19-08-2010, 13:37
Die Ausarbeitung ist ausdrücklich freigegeben: Kopieren, verändern, überarbeiten etc. ist alles ohne weitere Rückfrage erlaubt und erwünscht, ob mit oder ohne Urhebervermerk ist egal. Es gibt keinerlei Beschränkungen gleich welcher Art.
Nach der neuen "Düsseldorfer Tabelle" wurden nun auch die Leitlinien zum Unterhalt von den Oberlandesgerichten veröffentlicht. Obwohl sie erst im letzten Jahr überarbeitet wurden, gibt es schon wieder Änderungsbedarf. Die Oberlandesgerichte haben die außergewöhnlich starke Erhöhung der Unterhaltssätze ausgenutzt, um auch in den Leitlinien zahlreiche weitere Änderungen einzufügen. Neuigkeiten aus den Hammer Leitlinien:
- Ausdrücklich enthalten ist nun, dass Tilgungsleistungen für die selbstbewohnte Wohnung bei Kindesunterhalt nicht berücksichtigt werden, wenn kein Unterhalt bezahlt werden kann. Dies kann einen Finanzierungszusammenbruch der eigenen Wohnung mit nachfolgender Zwangsversteigerung zur Folge haben. Wer zur Vorsorge Wohneigentum geschaffen hat wird bestraft (Punkt 5.4.).
- Wer während der Ehe gut für sein Alter vorsorgt, muss diese Vorsorge ab der Scheidung reduzieren, um mehr Unterhalt bezahlen zu können (Punkt 10.1.). Bislang wurden solche eheprägenden Aufwendungen vor der Bemessung des Unterhaltes abgezogen: Schließlich stand das Geld während der Ehe auch nicht zum Verbrauch zur Verfügung. Und auch rückwirkend für die gesamte Ehezeit wird die Vorsorge zerschlagen: Der Vorsorgende verliert sie Dank des Versorgungsausgleichs und seiner gesetzlichen Verschärfung zum 1.9.2009.
- Die Kosten des Kindergartenbesuchs sind jetzt ausdrücklich Mehrbedarf (10.3.), was eine Unterhaltserhöhung um mehrere hundert Euro pro Monat bewirken kann. Eine Mutter bekommt nun Kindes- und Betreuungsunterhalt, weil sie das Kind betreut und zusätzlich bekommt sie Mehrbedarfsunterhalt, weil sie das Kind nicht betreut.
- Es wurde ein Zwang zur Privatinsolvenz des Pflichtigen aufgenommen. Falls diese nicht möglich ist, dürfen höchstens die Kreditzinsen berücksichtigt werden (10.4.2.).
- Nur die Zahlbeträge, nicht die Tabellenbeträge des Kindesunterhalts werden beim Ehegattenunterhalt und auch beim Erwerbstätigenbonus berücksichtigt: Somit wird das (nicht einmal ausgezahlte!) Kindergeld zur Finanzierung des Ehegattenunterhalts herangezogen (11.2.2.). Selbst dann, wenn das Kind gar nicht von diesem Ehegatten ist. Das war bisher umstritten, der BGH hat es zum Nachteil des Pflichtigen festgeschrieben.
- Die Inflation der Methoden und komplizierten Tricks geht munter weiter: Zusätzlich wird in Kapitel 15.2. neben Quoten, Halbteilungsgrundsätzen, Erwerbstätigenboni, der Differenzmethode, der Additionsmethode nun auch eine Anrechnungsmethode beim Ehegattenunterhalt eingeführt.
- In Punkt 15.6. werden die Regeln aufgestellt, die bei mehreren unterhaltsberechtigten, erwachsenen Berechtigten im gleichen Rang (Ehegatten, Müttern etc.) Anwendung finden sollen. Hier werden alle Berechtigten und der Pflichtige in einen Topf geworfen und der Inhalt gleichmäßig unter ihnen aufgeteilt. Egal wie viel jeder dazu getan hat.
- Ein Beweislastnachteil für den Unterhaltspflichtigen wird festgeschrieben: Das Fehlen ehebedingter Nachteile muss nachgewiesen werden (15.7.), nicht ihre Existenz. Ein solcher Negativbeweis ist aber prinzipbedingt nahezu unmöglich zu erbringen, weshalb er in anderen Rechtsgebieten nicht vorgesehen ist.
