleiteten Umgang vor. Mutter verweigert alles, kein Umgang. Vater beantragt Ordnungsgeld, dann Ordnungshaft. Schliesslich beschliesst das Gericht e"in halbes Jahr ist seither vergangen), die Mutter habe die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten. Die Gewährung eines Umgangs sei der Antragsgegnerin vorliegend unzumutbar, kein Ordnungsgeld. Der Vater legt sofortige Beschwerde ein. Der bloße Verdacht des sexuellen Missbrauchs rechtfertige keinen Umgangsausschluss. Für ihn gelte die Unschuldsvermutung. Der von ihm angebotene begleitete Umgang sei von der Mutter abgelehnt worden. Einen Eilantrag auf Aussetzung des Umgangs habe die Mutter nicht gestellt.
Fast zeitgleich wird auch Anklage gegen den Vater wegen Kindesmissbrauch erhoben. Ein halbes Jahr später wird er davon freigesprochen. Dem Gericht genügt aber die Behauptung, um die Anträge des Vaters abzulehnen:
Damit hat die Antragsgegnerin neue Tatsachen vorgetragen, die geeignet sind, einen Antrag auf Abänderung der Ausgangsentscheidung zu stützen. Der zulässige Antrag der Antragsgegnerin auf Ausschluss des Umgangs ist nicht von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg. (...) Unter diesen Umständen bestehen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Umgangsregelung im Beschluss vom 27.06.2012 keine dem Wohl des Kindes dienliche Umgangsregelung mehr enthält, sondern eine - den neuen Umständen, namentlich dem im Raum stehenden Verdacht des sexuellen Missbrauchs - entsprechende Abänderung des Titels geboten ist.
Der Vater habe die Umgangsregelung ausserdem selbst nicht mehr als durchsetzbar erachtet: Bereits die Mitteilung des Antragstellers im Schriftsatz vom 10.07.2013, sein Umgangsrecht zunächst bis Ende August 2013 (zur Deeskalation) nicht einzufordern und insbesondere sein Vorschlag, den Umgang ab September 2013 begleitet beim Kinderschutzbund in … fortzusetzen, zeigt, dass auch er die Umgangsregelung vom 27.06.2012 als derzeit nicht (mehr) durchsetzbar erachtet hat. Ihre Vollziehung konnte somit - nach dem Abänderungsantrag - nicht mehr mit Ordnungsmitteln durchgesetzt werden (so auch OLG Frankfurt FamRZ 2009, 796 Rn. 5).
Der reine Vorwurf sexuellen Missbrauchs bricht jede Umgangsregelung sofort. Fast jede Reaktion des Beschuldigten ist danach falsch. Hier wollte der Vater deeskalieren, das hat ihm zusätzlich das Genick gebrochen. Den Freispruch später hat das Beschwerdegericht ebenfalls nicht mehr interessiert, es durfte sich nur auf Vorträge stützen, die damals bekannt waren.