- Betont wird die Einhaltung von Mindestbeträgen beim Unterhalt trotz eindeutigen Gründen für Unterhaltssenkungen. Der Berechtigte soll unter gar keinen Umständen Geld vom Staat verlangen können, sondern sich immer zuerst am Pflichtigen bedienen.
- Punkt 17.1.1. fügt noch einmal viel neuen Text in die Leitlinien ein: Hier geht es um die Frage, wann wieder Erwerbstätigkeit vom Unterhaltsberechtigten erwartet werden kann. In klarem Widerspruch zu §1570 BGB versuchen die Richter wieder ein Altersphasenmodell durch die Hintertür einzuführen, indem doch wieder ein konkretes Alter genannt wird: "Die Mehrheit der Senate geht davon aus, dass bei Berücksichtigung der vorstehenden Kriterien eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit neben der Betreuung eines Kindes unter 10 Jahren nur selten in Betracht kommt und auch danach die Umstände des Einzelfalles entgegen stehen können." Das Oberlandesgericht liefert die Hinweiskataloge für Amtsrichter und Anwälte mit, womit sich weitergehende Unterhaltszahlungen begründen lassen. Argumente gegen den Unterhalt werden nicht geliefert.
- Krankenversicherungskosten beim Unterhalt für nichteheliche Mütter werden jetzt ausdrücklich als Extrabedarf genannt - eine weitere Unterhaltserhöhung von 100 bis 400 EUR pro Monat (Punkt 18.). So richtig teuer wird es für einen Vater, wenn er mit einer Selbständigen ein Kind zeugt, die sich privat versichert. Auch alle Kosten für das Kind hat er zu bezahlen. Er muss nach neuer Rechtsprechung sogar das Kind auf eigene Kosten privat weiterversichern, auch wenn die Mutter in eine gesetzliche Krankenkasse wechselt, wo sie das Kind kostenlos mitversichern könnte.
- Der Selbstbehalt beim Kindesunterhalt wird gesenkt, wenn der Pflichtige teilweise erwerbstätig ist (Punkt 21.2.). Dafür gibt es keine Begründung, denn die 900 EUR sind u.a. dazu da, um den Mehraufwand, der durch die Arbeitstätigkeit besteht, auszugleichen, der bei Teilzeit kaum geringer wird. Ein Auto muss man auch bei Teilzeit besitzen, um zur Arbeit zu kommen.
- Unterhaltspflichten von Kindern gegenüber Eltern und von Grosseltern gegenüber Enkeln werden nun aufgeführt. Es wurde der Selbstbehalt der Grosseltern kräftig reduziert, er liegt nur noch so niedrig wie zwischen Ex-Ehegatten oder zwischen Vater und nichtehelicher Mutter: Zwischen 935 und 1000 EUR. Großeltern sind damit voll in die Unterhaltsspirale einbezogen. Auch neue Ehegatten der Pflichtigen sind nun mittelbar voll einbezogen: Verdienen sie mehr als 1050 EUR, so wird der Selbstbehalt des Pflichtigen gesenkt. Die neue Frau, die der verwitwete Opa geheiratet hat, zahlt dann indirekt Unterhalt für jemanden, mit dem sie weder verwandt ist noch sonst in Beziehung steht.
- Der Selbstbehalt gegenüber Ehegatten oder Nichtehelichen Unterhaltsempfängerinnen wird um ca. 7% gesenkt und beträgt jetzt statt 1000 EUR nur noch 935 EUR, wenn der Pflichtige nicht erwerbstätig ist. Das betrifft z.B. besonders oben genannte Großeltern, die nur Rente beziehen (21.4.1.) und auch Väter, die nicht verheiratet waren, Betreuungsunterhalt zahlen müssen und unverschuldet arbeitslos geworden sind. Im Jahre 2004 hatten sie noch 1100 EUR, danach noch 1000 EUR und jetzt nur noch 935 EUR. Soviel zum Thema "Unterhaltsentwicklung" und "Entwicklung der Selbstbehalte" seitens unserer gut besoldeten Beamtenrichterinnen und -richter mit Pensionsanspruch.
Fazit: Änderungen der Leitlinien geben die veränderte Rechtsprechung der letzten 12 Monate wieder. Und die verändert sich schnell, weil die Ressource "Unterhaltspflichtiger" schon seit Jahren restlos ausgereizt wurde: An allen Ecken ist zu spüren, wie extrem der Druck ist, nach den allerletzten Cents zu greifen, die irgendwo noch zu holen sein könnten. Die Hand der Richter greift nach dem Grossvater, nach Unbeteiligten, kratzt an Selbstbehalten, raubt auch noch den letzten Rest des nicht einmal ausgezahlten halben Kindergeldes. Die Leitlinien sind wie die Düsseldorfer Tabelle zur reinen Mangelverwaltung geworden, die jährlich immer länger, immer ausgreifender und immer wortreicher werden. Das Geschwür "Unterhaltsrecht" wächst schnell und metastasiert noch schneller, seine Strategie bei versagenden Organen des Wirts ist der Befall anderer Organe. Sichtbar ist auch, wie groß die Veränderungen sind, die die Richter (allen voran die vom BGH) verkünden. Sie übertreffen in ihrer Wirkung auf die Pflichtigen die letzte Unterhaltsrechtsreform vom 1.1.2008 bei weitem. Sie übertreffen sie ganz sicher, wenn man die massiven Verschlechterungen zu Lasten der Pflichtigen einbezieht, die mit dem 1.9.2009 in Kraft getreten sind. Unter anderem die streit- und kostentreibende Anwaltspflicht im kompletten Unterhaltsrecht, die Verstärkung der Radikalmethode einstweiliger Verfügungen, der verschärfte Versorgungsausgleich.
Ein Beispiel zur Entwicklung allein der Kindesunterhaltsverpflichtungen, etwaiger Mehrbedarf oder gar Unterhalt für den Expartner ist nicht berücksichtigt:
2003: die Kinder sind 3 und 6 Jahre. Das Einkommen 2096 EUR Netto. Unterhalt: 441 EUR
2010: die Kinder sind nun 10 und 13 Jahre alt. Das Einkommen 2408 EUR Netto. Unterhalt: 725 EUR
Während also das Einkommen nur um ca. 15% stieg, wuchs der Kindesunterhalt um rund 64%. Sieht das schon drastisch aus? Es geht schlimmer: Blieben dem Unterhaltspflichtigen 2003 von seinem Einkommen 1655 EUR, sind es 2010 auch nur 1683 EUR. Das bedeutet: praktisch der komplette Gehaltszuwachs wurde und wird in steigenden Kindesunterhalt umgeleitet. Das ist nicht nur fern der Lebensrealität in nicht getrennten Familien. Es bedeutet auch, dass das verfügbare Realeinkommen des Unterhaltspflichtigen stets schrumpft, während die Steigerungen des Kindesunterhaltes weit über der Inflationsrate liegen.
Nach der neuen "Düsseldorfer Tabelle" wurden nun auch die Leitlinien zum Unterhalt von den Oberlandesgerichten veröffentlicht. Obwohl sie erst im letzten Jahr überarbeitet wurden, gibt es schon wieder Änderungsbedarf. Die Oberlandesgerichte haben die außergewöhnlich starke Erhöhung der Unterhaltssätze ausgenutzt, um auch in den Leitlinien zahlreiche weitere Änderungen einzufügen. Neuigkeiten aus den Hammer Leitlinien:
- Ausdrücklich enthalten ist nun, dass Tilgungsleistungen für die selbstbewohnte Wohnung bei Kindesunterhalt nicht berücksichtigt werden, wenn kein Unterhalt bezahlt werden kann. Dies kann einen Finanzierungszusammenbruch der eigenen Wohnung mit nachfolgender Zwangsversteigerung zur Folge haben. Wer zur Vorsorge Wohneigentum geschaffen hat wird bestraft (Punkt 5.4.).
- Wer während der Ehe gut für sein Alter vorsorgt, muss diese Vorsorge ab der Scheidung reduzieren, um mehr Unterhalt bezahlen zu können (Punkt 10.1.). Bislang wurden solche eheprägenden Aufwendungen vor der Bemessung des Unterhaltes abgezogen: Schließlich stand das Geld während der Ehe auch nicht zum Verbrauch zur Verfügung. Und auch rückwirkend für die gesamte Ehezeit wird die Vorsorge zerschlagen: Der Vorsorgende verliert sie Dank des Versorgungsausgleichs und seiner gesetzlichen Verschärfung zum 1.9.2009.
- Die Kosten des Kindergartenbesuchs sind jetzt ausdrücklich Mehrbedarf (10.3.), was eine Unterhaltserhöhung um mehrere hundert Euro pro Monat bewirken kann. Eine Mutter bekommt nun Kindes- und Betreuungsunterhalt, weil sie das Kind betreut und zusätzlich bekommt sie Mehrbedarfsunterhalt, weil sie das Kind nicht betreut.
- Es wurde ein Zwang zur Privatinsolvenz des Pflichtigen aufgenommen. Falls diese nicht möglich ist, dürfen höchstens die Kreditzinsen berücksichtigt werden (10.4.2.).
- Nur die Zahlbeträge, nicht die Tabellenbeträge des Kindesunterhalts werden beim Ehegattenunterhalt und auch beim Erwerbstätigenbonus berücksichtigt: Somit wird das (nicht einmal ausgezahlte!) Kindergeld zur Finanzierung des Ehegattenunterhalts herangezogen (11.2.2.). Selbst dann, wenn das Kind gar nicht von diesem Ehegatten ist. Das war bisher umstritten, der BGH hat es zum Nachteil des Pflichtigen festgeschrieben.
- Die Inflation der Methoden und komplizierten Tricks geht munter weiter: Zusätzlich wird in Kapitel 15.2. neben Quoten, Halbteilungsgrundsätzen, Erwerbstätigenboni, der Differenzmethode, der Additionsmethode nun auch eine Anrechnungsmethode beim Ehegattenunterhalt eingeführt.
- In Punkt 15.6. werden die Regeln aufgestellt, die bei mehreren unterhaltsberechtigten, erwachsenen Berechtigten im gleichen Rang (Ehegatten, Müttern etc.) Anwendung finden sollen. Hier werden alle Berechtigten und der Pflichtige in einen Topf geworfen und der Inhalt gleichmäßig unter ihnen aufgeteilt. Egal wie viel jeder dazu getan hat.
- Ein Beweislastnachteil für den Unterhaltspflichtigen wird festgeschrieben: Das Fehlen ehebedingter Nachteile muss nachgewiesen werden (15.7.), nicht ihre Existenz. Ein solcher Negativbeweis ist aber prinzipbedingt nahezu unmöglich zu erbringen, weshalb er in anderen Rechtsgebieten nicht vorgesehen ist.
- Betont wird die Einhaltung von Mindestbeträgen beim Unterhalt trotz eindeutigen Gründen für Unterhaltssenkungen. Der Berechtigte soll unter gar keinen Umständen Geld vom Staat verlangen können, sondern sich immer zuerst am Pflichtigen bedienen.
- Punkt 17.1.1. fügt noch einmal viel neuen Text in die Leitlinien ein: Hier geht es um die Frage, wann wieder Erwerbstätigkeit vom Unterhaltsberechtigten erwartet werden kann. In klarem Widerspruch zu §1570 BGB versuchen die Richter wieder ein Altersphasenmodell durch die Hintertür einzuführen, indem doch wieder ein konkretes Alter genannt wird: "Die Mehrheit der Senate geht davon aus, dass bei Berücksichtigung der vorstehenden Kriterien eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit neben der Betreuung eines Kindes unter 10 Jahren nur selten in Betracht kommt und auch danach die Umstände des Einzelfalles entgegen stehen können." Das Oberlandesgericht liefert die Hinweiskataloge für Amtsrichter und Anwälte mit, womit sich weitergehende Unterhaltszahlungen begründen lassen. Argumente gegen den Unterhalt werden nicht geliefert.
- Krankenversicherungskosten beim Unterhalt für nichteheliche Mütter werden jetzt ausdrücklich als Extrabedarf genannt - eine weitere Unterhaltserhöhung von 100 bis 400 EUR pro Monat (Punkt 18.). So richtig teuer wird es für einen Vater, wenn er mit einer Selbständigen ein Kind zeugt, die sich privat versichert. Auch alle Kosten für das Kind hat er zu bezahlen. Er muss nach neuer Rechtsprechung sogar das Kind auf eigene Kosten privat weiterversichern, auch wenn die Mutter in eine gesetzliche Krankenkasse wechselt, wo sie das Kind kostenlos mitversichern könnte.
- Der Selbstbehalt beim Kindesunterhalt wird gesenkt, wenn der Pflichtige teilweise erwerbstätig ist (Punkt 21.2.). Dafür gibt es keine Begründung, denn die 900 EUR sind u.a. dazu da, um den Mehraufwand, der durch die Arbeitstätigkeit besteht, auszugleichen, der bei Teilzeit kaum geringer wird. Ein Auto muss man auch bei Teilzeit besitzen, um zur Arbeit zu kommen.
- Unterhaltspflichten von Kindern gegenüber Eltern und von Grosseltern gegenüber Enkeln werden nun aufgeführt. Es wurde der Selbstbehalt der Grosseltern kräftig reduziert, er liegt nur noch so niedrig wie zwischen Ex-Ehegatten oder zwischen Vater und nichtehelicher Mutter: Zwischen 935 und 1000 EUR. Großeltern sind damit voll in die Unterhaltsspirale einbezogen. Auch neue Ehegatten der Pflichtigen sind nun mittelbar voll einbezogen: Verdienen sie mehr als 1050 EUR, so wird der Selbstbehalt des Pflichtigen gesenkt. Die neue Frau, die der verwitwete Opa geheiratet hat, zahlt dann indirekt Unterhalt für jemanden, mit dem sie weder verwandt ist noch sonst in Beziehung steht.
- Der Selbstbehalt gegenüber Ehegatten oder Nichtehelichen Unterhaltsempfängerinnen wird um ca. 7% gesenkt und beträgt jetzt statt 1000 EUR nur noch 935 EUR, wenn der Pflichtige nicht erwerbstätig ist. Das betrifft z.B. besonders oben genannte Großeltern, die nur Rente beziehen (21.4.1.) und auch Väter, die nicht verheiratet waren, Betreuungsunterhalt zahlen müssen und unverschuldet arbeitslos geworden sind. Im Jahre 2004 hatten sie noch 1100 EUR, danach noch 1000 EUR und jetzt nur noch 935 EUR. Soviel zum Thema "Unterhaltsentwicklung" und "Entwicklung der Selbstbehalte" seitens unserer gut besoldeten Beamtenrichterinnen und -richter mit Pensionsanspruch.
Fazit: Änderungen der Leitlinien geben die veränderte Rechtsprechung der letzten 12 Monate wieder. Und die verändert sich schnell, weil die Ressource "Unterhaltspflichtiger" schon seit Jahren restlos ausgereizt wurde: An allen Ecken ist zu spüren, wie extrem der Druck ist, nach den allerletzten Cents zu greifen, die irgendwo noch zu holen sein könnten. Die Hand der Richter greift nach dem Grossvater, nach Unbeteiligten, kratzt an Selbstbehalten, raubt auch noch den letzten Rest des nicht einmal ausgezahlten halben Kindergeldes. Die Leitlinien sind wie die Düsseldorfer Tabelle zur reinen Mangelverwaltung geworden, die jährlich immer länger, immer ausgreifender und immer wortreicher werden. Das Geschwür "Unterhaltsrecht" wächst schnell und metastasiert noch schneller, seine Strategie bei versagenden Organen des Wirts ist der Befall anderer Organe. Sichtbar ist auch, wie groß die Veränderungen sind, die die Richter (allen voran die vom BGH) verkünden. Sie übertreffen in ihrer Wirkung auf die Pflichtigen die letzte Unterhaltsrechtsreform vom 1.1.2008 bei weitem. Sie übertreffen sie ganz sicher, wenn man die massiven Verschlechterungen zu Lasten der Pflichtigen einbezieht, die mit dem 1.9.2009 in Kraft getreten sind. Unter anderem die streit- und kostentreibende Anwaltspflicht im kompletten Unterhaltsrecht, die Verstärkung der Radikalmethode einstweiliger Verfügungen, der verschärfte Versorgungsausgleich.
Ein Beispiel zur Entwicklung allein der Kindesunterhaltsverpflichtungen, etwaiger Mehrbedarf oder gar Unterhalt für den Expartner ist nicht berücksichtigt:
2003: die Kinder sind 3 und 6 Jahre. Das Einkommen 2096 EUR Netto. Unterhalt: 441 EUR
2010: die Kinder sind nun 10 und 13 Jahre alt. Das Einkommen 2408 EUR Netto. Unterhalt: 725 EUR
Während also das Einkommen nur um ca. 15% stieg, wuchs der Kindesunterhalt um rund 64%. Sieht das schon drastisch aus? Es geht schlimmer: Blieben dem Unterhaltspflichtigen 2003 von seinem Einkommen 1655 EUR, sind es 2010 auch nur 1683 EUR. Das bedeutet: praktisch der komplette Gehaltszuwachs wurde und wird in steigenden Kindesunterhalt umgeleitet. Das ist nicht nur fern der Lebensrealität in nicht getrennten Familien. Es bedeutet auch, dass das verfügbare Realeinkommen des Unterhaltspflichtigen stets schrumpft, während die Steigerungen des Kindesunterhaltes weit über der Inflationsrate liegen.